Kapitel 5

3.1K 225 50
                                    


NIALL

Ich hielt meine Augen geschlossen, kniff sie regelrecht zu. Ich hoffte nur, dass ich nicht allzusehr wie ein verschrecktes Reh aussah, das einem Jäger in die Falle gegangen war und nun in Angstzuständen unkontrolliert zitterte.

„Sieh mich an, Kleiner", knurrte eine tiefe Stimme und der Druck an meiner Schläfe verstärkte sich. Irgenwo neben mir hörte ich Kampfgeräusche, die vermutlich von Harry und dem anderen Typen herrührten. Harry! Augenblicklich riss ich die Augen auf und versuchte, mich aus dem Griff meines Angreifers zu befreien, doch der war fester wie ein Schraubstock.

„Ich sagte: Sieh. Mich. An". Seine Stimme glich dem Bellen eines scharfen Hundes, der kurz davor war, über seine hilflose Beute herzufallen. „Oder soll ich dir das Gehirn aus deinem schönen Köpfchen pusten?".

What the hell?! Hätte er ein Stück weiter hinten gesessen und keine Knarre bei sich gehabt, hätte ich ihn mithilfe eines Tritts in die Eier zwei Wochen lang Sopran singen lassen, doch da dies leider nicht der Fall war, wandte ich ihm langsam mein Gesicht zu. Das erste, was ich sah, waren braune Augen. Große braune Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umrahmt wurden und direkt in meine eigenen Blauen starrten. Augenblicklich grub sich ihr Anblick in mein Gedächtnis ein. Als ich auch noch dem Rest seines Gesichts Beachtung schenkte, wurde mir bestätigt, dass es sich um Zayn Malik, den gefürchteten Gangleader handelte – dessen wunderschöne Augen mich unglücklicherweise in einen Bann zogen und meinen von dem Aufprall ohnehin schon benebelten Verstand noch mehr verwirrten.

„Hat es dir die Sprache verschlagen, Blondie?", bellte er mich an und schüttelte mich grob, was mich all meine positiven Gedanken über sein Aussehen sofort vergessen ließ.

„W-was?", würgte ich hervor und versuchte, meine schmerzende Schulter ein wenig von der verdammten Wurzel herunterzuschieben, aber Malik nagelte mich förmlich am Boden fest.

„Und ihr wollt das beste Teams des Landes sein?". Er schnaubte verächtlich. „Das seh ich. Schicken Teenager in die Front, während sich die Großen im Café austoben".

Dieser Typ brachte mich jetzt schon zur Weißglut, und bevor ich mich eines Besseren besinnen konnte, zischte ich: „Aber ihr. Verkriecht euch vor zwei Teenagern in einem Busch und traut euch nicht raus". Erschrocken schloss ich meinen Mund, als sich seine Lippen zu einem verärgerten, dünnen Strich zusammenpressten.

Mein Schicksal hatte ich hiermit schon mal besiegelt.


ZAYN

Es war richtig unterhaltsam, den dreien beim Diskutieren zuzusehen. Der Größte von ihnen versuchte offenbar immer wieder, sie aufzuhalten – ohne Erfolg. Der Lockenkopf schien der Eifrigste von ihnen zu sein, denn er war der Erste, der voller Motivation in den Wald stürzte und zehn Meter vor unserem Versteck wie angewurzelt stehenblieb, nachdem dieser Idiot Justin sein Scheißmesser fallen gelassen hatte – die Klinge hatte sich nur wenige Zentimeter von meinem Fuß entfernt in den nassen Waldboden gebohrt. Die imaginären Pfeile, die ich aus meinen Augen auf ihn abgeschossen hatte, hatten ihn den Kopf einziehen lassen, was mich ungemein zufriedengestellt hatte. Sollte dieser Idiot ruhig Respekt vor mir haben, davon lebte ich schließlich. Mochte schon sein, dass er und Adam in der Öffentlichkeit die knallharten Gangster gaben und reihenweise Leute erschossen, aber bei mir reichte nur ein einziger Blick, um sie dazu zu bringen, sich in einem Mauseloch zu verkriechen. Er hatte Glück, wenn ich nach unserer kleinen Aktion zufrieden genug war, sein Missgeschick zu vergessen. Wir waren schließlich keine Amateure.

Und dann kam der kleine Horan hinzu. Je näher er kam, desto schneller klopfte mein Herz und als er schließlich zusammen mit dem Lockenkopf nur zwei Meter entfernt direkt vor unserem Versteck stand, rutschte mir das Herz fast in die Hose. Er sah in Echt und von Nahmen noch viel besser aus als auf dem Foto. Seine blauen Augen leuchteten wachsam, während sich seine blonden Haare leicht im Wind bewegten und im Sonnenlicht wie Gold glänzten – es machte mich fast wahnsinnig. Ich musste irgendwie zu ihm. Aber – wie immer – Arbeit ging vor. Und meine Arbeit war es immer noch, die Horans unschädlich zu machen, also würde ich ihn heute leider laufen lassen müssen. Minutenlang standen die beiden unbeweglich in derselben Position vor uns und zielten, während ich mir einen Lachanfall verkneifen musste. Blondie sah einfach so niedlich aus, zwar verbissen und aufmerksam, aber niedlich. Als ich mir allmählich Gedanken darüber machte, wann ihre Arme endlich abbrachen (mal ehrlich, so lange kann doch keiner eine Waffe hochhalten), hörten sie letztlich doch auf mit dem Quatsch und sahen einander ratlos an, was mich dazu brachte, einfach loszustürzen, bevor ich lauthals losprusten musste. Justin fiel sogleich über den Lockenkopf her, während ich natürlich Niall Horan ins Visier genommen hatte und ihn mit meinem Angriff völlig überrumpelte, sodass es ein Leichtes war, ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen und ihn festzuhalten. Da er die Augen zuerst geschlossen hielt, machte ich mir schon fast Sorgen, ihn ausgeknockt zu haben, was wirklich ungünstig für unseren Plan gewesen wäre, doch irgendwann riss er sie dann doch auf und unternahm einen kleinen Befreiungsversuch, der natürlich kläglich scheiterte und mich wieder einmal zum Grinsen brachte. Dieser Junge war so liebenswürdig, wie er mich anstarrte, den Blick voll Verwirrung, Ungläubigkeit und Wut.

Aber er erlaubte sich einen Schritt zu viel. Niemand beleidigte Zayn Malik. Niemand bezeichnete seine Gang als Feiglinge. NIEMAND. Auch kein zickiger, zugegebenermaßen ziemlich sexy aussehender, Teenager, der das Unglück hatte, mir als Erzfeind gegenüberzustehen – oder in diesem Fall besser gesagt gegenüberzuliegen.

Ich brachte mein Gesicht ganz nahe an seines heran, bis ich seinen immer schneller werdenden heißen Atem spüren konnte. Ich kam nicht umhin, meinen Blick schnell zu seinen rosigen Lippen schnellen zu lassen, die er trotzig aufeinanderpresste, doch aus seinen Augen sprach Panik, auch wenn er das zu verstecken versuchte. Haha, gut so. Angst hatte er schon mal vor mir. „Hör mir mal gut zu, Süßer".

Seine Augenbrauen schnellten nach oben. Oh Mann, wie schaffte er es nur, so unglaublich gut auszusehen, selbst wenn er von einem bewaffneten Schwerverbrecher in den Dreck gedrückt wurde? Ich musste mich mächtig zusammenreißen, ihn nicht abzuknutschen. Okay, Zayn. Genug. „Hör mir gut zu", wiederholte ich, diesmal ohne den Zusatz am Schluss, bevor ich noch völlig von der Rolle geriet. „Du kannst deinem Alten ausrichten, dass ihr keine Chance habt. Zayn Malik dingfest machen!". Ich kicherte; ich fand die Vorstellung aufrichtig amüsant. „Passt lieber auf eure eigenen Hintern auf, bevor euch jemand Feuer darunter macht!". Ich konnte mich nicht davon abhalten, ihm mit dem Daumen über die Wange zu streichen. Sein Blick wurde noch verwirrter, falls das überhaupt noch möglich war und er wich meiner Hand aus, indem er den Kopf zur Seite drehte. Ach, herrje! Ich beugte mich noch weiter hinunter, bis mein Mund fast sein Ohr berührte. Von ihm ging ein so betörender Duft aus, der mich schier wahnsinnig machte. Doch ich musste mich zurückhalten. „Kein Grund, dein hübsches Gesicht zu verstecken", hauchte ich und nahm zufrieden wahr, wie er erschauderte und sich an seinen Armen eine Gänsehaut bildete. Ich hätte gerne noch mehr gesagt, am liebsten hätte ich einfach meine Lippen auf seine überhaus weich aussehenden gedrückt, aber bedauerlicherweise wurden wir von quietschenden Bremsen und zuschlagenden Autotüren unterbrochen. Genervt stöhnte ich auf und zog mich von ihm zurück. Er wich meinem Blick aus, einen entsetzten Ausdruck im Gesicht und versuchte sofort erneut, sich aus meinem Griff zu befreien, doch als ich die Hände an seine Wangen legte, machte er sich stocksteif und kniff die Augen zusammen, als ob er erwartete, dass ich ihn schlagen würde. Seufzend betrachtete ich ein letztes mal seine Gesichtszüge und seine nun leider geschlossenen Augen, bevor ich mich widerwillig erhob und mich nach Justin umsah, der gerade den Lockenkopf losließ und auf mich zulief. Ich nickte in Richtung Kapelle, wo wir unseren Wagen abgestellt hatten. „Los".


-------

Yeah, im Vergleich zum letzten Kapitel ist dieses hier ziemlich kurz ... naja :D Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem! Lasst mich doch wissen, was ihr von der Story haltet :)

Und ach ja, bevor ich's vergesse, ich bin auf die grandiose Idee gekommen, ein One Shot-Büchlein zu gründen ... ihr könnt ja mal reinschauen, wenn ihr wollt :D



Forbidden - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt