Kapitel 6 - Flucht und Tränen

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Es war, als ob mir meine Stütze geraubt wurde und es die Nacht gar nicht gab. Julien gar nicht da war. Ich kniff die Augen zusammen um mit der Dunkelheit im Raum und dem davor hellen Schein außerhalb klar zu kommen und holte tief Luft, ehe ich die Tür hinter mir schloss. Keine zehn Sekunden später sah ich Dawns braune Lockenmähe auf mich zu laufen und spürte wie sie mich sofort in ihre Arme zog. Verwirrt erwiederte ich die Umarmung und löste mich aber nach kurzer Zeit und einem Seitenblick zu ihrer Mutter. "Ich hab mehr von dir erwartet Cassandra. Du warst immer das liebe Mädchen, dass mit Dawn befreundet war und ihr wart unzertrennlich." Ich schnappte kurz und leise Luft, ehe ich von Dawns Mum kurz zu Dawn sah, welche mich angespannt ansah. Natürlich wusste Dawn, wer ich war. "Ich weiß ich wusste es doch sel-..." Doch weiter kam ich nicht. Die hochgewachsene Frau sah mich an und schüttelte den Kopf, ehe sie mich unterbrach: "Du bist ein Monster und..."

"Mum hör auf!" schrie Dawn empört und ich senkte meinen Blick. Doch als Mrs. Ashwood ihre Tochter zornig ansah, zog ich die Aufmerksamkeit zurück auf mich. "Sie haben es bereits geschafft mich zu vertreiben. Ich will bei niemandem Leben, der nach der wahren Familie urteilt und direkt verurteilt." Ich wand mich leicht zu Dawn, noch immer geschockt von den klaren Worten ihrer Mutter. "Auch wenn deine Mutter es wahrscheinlich nicht will...Ich hoffe du weißt, dass ich dich immer irgendwie brauchen werde Süße." Sie nickte leicht und lächelte schwach. Ein knallendes Geräusch aber ließ mich zusammenzucken und Mrs. Ashwood panisch ins Wohnzimmer rennen. Sie hatte doch wohl nicht Auroren herbestellt. Leider bestätigten die wahrnenden Worte meiner besten und zur Zeit einzigen Freundin meinen Verdacht:

"Hau ab Süße. Dein Bruder hat deinen Koffer und alles schon weggeschafft. Meine Mum weiß davon nichts." "Und wie soll ich meinen..." Doch Dawn hob die Hand und im Wohnzimmer waren die Stimmen zu hören und gleichzeitig zeigte Dawn nur mit dem Finger nach oben. So schnell konnte sich ein eben noch glücklicher Momen,t wie die Zeit mit Julien, ins reine Grauen verwandeln. Ich mein gerade war ich noch glücklich und jetzt...brach alles zusammen. Auroren kannten meinen Namen und ich hatte wahrscheinlich eine Anklage zu befürchten. Ich schaffte es nicht einmal Dawn nocheinmal zu umarmen, denn ich hörte leise Schritte und rannte die Treppe rauf. Genau im Flur stand mein Bruder und sah mich mit einer Mischung aus Sorge und Hektik an. Ich nahm seine Hand, sagte kein Wort und apparierte zum zweiten Mal in dieser kurzen Zeit.

Ich kam schwankend zum stehen, was wahrscheinlich daran lag, dass Alaric mich festhielt und sah ihn dann an. Auch wenn es vielleicht nun verständlich wäre weinen zu müssen...Ich musste es nicht. Mir ging es wirklich beschissen, aber ich ertrug es. "Alles oke bei dir?" Rics Stimme war besorgt, doch ich befreite mich aus seinem schützenden Griff und nickte. Mein Blick ging über den Raum. Es war ein großes Zimmer, eine Art Wohnzimmer und die Möbel waren ziemlich modern. Alles war in schwarz, weiß und einem dunklen Blau gehalten. "Wie geht es jetzt weiter?" fragte ich leiser, als ich eigentlich wollte und folgte ihm dann nach rechts in eine kleine Eckküche. "Da ich glaube, dass du keine Bleibe hast, kannst du hier im Gästezimmer bleiben und das mit den Auroren bekomm ich noch hin. Ich bin zwar einer von ihnen, aber auch im Orden." Ich wusste von was er sprach, auch wenn ich nur grob die Grundstory kannte und dass er wirklich ein Todesser war schockte mich kaum.

Ric sah auf die Uhr und ging zum Radio. Was war bitte an 12 Uhr so toll? Doch ich sollte es wenige Sekunden später erfahren. Eine Radiosprecherin sprach von den dunklen Zeiten und neuen, verschwundenen Personen. Doch als sie dann begann die Namen runterzulesen erstarrte ich beim ungefähr zehnten Namen: Claire Malfoy...

Ich lehnte mich an den Türrahmen und versuchte verzweifelt Luft in meine Lungen zu bekommen. Ric stand sofort bei mir. "Was ist los?" hörte ich ihn fragen, als ob er zehn Kilometer entfernt war. "Claire..." brachte ich nur hervor, den Rest würgte ich ab. Ich kniff die Augen zusammen und schnappte nach Luft. Langsam aber sicher regenerierte sich auch mein herzschlag wieder, der beinahe ausgesetzt hatte. "Was hast du mit der Malfoy am Hut Cassie?" Doch ich antwortete bloß mit einer verdrängenden Gegenfrage. "Wo wäre mein Zimmer?" Das gute an einem großen und erwachsenem Bruder war, dass er mir wohl den Freiraum ließ und wusste, dass ich viel durchgemacht hatte. Stumm ging er vor, während ich ihm folgte.

Das Zimmer war ziemlich groß für ein Gästezimmer und hätte ich gerade mehr Kraft würde ich mich wohl im ganzen Haus, ich war mir sicher, dass es keine Wohnung war, umsehen. Doch ich war einfach zu geschockt. Jetzt war der Moment wo dann doch die Tränen kamen und mein Bruder fragte, ob ich erzählen wollte was los war, doch ich schickte ihn mit scharfem Ton raus und er wusste, dass es besser war mich allein zu lassen. Auf dem Bett sackte ich in mir selbst zusammen und vergrub mein Gesicht in das Kopfkissen. Der Geruch war ungewohnt und doch kam es mir alles so bekannt vor in diesem Zimmer, auch wenn ich nur kurz auf die dunklen Holzmöbel geachtet hatte. Dann durchzuckte mich etwas und ich wusste nicht wie lang ich einfach bloß in das Kissen weinte und hineinfluchte, hineinschrie, bis irgendwann keine Träne, kein Ton mehr übrig schien. Warum Claire? Warum die Menschen die mir, wenn auch entfernt, so wichtig waren. Wen hatte ich schon. Ric, Dawn mit etwas Glück, Julien falls das überhaupt etwas war und nicht bloß doch leere Worte und sonst...Claire.

Es war schon dunkel, als ich endlich wieder etwas mitbekomme und auch direkt Alarics Schritte hörte. "Essen Cassie..." Doch bevor er auch nur sagen konnte, dass ich auch hier essen konnte rief ich schon, dass ich gleich da wäre. Am kleinen Schminktisch holte ich Luft und wühlte dann in meinem Koffer nach Abschminktüchern. Nachdem ich diese gefunden hatte und mich noch immer grausam hässlich und verweint fand, beschloss ich dennoch ohne eine neue Schicht Make-Up rauszugehen. Also öffnete ich die Tür und ging den kleinen Flur entlang. Würde ich irgendwie, irgendwann Julien von Claire und allem was mir etwas bedeutete etwas erzählen können? Urplötzlich keuchte ich auf und meine Knie gaben nach, während es alles dunkler wurde. Doch es war nicht Ohnmacht, sondern etwas was sich lange nicht mehr gezeigt hatte. Eine Vision. Nur nebenbei nehme ich wahr, dass Ric mich davor bewahrt auf den Boden zu prallen.

Das Bild ist klar und dennoch sehr verschwommen. Es scheint in Hogwarts zu sein und doch bin ich mir unsicher. Vier Personen. Zwei Erwachsene und...Claire, welche ziemlich fertig aussieht und aufzuschreien schien, während Tränen ihr Gesicht benetzten und ihr Blick fest auf eine Gestalt am Boden gerichtet ist. Doch da sie sich genau vor dem Jungen auf die Knie fallen ließ, konnte ich nichts erkennen. Tränen fiehlen ihre Wangen hinab und sie schien die Anderen auzublenden. Auch mein Blick fiehl bloß auf Claire und den Jungen, doch als sie den Kopf auf ihre Knie zog erstarrte ich. Ich erkannte Julien sofort und hörte mich selbst schrein, doch das blieb unbemerkt. Dann fiehl mein Blick auf das Messer in seinem Magen und auf die Vertrautheit der Beiden. Als ob eine Verbindung bestand.

Sie redeten knapp, doch kein Wort war für mich zu hören. Nur dieses Bild und Claire die nun den Griff des Messers umfasste und ihn rauszog, woraufhin Julien aufschrie und genau diesen schmerzerfüllten Aufschrei konnte ich klar hören.

Ich schlug die Augen auf und keuchte, spürte, dass ich zitterte und wie Alerics Blick auf mir lag. Er hatte mich an die Wand gelehnt und hielt mich noch immer. "Cassie was..." Ich sammelte Luft. "Visionen...Ist nicht das erste Mal, aber das erste Mal, dass ich es nicht glauben kann." Auch wenn er es gut meinte schlug ich seinen Arm weg und stand auf. Ich musste zu irgendeinem der Beiden Kontakt aufnehmen, aber da fiehl es mir wieder ein: Claire war verschwunden. Obwohl ich dachte keinen Tränen mehr übrig zu haben rannten nun neue meine Wangen hinunter und ich schrie wütend auf...


Cassie Kentwell [3] - The lost Lestrange ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt