Kapitel 12

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Am Hauptquartier angekommen beeilten wir uns, Niall von den anderen ungesehen in mein Zimmer zu bringen, was uns auch gelang, da sich tagsüber die wenigsten im Quartier befanden. Eigentlich war nur abends die ganze Truppe hier versammelt, da zu dieser Zeit die Streifzüge in der Nacht geplant wurden.

Nachdem Louis sich wieder verabschiedet hatte, zog ich mir einen Stuhl ans Bett heran und beobachtete, wie sich Nialls Brust beim Atmen sanft hob und senkte. Himmel, seit wann waren Bullen so niedlich?

Bevor sich mein Gedankengang noch weiter entfalten konnte, bemerkte ich, dass er sich langsam zu bewegen begann. Sofort setzte ich mich aufrechter hin und beugte mich vor. Seine Augenlider flatterten leicht, bevor er sie mit einem leisen Stöhnen aufschlug und sie sogleich geblendet wieder zusammenkniff. Schnell drehte ich mich nach dem Lichtschalter um, um die Lampe zu dimmen, doch als ich mich wieder Niall zuwandte, hatte er mich bereits erkannt und machte Anstalten, erschrocken aufzuspringen. Ich kam ihm zuvor und drückte ihn auf die Matratze zurück. Wo er gerade noch lediglich erschrocken gewirkt hatte, machte er nun einen geradzu panischen Eindruck, als er versuchte, mir einen einwandfreien Kinnhaken zu verpassen, dem ich im letzten Moment auswich und somit meine Zähne noch länger behalten konnte. Eilig wich ich ein paar Schritte zurück und hob beschwichtigend die Hände. „Ich tu dir doch nichts".

„Das seh ich", fauchte er; der Blick seiner leuchtend blauen Augen irrte durch den Raum, als ob etwas suchte, mit dem er sich verteidigen konnte. Ich seufzte innerlich. Ich hätte es mir wohl nicht so leicht vorstellen sollen. „Hör zu, Süßer. Ich ...".

„Hör verdammt nochmal auf, mich Süßer zu nennen!", zischte er, auch wenn ein leichtes Zittern seiner Stimme seine Angst verriet. „Was zum Teufel wollt ihr von mir?!".

Ich spielte mit dem Gedanken, mich neben ihm aufs Bett zu setzen, bezweifelte aber die Sinnhaftigkeit dieser Möglichkeit, sodass ich mich lieber wieder auf meinem Stuhl niederließ. „Von dir wollen wir genau genommen nichts". Naja, ich vielleicht schon, aber das verschwieg ich ihm lieber. „Du bist ein super Druckmittel und bringst ne Menge Kohle".

Er starrte mich entgeistert an, bevor er plötzlich aufsprang und auf die Tür zuhechtete. Wie vom Blitz getroffen war ich auf den Beinen und versuchte, ihn noch am Arm zu erwischen, doch er war erstaunlich flink, sodass er die Tür bereits aufgerissen hatte und auf den Gang gelaufen war. Siedend heiß fiel mir ein, dass Adam und Justin bereits wieder da sein mussten und im Versammlungsraum herumlungerten – auf den Niall unbewussterweise geradewegs zusteuerte. „Niall! Bleib stehen!". Fluchend legte ich einen Zahn zu und warf mich im letzten Moment, bevor er den Raum erreichen konnte, der Länge nach hin, wodurch ich ihn mit meinen Füßen unsanft zu Boden gehen ließ.

„Lass ...!", setzte er wütend an, doch ich drückte ihm schnell die Hand auf den Mund, bevor diese beiden Idioten uns bemerkten und Hackfleisch aus ihm machten. Als sich nach zwei Minuten immer noch nichts rührte, zog ich ihn mit mir hoch und in mein Zimmer zurück, wo ich ihn auf seinen ursprünglichen Platz zurückbeförderte. „Bist du von Sinnen? Wenn Adam und Justin dich entdeckt hätten, hätten sie dich wahrscheinlich umgebracht oder verletzt oder was weiß ich!".

Niall bedachte mich mit einem seltsamen Blick. „Wäre das so schlimm?".

Geschockt stierte ich ihn an. Natürlich war das schlimm! Schon allein die Vorstellung, jemand könnte einem Jungen wie ihm so etwas antun ... Brrr. Ich beließ es bei einem vagen Nicken, immerhin konnte ich ihm schlecht vor die Nase knallen, dass der gefürchtetste Gangleader der Stadt in ihn verschossen war. „Erzähl doch was über dich". Ich hätte mir die Lampe auf dem Tisch ans Hirn knallen können. Was für eine tolle Frage, Zayn! Zu meiner Überraschung schien er sich jedoch ein klein wenig zu entspannen. „Wieso?".

„Weil es mich interessiert?". War ja nicht mal eine Lüge, es interessierte mich wirklich.

Argwöhnisch musterte er mich, bevor er einen tiefen Seufzer losließ und losratterte: „Okay. Mein Name ist Niall Horan, ich bin 18, wo ich wohne weißt du sowieso schon ..." (Mir entging der saure Blick nicht, den er mir zuwarf) „ ... meine Hobbys sind Gitarre spielen und singen, Golf, Fußball, lesen, whatever, ich arbeite im Einsatzteam meines Vaters und hatte eigentlich gehofft, das Alter von zwanzig Jahren noch zu erreichen, was ich mir jetzt abschminken kann. Ich habe einen älteren Bruder, den ihr heute zusammengeschlagen habt und bin gut im Schießen. Reicht das?".

Fasziniert hatte ich seiner wunderbaren Stimme gelauscht und schreckte hoch, als er aufhörte zu sprechen. „Du singst?".

Er nickte zögerlich. Sein Gesicht war ein einziges großes WTF!? Verübeln konnte ich es ihm nicht, ich meine, welcher Entführer stellt solche Fragen? Tja, hehe, ICH, wenn ich das richtige Opfer habe. Aber das hier ließ mich schon wieder wie ein kleines Mädchen OMG schreien: Er machte Musik! Das freute mich ungemein, da ich selbst ein heimlicher Sänger war. „Ich auch", grinste ich und glaubte fast, ein Zucken seiner Mundwinkel wahrzunehmen, wie er versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken.

„Warum tust du das?", ließ er nach einer Weile unvermittelt vernehmen. Verwirrt sah ich ihn an. „Was?". Niall rückte ein wenig zurück, um sich mit dem Rücken an die Wand lehnen zu können. „Warum bringst du Leute um? Was ist so toll daran?".

Aha, jetzt ging der Polizei-Philosoph mit ihm durch. Wieder schlich sich ein Grinsen auf mein Gesicht. „Du wirst es nicht glauben, aber ich habe noch nie jemanden umgebracht. Das machen Justin und Adam". Ich wedelte in Richtung Tür. „Zu denen du beinahe reingeplatzt wärst".

„Ups", war das einzige, das ihm dazu einfiel. Gott, war das süß! „Dann muss ich mich wohl bei dir bedanken. Auch wenn du mich nicht gerade sanft gekidnappt hast und schuld an diesem Dilemma bist, aber okay".

Ich zog amüsiert die Augenbrauen hoch. „Dilemma? Ich finde nicht, dass das hier ein Dilemma ist. Ich unterhalte mich gerne mit dir".

Wieder dieser misstrauische Blick und das bodenlose Unglauben auf seinem Gesicht. „Du hättest auch auf der Straße mit mir reden können, ohne mich gewaltsam zu überwältigen".

„Du hättest mich entweder erschossen oder Reißaus genommen", meinte ich schulterzuckend. „Außerdem wären dann dein Vater und dein Bruder über mich hergefallen".

„Du bist seltsam". Jetzt konnte er das Grinsen nicht länger unterdrücken, sodass sein ganzes Gesicht strahlte, wenn auch etwas matter als normal. Vielleicht ... vielleicht hatte ich ja doch eine Chance, seine Sympathie zu gewinnen.


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Mini-Kapitel. Anscheinend können sich die zwei jetzt schon ganz gut leiden :D Fragt sich nur noch, was Nialls Leute zu Hause so unternehmen ... Wie auch immer, ich freu mich total über VOTES und KOMMIS! (ich kanns nicht fassen, auf das letzte Kapitel über 20 Votes bekommen zu haben, dankeee!)

Mal ne Frage: Kann mir jemand eine totaaal tolle Ziall FF empfehlen? Ich bräuchte mal wieder ne fantastische Story ... Kann auch Englisch sein! :D

Also dann, bis zum nächsten Kapitel! ;)


Forbidden - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt