Kapitel 2

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ZAYN

„Zayn!".

Beim Klang der Stimme meines besten Kumpels Louis löste ich mich von der schlechten Actionshow, die gerade im Fernsehen lief, und erhob mich von meinem Stuhl. „Was gibt's?".

„Du glaubst nicht, wen sie jetzt auf uns angesetzt haben". Schlitternd kam Louis vor mir zum Stehen und hätte beinahe den ganzen Tisch mit umgerissen, wenn ich ihn nicht im letzten Moment am Arm festgehalten hätte. Wir befanden uns in unserem derzeitigen unterirdischen Hauptquartier außerhalb der Stadt. Wir hatten uns eine alte, längst vergessene Jagdhütte angeeignet, deren Keller sich wunderbar als langzeitiges Versteck erwiesen hatte. Noch dazu bekam man hier sogar Internet. Nun hatte Louis meine ungeteilte Aufmerksamkeit, sodass ich schnell den Fernseher ausschaltete und ihn auffordernd ansah. „Schieß los!". Wer wohl diesmal die todgeweihten Opfer waren? Ich musste schon sagen, diese Davis-Leute waren zwar eine harte Nuss, aber nicht unüberwindbar. Diese Polizisten glaubten immer, sie wären Jäger und wir die Beute, aber zu ihrem Nachteil drehten wir den Spieß einfach um und schlugen zu, bevor sie auch nur in die Nähe unseres Hauptquartiers kommen konnten. Aber mal ehrlich: Diese Zentrale war ja wohl lächerlich. Wir mussten uns nur in ihr System einhacken, um die Alarmanlagen lahmzulegen, die Schlösser waren ungefähr so sicher wie die einer Klokabine und die Tatsache, dass sich nur zwei Personen darhinbefanden, machte die ganze Aktion fast schon zu leicht für uns. Ich fand es belustigend, zuzusehen, wie sich die eiskalten Bullen vor unseren Augen zu bettelnden Jammerlappen verwandelten. Ich war zwar nicht der Typ dafür, eine Spur von Leichen zu hinterlassen, aber Justin und Adam nahmen ihre Aufgabe immer etwas ... sagen wir mal zu ernst. Wenn ihnen einer blöd kam ... tja. Ich sag nur BUMM. Demnach war ich gespannt, wer unsere nächsten Spielkameraden darstellte.

Louis erstickte fast, als er versuchte, unter Lachen zu Atem zu kommen. „Die H-Horans!".

Ich sprang auf. „Die Horans?!". Das war ja besser, als ich erwartet hatte!

„Du hast schon richtig gehört". Er räumte achtlos die Fernbedienungen auf den Boden und ließ sich lässig auf dem Tisch nieder. „Die ach so erfolgreichen, obertollen, berüchtigten, bei den Verbrechern gefürchteten Horans".

Heute war mein Glückstag! Eilig schnappte ich mir meinen Laptop und wartete ungeduldig, bis er sich aus dem Standby-Modus gelöst und zu seiner vollen Leistung hochgefahren hatte, bis ich den Namen in Google eingab. Es war schon fast ein festgelegter Ablauf. Der Maulwurf bei der Polizei verriet uns die nächste zuständige Organisation, als nächsten Schritt versuchten wir, so viel wie möglich über die Persönlichkeiten der Leute herauszufinden, um sie zu unserem Vorteil einzusetzen. Jeder Mensch hatte einen wunden Punkt, seine schwächste Stelle, in der man nur herumbohren musste, bis seine Bullenfassade in sich zusammenbrach und man leichtes Spiel hatte. Dasselbe galt für Familienmitgliedern. Bei diesen Familienorganisationen musste man sich nur das schwächste Mitglied herauspicken und die anderen gehörig unter Druck setzen, dann hatte man im Prinzip schon gewonnen.

Wie gebannt starrten wir in den Bildschirm, wie ich den erstbesten Artikel – zufälligerweise Wikipedia – anklickte und mich durch die Informationen scrollte. Ich nahm nur ein paar Brocken auf, die vielleicht wichtig sein könnten.

1980 gegründet ... Leitung wird in der Familie weitergegeben ... nur wenige, überwiegend ziemlich junge Mitglieder ... sehr erfolgreich, herausragende Leistungen ... brachten berüchtigte Verbrecher hinter Gitter ...

Blablabla. Während ich durch die lange Lobesrede scrollte, musste ich die Augen verdrehen. Das war so typisch. Genauso hatten die Beschreibungen aller anderen Organisationen auch ausgesehen – und waren im Ende doch einer List von uns zum Opfer gefallen. Erst, als die einzelnen Personenvorstellungen kamen, wurde es richtig interessant.

Leitung durch Bobby und Maura Horan ...

Ich besah mir die Bilder. Naja, das Übliche. Ein Ehepaar mittleren Alters, die glaubten, das beste Team aller Zeiten zu haben. Schulterzuckend ging ich die übrigen Fotos durch.

Ein bulliger, muskelbepackter Mann, dann zwei junge Männer von schätzungsweise fünfundzwanzig Jahren, einer mit stacheligen flammend roten Haaren, der andere kurz geschorene dunkelbraune. Unter dem Letztgenannten stand Greg Horan. Aha. Horans Sohn war also auch dabei. Ich grinste. Das war schon mal gut für uns. Erfahrungsweise wurden Einsatzleiter im ganz emotional und weich, wenn es um ihre Kinder ging. Nun ja, wir werden sehen ...

Dann folgte eine auffallend hübsche junge Frau mit langen, gelockten braunen Haaren, die treuherzig in die Kamera lächelte, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte. Wenn ich nicht schwul gewesen wäre, hätte ich sie vermutlich außerordentlich attraktiv gefunden. Aber ich wusste auch, dass man sich vom Schein nicht trügen lassen sollte. Wo sie auf dem Bild einen liebenswürdigen Eindruck machte, konnte sie in Wirklichkeit eine ausgebildete Kampfmaschine sein – was in diesem Fall mit ziemlicher Sicherheit auch so war. Die letzten drei schätzte ich allesamt auf um die achtzehn Jahre. Der erste war ziemlich kräftig und trug sein braunes Haar an der Stirn aufgestellt, während der Blick seiner braunen Augen einen eher ruhigen Eindruck machte. Das nächste Bild verwirrte mich ein wenig – der sah eindeutig noch ein wenig ZU jung aus für dieses ganze Zeug. Sein vorwitziges Grübchen-Grinsen wurde von den wilden dunklen Locken in seiner Ausstrahlung unterstützt und ließ ihn einfach jungenhaft aussehen. Schnell ging ich seinen Steckbrief durch. Harry Styles, 17 Jahre. Meine Fresse. Diesen Polizisten musste echt geholfen werden, wenn sie minderjährige Teenager in ihr Einsatzteam aufnahmen. Naja. Ihr Problem. Ich rechnete mit nichts besonderem mehr, als mir das letzte Foto förmlich ins Auge stach. Dieser Junge sah fast so jung aus wie dieser Harry. Sein blondes Haar leuchtete mir nur so entgegen, genauso wie seine strahlenden blauen Augen. Dazu lachte er übers ganze Gesicht, als ob er den ganzen Tag wie der reinste Sonnenschein durch die Welt lief. Wow. Ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihm losreißen. Ein Jammer, dass er Bulle war ... dafür war er einfach zu süß. Ich warf einen Blick auf den Steckbrief.

Niall Horan, 18 Jahre. Beinahe wäre ich an die Decke gesprungen. WTF, das war Horans jüngster Sohn! Das wurde ja immer besser! Da fand ich einen total umwerfend aussehenden Typen und hatte dazu auch noch einen Grund, ihn „näher kennenzulernen". Ich merkte, wie meine Laune über ein Höchstmaß hinausschoss. „Louis, wir müssen ihre Zentrale ausfindig machen".

Louis, der noch immer stirnrunzelnd die Steckbriefe inspizierte, richtete sich mit einem verblüfften Ausdruck im Gesicht auf. „Das ist die seltsamste Zusammensetzung, die ich je gesehen habe".

„Oh ja", stimmte ich ungeduldig zu. „Also, lass uns so viel wie möglich über ihr System und ihren Standort rauskriegen. Wo die einzelnen Personen wohnen, wo die Zentrale ist, welche Vergangenheit die Mitglieder haben, einschneidende Ereignisse, Schwächen in ihrer Organisation, einfach alles, was wir kriegen können".

Augenblicklich sprang Louis auf, um eine Versammlung im Hauptraum zusammenzutrommeln, wo wir die Befehle vergeben würden.

Ich schaute ein letztes mal in Niall Horans lachendes Gesicht.

Nicht mehr lange, Süßer, dachte ich. Nicht mehr lange.




Forbidden - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt