Tag 4, Ausflug nach Minas Tirith

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Laute Hufschläge bretterten über kräftiges Holz und hinterließen einen dumpfen Schlag, der in den unendlichen Weiten des Waldes lange wiederhallten. Vor mir sah ich Legolas, der auf seinem weißen Begleiter den, vor ihnen aufragenden, Bäumen auswich.

Wir hatten uns vor Sonnenaufgang auf den Weg nach Minas Tirith in Gondor gemacht. Dort sollte sich, nach Informationen der Boten ein Zauberer aufhalten und da dies unser einzigster Anhaltspunkt war, mussten wir dort hin, in der Hoffnung, dort auf Hilfe zu stoßen.

Unsere Route war ziemlich Simpel. Wir mussten von Emyn Muil an den Totensümpfen vorbei nach Nindalf und dann mussten wir nur noch über den See und nach Minas Tirith.

Legolas war der Meinung, dass wir Minas Tirith nach zwei Monden erreichen könnten, wenn wir uns beeilten. Ich war mir zwar nich so sicher, ob es so einfach gehen würde, doch wiedersprechen konnte ich ihm auch nicht, da ich selber nicht wusste, wie lange wir brauchen würden.

"Über was denkst du nach?", riss mich Legolas aus meinen Gedanken.

"Nichts. Ich..., ich denke nur vor mich hin."

"Wo kommst du nun überhaupt her? Ich meine, du hast erzählt, dass du aus Düsterwald kommst, aber ich denke da steckt noch mehr dahinter. Also, willst du mir deine wahre Geschichte erzählen?"

Ich schluckte den schweren Kloß herunter, der sich soeben in meinem Hals gebildet hatte und antwortete so gelassen wie möglich.

"Da gibt es keine großartige Geschichte dahinter. Ich wollte nicht mehr in Düsterwald bleiben. Das ist alles. Ich musste einfach mal raus."
"Einfach mal raus? Mir einem halb Toten Zwergen im Gepäck? Was ist wirklich passiert?"

Ich konnte ihm unmöglich die Wahrheit sagen. Er würde mich auf der Stelle erwürgen, wenn er erfahren würde, wer ich wirklich war. Er durfte es nie erfahren. Nie. Aber wie konnte ich ihm eine zufriedenstellende Antwort geben, ohne mich zu verraten?
Ich beschloss schließlich ihm die Wahrheit zu erzählen, aber dennoch entscheidende Dinge für mich zu behalten.
"Der König verlangte Dinge von mir, die ich nicht erfüllen konnte. Ich konnte und wollte ihm nicht mehr dienen.", antwortete ich.
"Und der Zwerg? Was ist mit ihm passiert?"
"Ich wurde in den Kerker geschmissen, als ich mich seinem Befehl widersetzt hatte und dort lernte ich dann Beledas kennen. Er hat mir geholfen zu fliehen und wurde auf der Flucht von einem Pfeil verwundet. So, wie mein Pferd.", erzählte ich. Merilin war zwei Tage nach unserer Ankunft angekommen und wurde von den Elben versorgt und geheilt. Nun war sie wieder fit und konnte uns auf unserer kleinen Reise begleiten.
Ich klopfte ihr aus Reflex auf den Hals und streichelte die muskulösen Schultern meiner treuen Begleiterin.
Ich merkte, dass ihn meine Antwort noch nicht wirklich zufrieden gestellt hatte, doch er überspielte es und nickte nur.
Um das Thema zu wechseln und die unangenehme Stille, die über uns lag, zu beseitigen, fragte ich Legolas nach Plan B, falls wir in Minas Tirith auf keinen Zauberer stießen.
"Tja, dann müssen wir improvisieren. Etwas Anderes bleibt uns ja leider nicht übrig.", antwortete er stumpf.
Der Wald vor uns begann sich langsam zu weiten und wenn man genau hin sah, konnte man durch die Schatten der dunklen Bäume einen kleinen, kurzen Lichtstrahl erkennen, der sich durch die Dunkelheit kämpfte.
"Ich hoffe du kennst den Weg.", stichelte ich, um ihn zu einem Gespräch zu bringen.
"Ich bin diesen Weg oft genug geritten, um ihn sogar blind im Schlaf reiten zu können."
"Ich wusste gar nicht, dass man im Schlaf nicht blind sein kann."
"Ist dir langweilig oder so? Können wir vielleicht auch sinnvollere Gespräche führen?"
"Tut mir leid, ich wusste nicht, dass der Herr heute so schlecht gelaunt ist."
"Schlecht gelaunt? Ich bin nicht schlecht gelaunt. Ich brauche nur meine Ruhe und eine angenehme Begleiterin."
"Eine angenehme Begleiterin? Soll das heißen ich bin unangenehm."
"Das soll es allerdings."
"Na gut, dann bin ich eben still!"
"Danke."
Ich wollte gerade protestieren, als ich es mir anders überlegte und mich einfach beleidigt in meinen Sessel rutschen ließ. Sollte er doch mit sich selber sprechen, wenn der Herr Grünblatt der Meinung war, sich nicht mit mir abgeben zu müssen.

Wir ritten noch eine Weile durch den dichten Wald, bis er sich schließlich lichtete und wir die braunen Lande erreichten. Legolas, der noch immer vor mir war, beschleunigte sein Tempo nun noch mehr. Kleine, staubige Sandkörner landeten in meinem Gesicht und meinen Augen und ließen mich für kurze Zeit nur noch verschwommen sehen, doch dank des kräftigen Windes wurde meine Sicht nach kurzer Zeit wieder klarer.

Hecktisch schaute ich mich nach Legolas um, der plötzlich nicht mehr vor mir war. Das einzige, das ich vor mir erkannte, war eine kleine Staubwolke, die sich immer schneller von mir entfernte.

Sofort ließ ich ein leises Schnalzen ertönen und als hätte Merilin schon auf dieses Kommando gewartet, sprintete sie der Staubwolke hinterher, um unsere Begleiter nicht zu verlieren.

Testversuch 1, Tag 4
Die Versuchsperson hatte über die Nacht erneut Krampfanfälle und hohes Fieber.
Die schwarzen Adern haben sich nun fast vollkommen auf seinen gesamten Oberkörper ausgebreitet und beinahe sein Herz erreicht. Wir sind uns nicht ganz sicher, was nach der Erreichung des Herzens passieren wird. Manche haben die Vermutung, dass die Testperson sterben könnte, andere sind der Meinung,dass der Tod erst nach der Überdeckung des ganzen Körpers auftritt.
Wir warten ab und spätestens morgen werden wir Gewissheit haben.
Bis dahin warten wir gespannt auf seine Reaktion.
Bis jetzt wirkt die Versuchsperson ziemlich schwach und Kraftlos, was man auf seinen kränkelnden Zustand und dem Schlafmangel zurückführen kann. Insgesamt hat die Versuchsperson seit gestern morgen nicht mehr geschlafen.
Wir beobachten ihn weiter und berichten morgen wieder über seinen Zustand und dann werden wir hoffentlich Gewissheit haben.

Testversuch 1, Tag 4 erfolgreich
Geschehnisse wie erwartet.

Wir ritten schon eine ganze Weile. Die Sonne stand schon tief am Himmel, bereit, dem Mond endlich Platz zu machen und das Land wurde langsam in einen Grauton getaucht, der alles trist und farblos erscheinen ließ.
Wir waren den ganzen Tag schweigend nebeneinander her geritten, doch nun ergriff Legolas das Wort und durchbrach die Stille. Ich zuckte kurz zusammen, als ich seine Stimme wahrnahm, doch ich besinnte mich recht schnell wieder und versuchte aus seinen Worten einen Sinn zu erschließen.
"Dort hinten sind Felsen.", er zeigte auf einen dunklen Fleck vor uns.
"Dort können wir unser Lager aufschlagen."
Ich nickte nur und rit ihm stumm hinterher.
Ich war einfach zu müde, um ihm wirklich zu antworten und seine Worte in einen Satz zu fassen.

An den Felsen angekommen, ließ ich mich vom Sattel rutschen und landete geradewegs in Legolas Armen.
"So anstrengend?", fragte er mich mit gespielter Sorge.
Ohne auf seine Frage zu antworten drückte ich mich nur müde aus seinem Griff und torkelte auf einen der Felsen zu.
"Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich das ganze Lager alleine aufbaue?", rief mir Legolas hinterher.
Ich ignorierte ihn und ließ mich mit dem Rücken am kalten, rauen Felsen runter rutschen. Am Boden angekommen, zog ich meine Beine an mich, legte meinen Kopf auf die Knie und schlief augenblicklich ein, ohne auf Legolas beleidigte Worte zu achten, die er mir empört gegen den Kopf stieß.

Meine Träume waren unruhig und wirr. Ich konnte ihren Sinn nicht wirklich erschließen. Ich träumte von Leid und Feuer, von Schreien und Tränen und im nächsten Augenblick stand ich auf einer Wiese. Neben mir graste ein Reh und vor mir sah ich in die unendlichen Weiten eines Waldes.
Ich wusste nicht, welche Bedeutung dieser Traum hatte und auch, als ich aufwachte, konnte ich seinen Sinn nicht entschlüsseln.

Legolas saß mir gegenüber und beobachtete mich über das flackernde Feuer hinweg.
Er hatte außer dem Feuer noch Decken ausgebreitet und auch mir eine Decke übergelegt.
"Gut geschlafen?", fragte er.
Ich ignorierte den neckenden Unterton in seiner Frage und antwortete ihm mit einem nicken.
"Das nächste mal baust du das Lager auf.", bemerkte er beleidigt, als er sich eine Decke umlegte.

Ich musste bestimmt eine Weile geschlafen haben, denn um uns herum war es schon dunkel. Nur das Feuer ermöglichte es einem, die Dinge um einen herum zu erkennen.

"Wenn du willst, kann ich jetzt die Nachtwache übernehmen.", flüsterte ich verschlafen.
"Nein. Schlaf einfach noch etwas. Du brauchst es mehr, als ich.", flüsterte er zurück.
Ich war wirklich müde.
Der Tag hatte mich doch mehr mitgenommen, als ich gedacht hatte.
"Danke.", flüsterte ich noch.
Er schien deutlich verwirrt über diese Dankbarkeit, nickte aber und flüsterte noch ein kurzes "gern geschehen", bevor ich schließlich meine Augen schloss und mich wieder meinen Träumen hingab.

Der Kampf um die Ewigkeit (Herr der Ringe/ Hobbit FF) {PAUSIERT)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt