Kapitel 23

2.6K 222 64
                                    

NIALL

Es fühlte sich seltsam an, die schmerzenden Augen zu öffnen. Falsch. Als hätte ich mich schon daran gewöhnt, sie geschlossen zu halten. Mein ganzer Körper schmerzte und es kostete mich all meine verbliebenen Kräfte, mich auf die Ellbogen zu stemmen und gegen das viel zu grelle Licht in dem viel zu weißen Raum anzublinzeln.

„Niall!" Im nächsten Moment knallte wortwörtlich jemand gegen das Bett, sodass es auf seinen Rollen ein paar Zentimeter zur Seite geschoben wurde, und zog mich in eine stürmische Umarmung. Unbeholfen legte ich die Arme um die Person, deren Identität ich in meinem benebelten Zustand nicht hatte feststellen können und gab ein Ächzen von mir, als ein Schmerz durch meine Magengegend pochte. Sofort wurde ich losgelassen und konnte endlich Gregs Gesicht erkennen, das sich zu einer besorgten Grimasse verzerrt hatte. „Ni, ist alles in Ordnung? Soll ich den Arzt verständigen? Ich kann ..."

Mit einem langsamen Handzeichen brachte ich ihn zum Schweigen und antwortete mit matter Stimme: „Beruhig dich, Bruderherz. Ich fühle mich, als wäre ich von einem Truck überrollt worden, aber ansonsten geht es mir gut."

Er seufzte erleichert. „Gott sei Dank. Ich dachte schon, du würdest ..." Seine Stimme stockte, doch ich wusste genau, wovon er sprach und brachte ein aufmunterndes (zumindest hoffte ich, dass es aufmunternd war) Lächeln zustande. „Unkraut vergeht nicht." Um Himmels Willen! Was war mit Zayn? Sofort saß ich aufrecht im Bett, den protestierenden Schmerz gänzlich ignorierend. „Weißt du, was mit Zayn ist?"

Er bedachte mich mit einem seltsamen Blick. „Du meinst Malik? Er wurde vor fünf Stunden ebenfalls eingeliefert, nachdem er im Verhör zusammengebrochen ist. Allem Anschein nach hat er bei dem Autounfall, von dem Tomlinson uns erzählt hat, leichte innere Verletzungen erlitten, die sich erst später gemeldet haben."

Ich musste mich zusammenreißen, um nicht an Ort und Stelle aus dem Bett zu klettern und ihn zu suchen. Zayn war verletzt? Aber er war nach dem Unfall doch noch wohlauf gewesen! Ich spürte Furcht in mir aufsteigen. Was, wenn es was Schlimmes war? Greg musste meine Miene richtig gedeutet haben, denn sein besorgter Gesichtsausdruck wandelte sich zu leichtem Schock. „Ni?" Er ergriff meine Hand und sah mich eindringlich an. „Was genau ist passiert?"

Ich zögerte. Ich konnte ihm ja wohl schlecht sagen, dass ich mich in den Kriminellen Nummer 1 der Stadt UND noch dazu meinen eigenen Kidnapper verliebt hatte und jetzt schon Pläne schmiedete, wie ich ihn aus der ganzen Sache raushauen konnte. „Nicht viel", nuschelte ich undeutlich in die Bettdecke, die ich mir schnell über den Kopf zog, um ihm beim Lügen nicht ins Gesicht sehen zu müssen.

„Hat er ... dir was getan?" Greg legte eine Hand auf meinen Kopf und strich mir vorsichtig übers Haar, wie er es vor etlichen Jahren getan hatte, wenn ich krank war.

„Nein, hat er nicht!", erwiderte ich sofort, wenn auch eine Spur zu angriffslustig. Wenn ich so weitermachte, würde er noch Verdacht schöpfen und noch weiter herumbohren – und in meinem angeschlagenen Zustand würde ich einem solchen Verhör nicht lange standhalten können. Also schnellte ich gleich vor zum Unfall. „Anscheinend haben ihn zwei seiner Mitglieder hintergangen und haben den Überfall geplant. Wir waren gerade auf der Flucht vor der Polizei, da sind sie plötzlich aus den Büschen hervorgeschossen und haben ihr Auto mitten auf dem Weg vor uns quergestellt. Frag mich nicht, wie sie das unverletzt überlebt haben. Louis konnte natürlich nicht mehr bremsen, sodass wir sie voll gecrasht haben." Ich leierte das alles schnell herunter, möglichst ohne viel Gefühl miteinfließen zu lassen, denn das hätte mich unweigerlich verraten. „Sie haben uns aus dem Auto gezogen und Zayn bedroht. Dieser Justin wollte sich rächen und hat ..." Ich stockte. Wie sollte ich erklären, dass er mich erschießen wollte, weil er wusste, dass er Zayn damit am meisten wehtun konnte? „Er wollte Zayn erschießen und hat stattdessen mich getroffen", sagte ich schließlich und hoffte inständig, dass es halbwegs glaubwürdig klang.

Forbidden - ZiallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt