Kapitel 22

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LIAM

Ich wäre lieber hiergeblieben und hätte mich um meinen verwundeten besten Freund gekümmert, doch dann fiel mein Blick auf den Wagen neben uns, in dem auf dem Fahrersitz noch jemand saß. Ich gab Harry ein Zeichen, worauf wir gleichzeitig das Auto umrundeten und die Tür aufrissen. Darin saß Louis Tomlinson, eine große Platzwunde am Kopf und kaum bei Bewusstsein. Was zur Hölle war hier nur abgegangen? Die Leute dieser Gang bekämpften sich doch nicht gegenseitig, oder? Zusammen hoben wir ihn aus dem Wagen und brachten ihn in die stabile Seitenlage, nachdem wir ihn auf weitere Verletzungen untersucht hatten.

Besorgt sahen wir einander an. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht. Es sah ganz so aus, als wären Zayn Malik und Louis Tomlinson in einen Hinterhalt geraten und angegriffen worden.

Als nach einigen Minuten endlich der Krankenwagen eintraf, warf Mr. Horan die Arme in die Luft, schrie „HALLELUJAH!", um gleich darauf wie ein Irrer zu winken. „HIERHER!"

Die in orange-gelbe Anzüge gekleideten Notärzte bahnten sich einen Weg durch das Chaos, drängten unseren Chef und El beiseite, um mit den Behandlungen beginnen zu können. Ich hatte keine Ahnung, was genau sie da trieben, jedenfalls schienen sie in höchster Aufregung zu sein und handelten so schnell sie konnten, denn in diesem Moment erwachte Tomlinson langsam aus seiner Bewusstlosigkeit. Als er sich völlig groggy umsah und uns, die wir ihn ebenso fassungslos anstarrten wie er uns, erblickte, sprang er trotz seiner Verletzung wie vom Blitz getroffen auf und wirbelte in alle Richtungen. „Wo sind Zayn und Niall?" Hektisch drehte er sich ein zweites Mal um die eigene Achse. „LEUTE!?"

Endlich realisierten Harry und ich, was abging und rappelten uns ebenfalls auf, um ihn festzuhalten, bevor er doch noch umkippen und mit dem Kopf gegen die offene Autotür knallen konnte. „Woah, setz dich wieder hin." Wieso zum Henker war ich so freundlich zu ihm? Normalerweise hätte ich ihn angeschrien, doch irgendetwas an den aktuellen Umständen hielt mich davon ab. Harry schien es genauso zu ergehen, denn er schüttelte verwirrt den Kopf und musterte Louis prüfend. Dessen Blick war nun auf den am Boden liegenen Niall gefallen, um den noch immer die Ärzte herumwuselten, sein Shirt aufrissen und die Wunde versorgten, während ihm ein anderer eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht drückte. „Niall!" Schon wieder wollte er losstürzen, doch wir hielten ihn mit vereinten Kräften zurück. Lieber Himmel, wie konnte jemand, der gerade noch ohnmächtig dagelegen hatte, solche Energie haben? „Was ist mit ihm?"

Das wurde immer seltsamer. Er schien sich ... Sorgen um Niall zu machen. Er war doch nur ihr Opfer gewesen, ihre Geisel! Was zur Hölle lief hier?

„Das wissen wir selbst nicht", gab Harry knapp zurück und winkte einen der Notärzte herüber, der den jungen Mann nachdrücklich zu Boden drückte, damit er seinen Kopf besser versorgen konnte. „Herrgott nochmal!", bellte Tomlinson und versuchte verbissen, sich wieder hochzustemmen, doch ich hielt ihn davon ab. „Ich weiß zwar nicht, was hier passiert ist, aber ich hoffe, du weißt jetzt wie es sich anfühlt, einen Schlag auf den Kopf zu kriegen", knurrte ich ihn an und deutete auf das riesige weiße Pflaster an meiner Stirn, das noch vom Überfall im Keller der Horans herrührte. Er stierte mich an, als würde er mir am liebsten gleich noch einen zweiten Schlag verpassen wollen, doch zu meiner Überraschung hielt er sich ungewöhnlich ruhig und sträubte sich nicht weiter. Eigentlich war er allgemein als ein unberechenbarer Hitzkopf bekannt, doch davon war jetzt nur noch wenig zu merken.

Kaum hatte der Notarzt seine Arbeit beendet und sich entfernt, um den anderen dabei zu helfen, Niall auf die Trage zu laden, luden wir wiederum Tomlinson in Handschellen auf den Rücksitz unseres Wagens, während in dem von Mr. Horan schon Malik untergebracht worden war. Mit einem seltsamen Gefühl realisierte ich, dass das hier ein historischer Moment sein müsste: Endlich waren Zayn Malik und sein Haupthandlanger Louis Tomlinson gefasst worden und auf direktestem Wege in den Knast. Dennoch verspürte ich weder Genugtuung noch Erleichterung – die Tatsache, wie Tomlinson reagiert hatte, als er den verletzten Niall entdeckt hatte, ließ mich nicht los. Es machte mich schier wahnsinnig, zu wissen, dass etwas geschehen war, von dem ich keinen Schimmer hatte – vor allem, weil es Niall jetzt das Leben kosten könnte.

Ein völlig am Boden zerstörter Mr. Horan taumelte auf uns zu; seine müden Augen waren rot und verquollen, während er sich wortlos in den Fahrersitz seines Wagens fallen ließ und mir bedeutete, ebenfalls einszusteigen. Ich drückte kurz die Schulter eines verstört aussehenden Harrys und folgte seiner Anweisung. Kaum hatte ich die Beifahrertür zugeschlagen, ließ er den Motor aufheulen und jagte dem Krankenwagen hinterher, der in Höchstgeschwindigkeit und mit lautem Blaulicht die Straße entlangschoss. Ich warf Malik, der sich im Rücksitz nahezu zusammengekauert hatte, immer wieder verstohlen prüfende Blicke zu. Er machte einen geschockten, geradezu verzweifelten Eindruck und sah überhaupt nicht aus wie der skrupellose Mörder in den Medien.

Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Mr. Horan dem Krankenwagen ins Krankenhaus folgen würde, musste ich jedoch eines Besseren belehren lassen, als er kurz vor Ankunft in die Straße in Richtung Polizeizentrale der Stadt einbog und sich dabei schnell eine Träne von der Wange wischte. Ich hätte gerne irgendetwas Tröstendes gesagt, etwas Aufmunterndes, doch im Augenblick war mein Kopf komplett leer. Außerdem gab es schlichtweg nichts, was man sagen hätte können. Mit Worten konnte man die Wirklichkeit höchstens für eine begrenzte Zeit ausblenden, aber niemals ganz verschwinden lassen.

Mein Chef überließ es mir, Malik ins Gebäude zu führen und von den dort Dienst habenden Beamten direkt ins Vernehmungszimmer bringen zu lassen, und verschwand im Büro des Präsidenten. Ich selbst stellte mich in den kleinen Nebenraum und beobachtete Malik durch den halbdurchlässigen Spiegel eingehend. Ich hatte mir seine Verhaftung völlig anders vorgestellt. Ich hatte damit gerechnet, dass er ausrasten und um sich schießen, oder uns zumindest angreifen würde, doch er hatte keinerlei solcher Reaktionen gezeigt, sondern war immer tief in Gedanken versunken den Anweisungen gefolgt. Genauso saß er jetzt an dem Tisch – ins Leere starrend, als stünde er unter dem größten Schock seines Lebens.

Irgendwann wurde grob die Tür aufgestoßen und Mr. Horan stürmte in den Raum, um gegenüber von ihm auf dem Stuhl Platz zu nehmen und eine Mappe auf den Tisch zu knallen. „Ich muss Ihnen wohl nicht jedes Verbrechen einzeln aufzählen?"

Langsam richtete der junge Mann seinen Blick auf ihn und schüttelte einmal verwirrt den Kopf, als realisierte er jetzt erst, wo er sich befand. Mr. Horan deutete das als Antwort auf seine Frage und legte sofort los. „Gut. Dann können Sie mir ja jetzt erklären, was vorgefallen ist."

Malik starrte ihn einfach nur an, das Gesicht völlig ausdruckslos. „Ich ... was ..."

Mr. Horan, der zunehmends ungeduldiger wurde, rutschte auf seinem Stuhl hin und her, doch ich glaubte auch so etwas wie Argwohn in seinen Augen wahrnehmen zu können. „Was ist im Wald passiert?", wiederholte er mit schneidender Stimme. „Wer ist für die Verletzung meines Sohnes verantwortlich?"

Nervös nestelte ich an den Ärmeln meines Shirts herum, als ich beobachtete, wie Maliks Hände zu zittern begannen und seine Augen einen immer glasigeren Eindruck machten. Irgendetwas stimmte nicht. Ohne weiteres Nachdenken schlitterte ich um die Ecke und riss die Tür zum Vernehmungsraum auf – nur um gerade noch zu beobachten, wie der junge Mann zur Seite kippte und zu Boden stürzte. Alarmiert sprang Mr. Horan auf und beugte sich über den Tisch, während ich neben dem Bewusstlosen in die Hocke ging und mit der Hand vorsichtig ein paar mal an seine Wange schlug, bevor ich mein Handy hervorholte und kurzerhand ein zweites Mal an diesem Tag den Notarzt verständigte. 

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Etwas kurz -.- Aber hoffentlich war es nicht gänzlich einschläfernd xD

Danke an alle, die immer so toll voten und so liebes Feedback dalassen, ich freu mich darüber sooooooooo dermaßen!! <3

Whatever, bevor das hier in eine Rede ausartet, bis zum nächsten Kapiteeel! :)



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