In my head

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"Vertraue meinen Worten. Höre meine Stimme. Nur meine Stimme. Vergesse alles um dich herum und konzentrierte dich vollkommen auf sie. Ich werde nun meine Hand auf deine Stirn legen. Du wirst einen Sog spüren. Es wird sich komisch anfühlen. Vielleicht ein bisschen wehtun, aber es wird nichts schlimmes passieren. Lass einfach alles geschehen und verstecke deine Gedanken nicht. Du musst dich mir öffnen. Und zwar ohne jeden Zweifel. Es kann sein, dass ich sehr tief in deine Gedanken eindringen muss. Es kann sehr intim werden, doch es gibt keinen Weg drum herum. Entweder so, oder gar nicht. Bist du bereit dazu?"
Ich nickte. Wenn auch etwas zögerlich. Was würde er alles erfahren? Würde er danach wirklich alles wissen? Und was würde er dann tun? Ich konnte nur hoffen, dass er Legolas nichts davon erzählen würde, sollte er wissen, wer ich war.
"Gut, dann werde ich dir nun meine Hand auf die Stirn legen und du wirst die Augen schließen und dich entspannen.", flüsterte Isaac so dicht an meinem Ohr, dass ich seinen Atem spüren konnte.

Seine Hand war warm und feucht. Vielleicht sogar ein wenig schwitzig. War er ebenfalls aufgeregt?
Ich schloss meine Augen und wartete darauf, dass etwas passierte. Irgendetwas, doch da war nichts. Kein Gefühl, kein Kribbeln... nichts!
Langsam öffnete ich meine Augen und schaute in Isaacs verwirrtes Gesicht.
Was war los? Wieso passierte nichts? War er etwa schon fertig?
"Du musst dich mir öffnen. Ich komme nicht in deine Gedanken, wenn du nicht willst, dass ich es tue. Du hast einen starken Willen. Versuche ihn zu kontrollieren.", versuchte er mir ruhig zu erklären.
"Ich öffne mich doch. Was soll ich tun?"
"Du öffnest dich mir nicht. Ich kann nicht in deine Gedanken."
"Aber ich weiß nicht, wie ich mich öffnen soll!"
Seine Augen ruhten aufmerksam auf mir und beobachteten mich eine Weile, bis er schließlich den Blick von mir zu Legolas schweifen ließ.
"Ich hab eine Idee.", grummelte er plötzlich geheimnisvoll.
"Vielleicht vertraust du mir nicht, aber ihm wirst du vielleicht mehr vertrauen können.
Nehmt euch an die Hand."
Unsere Blicke trafen sich kurz, bevor er nach meiner Hand griff und sich unsere Finger ineinander verschlagen.
"Ich werde jetzt etwas anderes versuchen. Es ist kompliziert zu erklären, aber einfach gesagt: ihr werdet eure Gedanken verbinden und ich versuche daraus irgendwie schlau zu werden, einverstanden."
Gedanken verbinden? Wenn wir unsere Gedanken verbanden, was würde er dann sehen? Was würde er danach von mir wissen?
"Bereit?", flüsterte Legolas
Ich nickte wage, während ich seinen Blick auf mir spürte. Ich könnte ihm nicht in die Augen schauen.
Ich war keineswegs bereit. Ich wollte nicht, aber mein Volk war in diesem Moment wichtiger. Ich musste es riskieren. Egal, was danach aus uns werden sollte.
Ich musste verhindern, dass das, was wir geträumt hatten, sich erfüllte und dafür würde ich alles in Kauf nehmen.

Isaac legte seine Hand auf die Unseren und begann leise etwas in einer mir Fremden Sprache zu murmeln. Es klang wie ein altes Lied. So schön und traurig zugleich, als würde es das Leid der Welt in einer Melodie zusammenfassen. Als würde alles und nichts aus ihm bestehen.
Ich hatte noch nie zuvor etwas so wundervoll schreckliches gehört. Es war, als würden die Klänge und Emotionen aus seiner Kehle aus einem anderen Land stammen. Einem Land, dass all denen verborgen blieb, deren Herz zu schwer von Sünde und Hass war.

Ich spürte, wie Legolas Hand sich fester um die Meine schloss und wusste, dass er genau das gleiche hörte wie ich und bevor ich es überhaupt realisieren konnte, hatte mich die Melodie in ein anderes Land getragen. Weit weg von all den Problemen und den Sorgen, die mich schon so lang plagten.

Ich öffnete meine Augen und blickte in seine. Strahlend blau betrachteten sie mich, als wäre ich ein fremdes Geschöpf, das er noch nie zuvor gesehen hatte und schließlich lösten sie sich von mir und betrachteten die Umgebung um uns herum.
Auch ich begann nun, mich genauer umzuschauen.
Wir standen inmitten einer Lichtung, umringt von strahlenden, bunten Blumen. Von überall drangen die Geräusche des Waldes zu uns herüber und irgendwo in der Ferne konnte man sogar einen Bach hören, wie er genüsslich vor sich hinplätscherte.
"Wo sind wir?". Wir hatten beide den selben Gedanken ausgesprochen.
"Wieso sind wir hier?", unterbrach Legolas schließlich das verlegene Schweigen, das sich wie ein Schleier über uns legen wollte.
"Ich kenne diesen Ort. Aber ich kann mich nicht mehr erinnern. Irgendetwas stimmt nicht. Irgendetwas ist falsch."
Plötzlich vernahmen wir Schritte hinter uns und beinahe synchron drehten wir uns dem Geräusch entgegen.
Und da traf es mich wie einen Schlag.
Ich wusste, wo wir waren. Ich wusste, was daran jedoch nicht stimmte und ich wusste ganz genau, wer diese Frau dort vor uns war.
"Mutter.", krächzte ich, während mir ein harter, klumpiger Kloß den Hals zuschnürte.
Tränen stiegen mir in die Augen und verschleierte meine Sicht, doch ich würde auch Blind den Weg in Ihre Arme finden.
Ich umschlang ihren zierlichen und gleichzeitig sehr kraftvollen Körper und atmete ihren süßen Duft ein, den ich schon so viele Jahre nicht mehr gerochen hatte.
Plötzlich fühlte ich mich wieder wie ein kleines Kind. Ich erinnerte mich an die Tage, an denen wir gemeinsam auf der Wiese herumgerannt waren und Blumen gepflückt hatten, damit sie mir später all die schönen Blumen in meine Haare Flechten konnte oder, als sie mit mir tief in den Wald gegangen war, und mir gezeigt hatte, die Fährten der verschiedenen Tiere zu deuten und zu verstehen.
Und dann wanderten meine Gedanken zu dem Tag, an dem wir diese Lichtung entlanggelaufen waren. Plötzlich war sie stehen geblieben und hatte mich liebevoll angeschaut und... dann verschwand die Erinnerung und aus dem Schatten meiner Mutter formte sich ein steinerne Grab. Ihr Grab.

Nach einer Ewigkeit lösten wir uns voneinander. Ihre Augen waren so sanft und strahlend, wie ich sie schon lange nicht mehr gesehen hatte.
"Du bist etwas ganz Besonderes, mein Kind. Du wirst uns alle retten. Du kannst und befreien und all die verlorenen Seelen ins Licht führen. Ich bin so stolz auf dich."
Ihre Stimme war liebevoll und so ruhig, dass ich sogar für einen Moment vergaß, zu atmen.
Sie war so wunderschön und so elegant. Es war, als würde ich meine Mutter plötzlich mit ganz anderen Augen sehen.
"Ins Licht führen? Was meinst du damit? Mutter ich habe dich so vermisst."
"Du hast keinen Grund mich zu vermissen, meine Kleine. Ich war immer bei dir und werde es auch immer sein und dennoch musst du deinen Weg nun ohne mich weiterführen.". Sie blickte mich traurig an und ihr Blick wanderte nun zu Legolas.
"Er wird dich auf deiner schweren Reise begleiten. Er wird die ein guter Freund sein und dir einiges abnehmen können. Gemeinsam habt ihr die Kraft dazu, es mit dem aufzunehmen, was vor euch steht."
Sie blickte wieder zu mir herab und legte ihre warme Hand an meine Wange, um sie zart zu streicheln.
"Du sprichst in Rätseln, Mutter."
"Und du wirst sie verstehen, wenn es soweit ist." Sie lächelte aufmunternd und ließ ihre Hand von meiner Wange gleiten.
"Leb wohl, meine tapfere Kriegerin. Ich werde immer bei dir sein, vergiss das nicht."
Ich wollte etwas erwiedern, etwas sagen, doch mir fehlten die Worte.
Ich stand einfach nur da und starrte sie an. Beobachtete, wie der Wind immer mehr von ihr davon trug, bis sie schließlich ganz verschwunden war. Erst dann war ich wieder fähig, zu leben.

Ich hatte sie schon wieder verloren. Sie war ein zweites Mal gestorben und dieses Mal schien es, als zerfräße mich der Schmerz, wie ein hungriges Tier.
Ich spürte, wie meine Beine unter mir nachgaben und mich zu Boden rissen, doch bevor ich mich dem angenehmen Sog völlig hingeben könnte, hatte er mich in seine Arme genommen und fest an sich gedrückt.
Ich könnte spüren, dass auch er den Schmerz verspürte, der über mich gekommen war.

Ich spürte, die mein Körper zu zittern begann und erst Sekunden später realisierte ich, dass ich weinte. Ich weinte laut und ohne Hemmungen und ich spürte, dass er mich verstand... , dass er mich liebte.

Ich musste eingeschlafen sein. Nur für ein paar Sekunden, denn als ich aufwachte betrachteten mich seine Augen mit gemischten Gefühlen und bevor er auch nur irgendetwas sagem konnte, umschloss ich seinen Kopf mit meinen Händen und küsste ihn.
Ich küsste ihn so heftig, dass ich das Gefühl hatte, Blut zu schmecken.
Es dauerte nur einige Sekunden, bis seine Verwirrung in Lust übergeschwungen war, doch schließlich drückte auch er seine Lippen auf meine und erwiderte den Kuss mit einem leisen Grummeln.

Erst, als wir uns nach einer Unendlichkeit wieder von einander lösten, waren wir in der Lage uns zu beherrschen und wir küssten uns erneut, doch dieses Mal taten wir es so sanft, als hätten wir Angst, den anderen zu verletzen.
Mein Herz begann zu schmelzen und durch mich hindurch in seines zu gleiten, auf das wir auf Ewig verbunden waren.
Ich war Seins und er war Meins und wir gehörten nur uns ganz alleine.

Ich küsste ihn erneut und erneut und erneut und ich hatte nicht vor, je wieder damit aufzuhören.

Der Kampf um die Ewigkeit (Herr der Ringe/ Hobbit FF) {PAUSIERT)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt