Kapitel 13 - Nur ein Kuss

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Am nächsten Tag waren wir ziemlich früh unterwegs. Ich wusste nicht wirklich wo das Anwesen der Familie Lestrange lag, aber nicht weit entfernt war ein Wald von dem aus ich mit meinem Bruder in die Winkelgasse apparierte. Es war gut, dass zur Zeit Schule war und ich mich so einigermaßen unerkannt bewegen konnte. Zudem blieb Ric die meiste Zeit an meiner Seite, bis er mich gegen Mittag in eine Gasse zog und meinte, dass er mitgekommen war um auch seine Freundin treffen zu können. Natürlich verstand ich ihn und ließ ihn ziehen. Wir würden und gegen Abend wieder treffen und gemeinsam zurückkehren. Und so kam es, dass ich im Endeffekt allein durch die Winkelgasse lief und niemandem begegnete den ich kannte. Ich fand ein einfaches, schönes, schwarzes Kleid für das Treffen und alles war ruhig, bis zu diesem einen Moment.

Gegenüber sah ich einen Mann, den ich nicht treffen wollte und doch blieb ich stehen. Ich wollte gehen, aber etwas in mir sagte mir, dass ich stehen bleiben müsste. Er hätte wenigstens eine Antwort verdient. "Julien..." Auch wenn ich nicht gerade laut sprach erkannte er meine Stimme sofort und sah mich an. Ebenso gebrochen wie seine Stimme war sein Auftreten. "Cassie." Ich wusste im Grunde nicht mehr warum ich ihn auch noch angesprochen hatte, aber ihm ging es nicht gut und ich würde es nicht besser machen, wenn ihm gerade jetzt Antworten lieferte. "Ja..." Kam es daher nur leise. Er kam auf mich zu und ich überlegte doch noch zu gehen als er meinte: "Lange nicht gesehen. Tut mir leid" Leicht schüttelte ich den Kopf. "Liegt an mir..." Immerhin war ich es ja auch, die sich melden wollte, sobald sie sicher war. Bloß war ich nicht sicher.

"Ich hätte mich auch melden können." erklärte er und nahm meine Hand, doch ich trat zurück und schüttelte leicht den Kopf. "Es hat sich einiges verändert Julien..." Seinen Namen sprach ich jedoch kaum hörbar aus. "Ich weiß. Dein Vater und deine Mutter sind zurück. Und meine Mutter und Schwester sind weg. Einfach gegangen." In diesem Moment bemerkte ich wie dämlich ich mich eigentlich benahm, aber ich konnte nicht anders. Seine Nähe brachte mich durcheinander...und tat weh. Das war einer der Gründe, warum ich Abstand hielt. "Sind zurück ist kein Ausdruck..." meine Stimme brach kurz ab. Erst jetzt wurde mir endgültig bewusst wie dieser Typ wie hart es gerade war. "Tut mir leid für dich..."

Julien lachte bloß bitter auf und zog mich leicht zu sich. Ich verstand ja, dass er froh war mich zu sehen, aber das war...Es fühlte sich gut an, aber das hier hatte doch keine wirkliche Chance. "Ich komm schon damit klar. Aber du... dir geht es nicht gut." Seine Stimme holte mich aus meiner Gedankenwelt. "Nein. In diesem Fall bin ich halt noch immer das kleine Mädchen." Ich spürte wie er sanft über meinen Rücken strich. "Ein Kind dass zu schnell erwachsen werden musste." Ruckartig löste ich mich und starrte ihn an. "Das geht nicht Julien." Ich würde ihn nur noch stärker in das ganze Todesserzeug hereinziehen, als er schon war. "Warum?" Was das einzige, was von ihm kam, doch die Verbitterung ließ mich leicht zusammenzucken. Ich brauchte einen Moment um meine Stimme zu sammeln, doch sie wurde nicht lauter. "Weil ich mich längst selbst verloren habe. Gerade weil du mir nicht egal bist kann ich nicht." Damit trat ich erneut ein paar Schritte nach hinten.

"Ich habe mich doch auch schon lange verloren. Teilweise erinnere ich mich an nichts mehr. Mir fehlen ganze Jahre meines Lebens." Die Tatsache traf mich und ich senkte meinen Blick. Ich kannte so wenig von ihm, aber er war mir einfach nicht egal. "Das Problem ist: Ich weiß alles über mein Leben und alles ist eine Lüge. Beides eine Scheiß Sache." Er seufzte und stimmte mir nur leise zu. Während sich eine Stille zwischen und ausbreitete, lehnte ich mich an die Wand hinter mir, doch auch daran fand ich keinen Halt mehr. Ich fühlte mich leer, gebrochen und tot. "Ende dieses Monats werde ich zwei Nachnamen tragen..." Er kam zu mir und lehnte sich neben mich an die Wand. "Lass und wo rein gehen, sonst werden wir nass." Verwirrt und verständnislos sah ich ihn an. "Ich weiß nicht genau wie lange mein Bruder weg ist. Eigentlich sollten wir zusammen ein Kleid holen."

Cassie Kentwell [3] - The lost Lestrange ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt