Bevor wir zu uns nach Hause fuhren, machten wir einen Abstecher zur Zentrale, um Liam und Harry aussteigen zu lassen – Liam würde den noch nicht volljährigen Harry heimfahren, da sie in derselben Richtung wohnten, sodass am Ende nur noch mein Vater und ich zu zweit im Wagen saßen und uns in einer bedrückenden Stille gegenseitig anschwiegen.
„Irgendetwas ist doch vorgefallen", brach er schließlich das Schweigen und durchbohrte mich mit seinen bekannten forschenden Blicken. „Was hat dieses Arschloch wirklich zu dir gesagt?".
„Herrgott nochmal, wieso glaubst du mir denn nicht?".
„Weil ich weiß, was Malik für ein Typ ist. Und weil ich genau sehe, dass mir dir etwas nicht stimmt".
„Echt? Du siehst das?". Ich lachte trocken auf. „Ich bin beeindruckt".
„Niall, hör jetzt auf mit dem Scheiß", sagte er streng. „Irgendwann muss auch wieder gut sein mit diesem Benehmen".
Ich antwortete nichts mehr und stieg, kaum dass das Auto im Hof stand, aus, knallte die Tür hinter mir zu und suchte auf direktestem Wege mein Zimmer auf, bevor jemand mit nervtötenden oder gefährlichen Fragen kommen konnte.
Den restlichen Tag ging ich keinen Schritt aus meinem Zimmer. Ein einziges mal hatte es geklopft (ich nehme an, dass es Mum war) und die Tür war aufgemacht worden, doch da ich glücklicherweise zufällig gerade im Bett lag als ob ich schlafen würde, hatte sie mich in Ruhe gelassen und war wieder verschwunden. Erst um zehn Uhr nachts, als sich meine Eltern schon hingelegt hatten, schlich ich mich die Treppe hinunter in die Küche, um mit zurückgekehrtem Appetit einen Toast zu verputzen. Von meiner Schulter spürte ich nicht mehr allzviel, weshalb ich annahm, dass es nur eine kleine Prellung war, die in ein paar Tagen komplett verschwunden sein würde. Soweit ich wusste, hatte Greg heute Nachtdienst in der Zentrale, sodass ich mir keine Sorgen machen musste, von ihm überrascht zu werden – es war nicht so, dass ich irgendetwas Verbotenes tat, ich wollte einfach ungestört sein. Doch als in der nächsten Sekunde oben die Klospülung losröhrte, wusste ich, dass es mit der seligen Ruhe gleich ein Ende haben würde, wenn ich mich nicht schleunigst verzog. Kurzerhand beschloss ich, Greg bei seiner stinklangweiligen Nachtwache Gesellschaft zu leisten.
Die Zentrale war zu Fuß innerhalb von einer Viertelstunde zu erreichen, sodass ich weder Moped noch Auto nutzen musste, deren Motoren meinen Vater, der einen (meiner Meinung nach viel zu) leichten Schlaf hatte, unweigerlich geweckt hätten.
Als ich den Telefonraum der Zentrale betrat, empfing mich ein müder, aber dennoch erstaunter Greg, der, sobald er mich erkannt hatte, auf mich zustürmte und mich in eine brüderlich vertraute Umarmung schloss. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Greg für mich so etwas wie ein Vaterersatz war – zu den Momenten zählte auch dieser hier. Er überhäufte mich nicht mit Fragen oder Vorwürfen, sondern hielt mich einfach nur fest, wie es Brüder untereinander taten, wenn sie ein gutes Verhältnis pflegten, was wir zu hundert Prozent taten.
„Was machst du denn so spät noch hier?", wollte Greg wissen, während er einen Stuhl für mich an seinen Schreibtisch heranzog und mir fragend seine Kaffeekanne entgegenhielt. Ich lehnte dankend ab und ließ mich auf den Stuhl fallen, der ein ungesund klingendes, altersschwaches Knarzen von sich gab. „Hab es zu Hause nicht mehr ausgehalten", antwortete ich schulterzuckend. Greg nickte verstehend. „Hat Dad dir zu sehr die Hölle heiß gemacht?".
„Nein, eigentlich nicht. Es ist nur ...". Hilflos wischte ich mit der Handfläche über die penibel sauber gehaltene Arbeitsfläche.
„Außer der Abeit war ihm alles scheißegal", vollendete Greg meinen Satz wissend. Er wusste wovon er sprach, immerhin war Dad auch sein Vater, der mit ihm wahrscheinlich nicht anders umgegangen war wie mit mir jetzt. Ich nickte nur missmutig. Mein Bruder schwieg für eine Weile, bevor er die nächste Frage stellte. „Ich habe gehört, du hast Malik persönlich kennengelernt?". Er bemühte sich sichtlich um einen sanften, nicht drängenden Tonfall. „Wie genau ist das abgelaufen?".
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Forbidden - Ziall
FanfictionAls das Einsatzteam der Horan-Organisation den zur Zeit gefährlichsten, kniffligsten Fall der Malik-Gang übertragen bekommt, herrscht zuerst helle Aufregung und Eifer unter den Mitgliedern. Allerdings wandelt sich diese Freude schnell zu Schrecken...