Kapitel 12 - Zuhause?

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Als ich die Augen aufschlug, verstand ich nicht wo ich war. Das Bett unter meinem Körper war einfach bloß perfekt. Weiche Kissen, perfekte Härte der Matratze und auch die weiße Bettwäsche war perfekt, auf das dunkle Holz der Möbel im Zimmer abgestimmt und fühlte sich auf der nackten Haut himmlisch an. Doch eine Frage stellte ich mir: Was war passiert? War ich gestorben? Das letzte an das ich mich erinnerte war, dass ich mit den anderen Lestranges in einer Ruine stand und in Alarics Armen das Bewusstsein verloren hatte. Ich setzte mich auf und sah an mir hinunter. Ich trug ein einfaches schwarzes Nachthemd und lag auf einem Bett in einem Zimmer das aussah wie ein teures Hotel. Dunkle Holzmöbel, ein weißer Kamin mit einem hellen Sessel davor und drei große Doppeltüren die auf eine Terrasse führten.

Ich befreite mich aus der Decke und ging barfuß zu einem der Fenster. Nein das hier war real und verwirrte mich umso mehr. Die Erinnerung an den ganzen Vorfall in der Ruine, Annies Ermordung und die Tatsache, dass ich ein Paselmund war, an alles erinnerte ich mich wieder. Daher wusste ich aber auch wo ich war. Lestrange Manor. Schwer aufzufinden und noch schwerer zu verlassen.

Die Tür öffnete sich und mein Blick fiel auf Alaric. "Cassandra..." Er wollte weiter sprechen, aber ich hob eine Hand und trat drei Schritte auf ihn zu. "Was hast du mir da für einen Zauber aufgehalst Alaric Lestrange?" Seinen Namen zischte ich, denn langsam fühlte ich mich doch von ihm verraten. Er hatte dafür gesorgt, dass ich das Bewusstsein verloren hatte.

"Komm runter! Es war das Beste für dich." Ich sah ihn verständnislos an. "Das Beste mich womöglich Tage außer Gefecht zu setzen? Ich hab dich wirklich anders eingeschätzt Bruder." Letzteres sprach ich wieder mit einer Betonung aus, die dieses Mal jedoch voller Abscheu war. Ich strich über den glatten Stoff und strich mir die Haare aus dem Gesicht. "Zwei Tage um genau zu sein." Ein dunkles Lachen löste sich aus meiner Kehle. Zwei Tage hatte mein eigener Bruder mich also außer Gefecht gesetzt, weil es angeblich das beste war..."Toll gemacht." gab ich als letztes zurück und er schwieg. War wohl auch besser, denn ab und zu konnte ich ziemlich aufbrausend werden. "Kann ich mich irgendwo fertig machen?" fragte ich dann und sah mich um. Im Zimmer stand ein riesiger Kleiderschrank, aber ich wollte meine alten Sachen haben. Alaric deutete nur auf eine Tür -ich hatte also mein eigenes Badezimmer- ehe er mir richtig antwortete: "Ich kann dir die Tage deine Klamotten aus meiner Wohnung holen." Ich nickte bloß und wollte ins Bad gehen als er mich am Arm packte und ich es zuließ. "Du sollst gleich mit uns Frühstücken soll ich dir sagen..." Na wundervoll. Essen mit meiner neuen Familie.

Das Badezimmer war nicht weniger luxuriös Ich konnte damit nichts anfangen. Zwar war es schön, aber es sorgte noch weniger dafür sich Zuhause zu fühlen. Ich stieg unter die Dusche und ließ das warme Wasser auf meine Haut prasseln. Es tat unbeschreiblich gut, doch irgendwie wanderten meine Gedanken durch meine letzten Wochen. Ich hasste mein Leben, das war nicht mehr ich. Längst hatte die Dunkelheit mich ergriffen und so temperamentvoll wie ich in den letzten Tagen war, würde man mir sofort glauben, dass ich eine Lestrange war. Teilweise leitete mich inzwischen der Hass durch mein Leben. Einen der wenigen hassfreien Abende hatte ich mit Julien verbracht und womöglich hatte dieser mich eh vergessen. Und sein wir mal ehrlich: Das hätte keine Chance.

Die Dusche verließ ich eine Weile später und mein Blick fiel auf mein Spiegelbild. Die von Natur leicht gelockten braunen Haare fielen nass um meine Schultern und in dem dunklen Bademantel steckte dennoch eine andere Person. Ich war das nicht mehr wirklich und dennoch war ich es. Diese Logik verstand man nicht, wenn man nicht meine genaue Lage kannte. Höchstens Alaric und Dawn -ich müsste sie irgendwie kontaktieren- wussten was ich durchmachte. Im Zimmer öffnete ich den Kleiderschrank und fand einen einfachen schwarzen Rock und ein dunkelblaues Trägertop. Insgesamt war fast alles schwarz, aber das wunderte mich nicht. Die Frage die sich mir stellte: Wie würde es mit dem Thema Todesserdasein werden.

Das Anwesen war ziemlich riesig und ich verirrte mich zuersteinmal. Als ich aber plötzlich von einer hohen und grauenhaften Stimme angesprochen wurde, natürlich mit Miss Lestrange, zuckte ich zusammen und trat ein paar Schritte von dem Elf weg. Ich hasste diese Wesen, seit ich in meinem sechsten Lebensjahr einen in meiner Hand hatte. Dieses Vieh hatte sich einfach in meine Hand gebissen, weil ich ihm etwas befohlen hatte. Damals hatte ich es lustig gefunden Befehle zu erteilen, aber von dem Tag an nicht mehr. "Kann ich ihnen helfen Miss? Ich freu mich nun auch für die Tochter der edlen Familie Lestrange zu arbeiten. Mein Name ist..." Doch ich hob eine Hand und der Elf verstummte. "Du wirst mir nur dieses eine Mal helfen den Raum zu finden in dem ich mit meiner Familie speisen soll. "Natürlich Miss Les..." Genervt seufzte ich auf. "Ein einfaches 'natürlich' reicht."

Zwei Minuten später stand ich vor einer großen Holztür und stieß sie auf. An einem Sechspersonentisch saßen meine leiblichen Eltern und Alaric. Eloise Kentwells rote Lockenmähne war elegant hochgesteckt und ich erwischte mich bei dem Gedanken, wie man so früh Morgens so perfekt aussehen konnte. Ric sah nicht anders aus als zuvor mit seinen vollkommen normalen Klamotten. Rabastan sah noch viel mächtiger aus als schon in der Ruine. Seine Klamotten waren perfekt und schwarz. Seine dunklen Augen strahlten pure Gefahr aus und ich blieb etwas unschlüssig im Türrahmen stehen. "Du bist wirklich gekommen. Freut mich." begann meine "Mutter" und deutete mir mich neben Alaric zu setzen. "Tochter du solltest dein Temperament regulieren. Dein Bruder hatte den Auftrag dich handlungsunfähig zu machen."

"Lass mich raten. Der Auftrag kam von dir Vater..." Ich sah ihm an, dass er kurz davor war aufzustehen, doch er besann sich. "Naturlich Cassandra." Mit einem Blick neben mich gab ich Ric zu verstehen, dass ich ihm verzieh und sah dann wieder zu meinem Vater. "Dann sollte dir klar sein, dass ich nicht auf irgendeinen Befehl hören werde, den du mir erteilst." "Cassandra!" kam es empört von Eloise, doch ich senkte nur den Blick und schwieg. Eine Weile war es still, doch dann ergriff jene wieder das Wort. "Willst du auf die Beerdigung deiner Bekannten?" Das ich nach Luft schnappte war eine normale Reaktion. "Kommt ein wenig scheiße, wenn ich da auftauche. Ich hab alle zurück gelassen und musste jetzt ihren Tod mit ansehen." meinte ich mit einer leisen Stimme. "Außerdem...es wird womöglich rauskommen wer sie ermordet hat..." Rabastan stand nun doch auf und stellte sich hinter meinen Stuhl. "Du wirst niemals mit irgendwelchen Morden in Verbindung gebracht. Das verspreche ist." Doch konnte man den Versprechen eines Todessers glauben? Ich ging von einem Nein aus.

"Nein ich will nicht hin. Ich kann meiner Vergangenheit nicht gegenüber stehen. So werde ich niemals wieder sein, wie ich mit ihnen war." Ich fühlte mich klein und sah kurz hinter mich, doch zum Glück kam dann das Essen und ich konnte stumm bleiben.

Nach dem Frühstück erhob ich mich und wollte mich ins Zimmer verziehen, aber als ich auf dem Flur meinen Namen hörte, blieb ich stehen. Eloise..."Was ist?" Sie sah mich an und erklärte mir, dass ich am ersten November mit der ganzen Familie zu einem Treffen solle und mir dafür noch ein Kleid suchen sollte, weswegen sie mich am nächsten Tag mit Alaric losschicken würde, doch ich nickte nur und wiedersprach nicht. Ich ahnte, was dies für ein Treffen sein sollte.



Cassie Kentwell [3] - The lost Lestrange ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt