Kapitel 4

3.6K 234 56
                                    


ZAYN

„Sie müssten angebissen haben", informierte mich ein gut gelaunter Louis, aus dessen Stimme ein breites Grinsen sprach, durchs Handy. Das war einer der großen Vorteile, wenn man ein im ganzen Land bekannter Verbrecher war. Sobald man sich irgendwo auf der Straße blicken ließ, drehten die Leute durch, ergriffen die Flucht und verständigten die Polizei. An der Stelle würden sich jetzt viele an die Stirn tippen und sagen „Was ist denn gut daran, wenn Leute die Polizei verständigen und man nie unauffällig ist?". Tja, da kann ich nur antworten: „Was, wenn wir auffällig sein WOLLEN und genau darauf abzielen, dass die Polizei auftaucht?". Die Polizisten denken immer, sie seien die am längeren Hebel, doch wenn sie dann geradewegs ohne Hirn und logischem Menschenverstand in unseren Hinterhalt gehen, kann ich darüber nur den Kopf schütteln. So ist es heute noch und so war es auch damals zu dem Zeitpunkt. Die Horans waren keine Ausnahme – kaum hatten sie einen Zipfel von unserem Trupp erspäht, waren sie sofort in höchster Alarmbereitschaft mit ihren mickrigen Autos aufgebrochen, um uns den Hintern zu versohlen. Bei dem Gedanken musste ich verächtlich grinsen. Als ob die uns irgendwas anhaben konnten. Ich hatte mir ihr Vorgehen schon genau durch den Kopf gehen lassen: Vermutlich kamen sie mit zwei Autos, ein Team auf direktem Wege, das andere über eine kleine Umschweife von der anderen Richtung, mit der Absicht, uns einzuzingeln und uns somit den Fluchtweg abzuschneiden. Haha. Tolles Vorgehen. Wahrscheinlich stürmten sie in fünf Minuten das Café, versetzten die ganze Stadt in Horror und lockten wieder ungefähr hundert Reporter an, die über das neueste Massaker der Malik-Gang berichten und dem Informationsgehalt der Konkurrenz um nichts nachstehen wollten.

Wie auch immer – wir saßen NICHT in diesem hirnverbrannten Café, das zu dieser Tageszeit (später Nachmittag) wie immer ziemlich überfüllt war und man sich nicht unterhalten konnte, ohne dass zwanzig Leute mithörten und es dann womöglich auf Facebook posteten. Louis würde sich nach getaner Arbeit (oder je nach dem, auch mitten unter der Arbeit, wann es ihm eben am besten in den Kram passte) einen Kaffee bestellen, und hier meine ich eine rein louismäßige Bestellung. Soll heißen, er stürmte den Laden mit seinem heiß geliebten Springmesser, machte den Kellnern ein wenig Feuer unterm Hintern und stieg dann gemütlich seinen Kaffee schlürfend in den Wagen (wo er ihn dann allerdings meistens bei Justins miserabler Fahrweise ausschüttete und somit erst mal für eine Stunde stocksaure Funkstille zwischen den beiden herrschte).

Diese Aktion heute war nur eine kleine Spielerei um zu sehen, wie sich die einzelnen Personen verhielten, sodass wir uns für unseren großen Hauptzugriff, wie wir es amüsiert nannten, bis ins kleinste Detail vorbereiten und perfekt ausführen konnten. Vorher wollten wir diesem ach so tollen Obercop Bobby Horan ein wenig Angst machen, mithilfe von fiesen Liebesbriefchen, kleineren Anschlägen wie eine zerstörte Autoscheibe oder Einbrüche in die privaten Wohnungen der Mitglieder, falls wir die ausfindig machen konnten, vielleicht mal einen kleinen Überfall auf der Straße ... mal sehen. Das würde ich dann spontan entscheiden. Aber eines stand fest: Ich wollte seinen Sohn. Um jeden Preis. Nicht nur, weil mir Horan Senior dann aus der Hand fressen würde, sondern weil er mir gefiel. Natürlich hatte ich schon einige Beziehungen hinter mir, One Night-Stands waren auch ab und zu mal drin und ich war sowohl bei den Jungs als auch bei den Mädchen sehr begehrt, aber dieser blonde Ire hatte es mir angetan. Seit ich ihn auf dem Foto im Internet gesehen hatte, saß ich wie auf heißen Kohlen, ihn endlich in Real-Life vor mir zu sehen, um mir jedes Detail genau einprägen zu können. Noch nie war mir jemand so ins Auge gestochen wie er, ganz zu schweigen von dieser anziehenden Wirkung, die schon ein bloßes Bild von ihm auf mich ausübte. Ich wusste, dass es blödsinnig war, überhaupt an so etwas zu denken, immerhin war er Mitglied eines Einsatzkommandos, das auf uns angesetzt worden war und somit unseren derzeitigen Erzfeind darstellte, und war bestimmt nicht epicht darauf, für einen interessierten Verbrecher die Seiten zu wechseln – auch wenn ich persönlich dagegen nichts einzuwenden hätte. Naja, mal sehen.

Forbidden - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt