Feine Sonnenstrahlen rissen mich aus meinem verdammt ruhigen Schlaf. Es war, als hätte mein Körper für diese Nacht einfach abgeschaltet gehabt und sogar den Standby- Modus ausgeschaltet. Selbst, wenn heute ein Einbrecher hier sein Unwesen getrieben hätte, wäre es mir vollkommen egal gewesen, denn ich konnte meine Augen richtig schließen. Und nicht im Halbschlaf vor mich hindösen, weil ich mir immer und immer wieder den Kopf über meine Probleme zerbrach.
Gähnend öffnete ich meine Augen, während ich mich dabei ausgiebig streckte. Und da ich auf der Seite lag, konnte ich direkt über das riesige Bett hinweg in den Raum blicken. Ich kannte diesen Raum nicht, denn das war nicht mein Zimmer. Erschrocken hob ich meinen Kopf, doch eine Bewegung unter der Bettdecke zog meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich.
Neben mir lag eine Person tief in die Kissen gekuschelt und hatte die Decke bis unters Kinn gezogen. Langsam richtete ich mich auf, war dabei so leise wie ein Panther, und beugte mich daraufhin über die Person, um zu sehen, wer neben mir lag.
Um ehrlich zu sein wollte ich mich nur vergewissern, ob er es wirklich war. Natürlich war er es. Wer denn sonst? Niemand anderes hatte mich gestern Nacht den ganzen Weg nach Hause getragen. Anscheinend bin ich auf dem letzten Kilometer eingeschlafen. Noch immer über ihn gebeugt, fing ich an zu lächeln, stellte meine Hand auf die Matratze, um nicht auf ihm zusammenzubrechen und strich ihm dann vorsichtig eine Strähne aus der Stirn. Er wirkt so friedlich wenn er schläft. Keine griesgrämigen Gesichtsausdrücke waren zu entdecken und es gab auch keine Anzeichen auf einen plötzlichen Wutanfall.
Nur, - ich hätte es wirklich besser wissen müssen, denn lange Haare hatten gerne mal die Angewohnheit andere Menschen zu kitzeln, - warum musste er genau jetzt seine Augen aufschlagen? Blinzelnd sah ich ihn an. Langsam drehte Jimin sein Gesicht zu mir herum, sodass er mich direkt von unten ansehen konnte. Obwohl ich mich von ihm entfernen wollte, bewegte ich mich nicht. Weil mein behinderter Körper gerade mal wieder nicht auf mich hören wollte und sich so sagt 'Hmm, da Enya eh schon so besessen von diesem überaus attraktiven Jungen ist und jede Möglichkeit nutzt, um ihn anstarren zu können, verharren wir jetzt einfach mal in dieser Position und hoffen aufs Beste!'
Kurz rieb er sich seine Augen, dann lächelte er liebevoll.
"In Filmen ist das jetzt der Zeitpunkt, wo ich dich eigentlich küssen müsste, oder?", fragte er in einer tiefen Morgenstimme, die Gänsehaut auf meinem Körper verteilte. Vorsichtig hob er seine rechte Hand und legte sie in meinen Nacken, wir hoffen aufs Beste. Er zog mich etwas weiter zu sich herunter, bis uns nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten. Millimeter. Ich spürte seinen warmen Atem auf meinen Lippen. Du sollst dich erinnern. Ohne weiter nachzudenken, schloss ich meine Augen.Ich hoffte auf das Beste. Jimin.
"WAS WIRD DAS HIER?", sofort stieß ich mich von ihm weg. Wir waren so kurz davor gewesen. Enttäuschung breitete sich in mir aus. Mitten im Raum stand YeoReum, hatte ihre Hände in ihre Hüfte gestellt und tippte wartend mit einem Fuß auf dem Boden herum. Mit einem Satz war ich aus dem äußerst bequemen Bett gesprungen und hatte mit einem ziemlich unladyhaften Aufschrei den Fußboden mit meinem Gesicht geknutscht. Sollte das nicht besser Jimin machen? Gott, diese ganzen Gedanken deprimierten mich nur noch mehr. Jedenfalls flog ich nur wegen meines linken Fußes auf die Schnute. Denn als ich diesen absetzte, durchschoss mich ein gewaltiger Schmerz, welchen ich selbst in den Fingerspitzen deutlich spüren konnte. YeoReum war deswegen einen Satz nach hinten gesprungen, sie fasste sich erschrocken an ihr Herz.
"Auaa! Verdammter Hühnerdreck!", jaulte ich auf Deutsch, da ich gerade überhaupt nicht auf koreanisch denken konnte. Stattdessen rieb ich mir nur meinen Knöchel und lehnte mich immer wieder nach vorne und nach hinten, um irgendwie diesen Schmerz kompensieren zu können. Jammerte dabei wie ein kleines Kind, welches nach seiner Mutter schrie. Jimin sprang aus dem Bett und kniete sich neben mich, beruhigend strich er mir über die Schulter und sah sich daraufhin um. Bei seiner Freundin blieb er hängen.
"Wirf mir mal bitte die Jogginghose zu, die über der Stuhllehne hängt.", befahl er und deutete mit seinem Finger in Richtung des Drehstuhls. Ich begutachtete derweil meinen Fuß und erschrak. Der sah noch schlimmer aus, als gestern. Jetzt klang ich wie ein winselnder Hund. Lila, blau und fast so dick wie meine Wade. Normalerweise darf das nicht so aussehen.
Wahrscheinlich hat YeoReum nur deswegen ohne zu Murren auf ihren Freund gehört und diesen Fast-Kuss von eben erstmal hinten angestellt. Dafür war ich ihr gerade mehr als dankbar, denn jetzt noch eine Diskussion über ein Thema zu haben, welches ich eh nicht so gerne anspreche, brauche ich ganz und gar nicht. Jimin schlüpfte schnell in diese, da er nur in Boxershorts vor mir saß. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich ein weites Shirt von ihm trug und eine lange Adidas Sporthose, ebenfalls seine. Stände ich nicht zu sehr unter Schmerzen, dann hätte ich ihn dafür angemotzt. Wie konnte er es wagen mich einfach umziehen, vorallem wenn ich schlafe?
"Komm, wir bringen dich ins Krankenhaus, die müssen sich das mal ansehen. Honey, sag du unten Bescheid.", nickend verschwand seine Freundin nach unten und Jimin hob mich, nachdem ich meine Finger hinter seinem Nacken ineinander verschränkt hatte, im totalen Bridestyle hoch und trug mich aus seinem Zimmer. So gut ich konnte, stellte ich meine Atmung ein und versuchte mich so wenig wie möglich zu bewegen. Ich traute mich gar nicht ihn anzusehen, stattdessen blickte ich auf meine Beine und kaute auf meiner Unterlippe herum.
Unten kam uns Jungkook entgegen, etwas benommen starrte er uns an, dann deutete er mit seinen Fingern zwischen uns hin und her.
"Äh-? Habe ich so viel verpasst?", doch ehe ich protestierend losschreien konnte, sprintete Hoseok aus dem Wohnzimmer und gesellte sich zu uns. Auch er sah aus, als wäre er gerade eben aufgestanden.
"YeoReum hat uns Bescheid gesagt, dass wir sie ins Krankenhaus fahren sollen." Ich spürte wie Jimin seinen Kopf schüttelte und sich mit mir an unserem Freund vorbeiquetschte.
"Ich fahre sie.", meinte er und mein Herz machte einen Satz. Bilde dir darauf nichts ein. Er drehte sich noch einmal zu den anderen um, bei welchen jetzt auch YeoReum stand und ihren Freund entgeistert ansah.
"Du ziehst sie mir vor?", fragte sie und ich spürte gleichzeitig wie Jimin mich ansah, in seinem Kopf begann es zu rattern. Hoffnung baute sich in mir auf.
"Das kannst du gar nicht miteinander vergleichen. Ich bin ihr das schuldig.", dahin ist meine Hoffnung, ebenso wie mein wildschlagendes Herz. Also doch nur freundschaftliche Basis. Selbst Emma hatte dieses Wort gehasst, ausgespuckt wie einen Virus, da sie es nicht akzeptieren wollte, nur auf dieser Ebene mit Taehyung verbunden zu sein. Gerade jetzt konnte ich ihre damalige Situation total verstehen und behandelte das Wort genauso wie sie. Ich verabscheute es, wenn ich es mit ihn in Verbindung setzen musste. Meinetwegen bei Hoseok oder Jungkook, bei ihm aber nicht.
"Du hast gar kein Auto hier.", meinte sie, als Jimin das Haus verlassen wollte. Sie wollte wirklich diesen Kampf gewinnen.
"Ich habe heute morgen seinen Wagen mit NamJoon abgeholt.", mischte sich Suga ein und ich blickte über Jimins Schulter nach hinten. Er hatte eine Kischsafttüte in der Hand, der Strohhalm war zwischen seinen Zähnen. Mit einem breiten Grinsen sah er mich an, hob die Tüte leicht an und zwinkerte mir zu.
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Die Maske | Jimin
FanfictionEnya will ihr Leben in Deutschland vergessen und in Korea von vorne anfangen. Es könnte sogar funktionieren, wenn da nicht dieser eine WG-Bewohner wäre, der geschickt ihre Ängste aus ihr herausprovoziert, welchen sie sich nicht stellen möchte. Sie...