Der letzte Kuss

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Sicht: Helene

Flo war da. Er war extra für mich gekommen. Mein Kopf dröhnte. Als ich meine Hand dagegen hielt, bemerkte ich, dass alles voller Blut war. Meine Erinnerungen waren leicht verschwommen, an die letzten Stunden konnte ich mich überhaupt nicht mehr erinnern.
Erst, als ich mich ein bisschen gesammelt hatte, versuchte ich mich irgendwie aufzurichten, um an die Tür zu gelangen. Flo wurde von diesem hässlichen Arschloch einfach weggeschleppt. Meine Angst stieg ins Unendliche. Erst jetzt spürte ich, was Florian die ganzen letzten Tage durchgemacht hat. Eine unglaubliche Liebe stieg in mir auf – er hat mich ewig gesucht und endlich gefunden. Ohne zu zögern kam er zu mir und wollte mich beschützen...

Ein lauter Knall riss mich aus meinen Gedanken. Ich zuckte hoch und fing augenblicklich an zu weinen. Ein höhnisches Lachen folgte, dann ging bei mir die Tür auf: „So Süße, gleich bist du dran... geh zu ihm und sag auf Wiedersehen." Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Er hatte es nicht wirklich getan.
So gut es ging rannte ich zu meinem Florian. Ich stürmte in das andere Zimmer – Flo lag auf dem Boden, überall Blut um ihn herum, seine Augen waren nur noch halb geöffnet, er atmete schwer und sehr laut. „Flo" hauchte ich, während ich mich neben ihn fallen ließ. Meine Hand streichelte die ganze Zeit über seine Wangen, meine wurden nur so von Tränen überströmt.
„Flo, du...du... musst bei mir bleiben... ich...ich...brauche dich...doch." Mir fehlten die Worte, ich konnte nur noch laut Schluchzen, bei ihm sein, ihn berühren. Sein Atem wurde immer flacher, es ging alles so schnell.
„Nicht gehen, bleib hier mein Schatz. Schau mich an!" Ich versuchte lauter zu werden, aber mir fehlte einfach die Kraft. Immer wieder gab ich ihn leichte Schläge, um zu verhindern, dass er bewusstlos wird. Mit der anderen Hand drückte ich auf seine Wunde, wo das Blut noch immer ungehalten floss. „Flo, bitte..." Ich weinte bitterlich – das war das Schlimmste Gefühl, was ich je erlebt habe. „Flo! Flo! FLO! Flo?" Seine Augen gingen ganz langsam zu. „Wach auf!!!!" schrie ich laut. Immer wieder rüttelte ich fest an seinem Körper. „Flo, aufwachen!!!!" Er kam einfach nicht zurück, er schaute mich nicht mehr an.
Erschöpft lehnte ich mich ein Stück zurück. Es brach mir das Herz ihn so zu sehen und das nur, weil er mir helfen wollte. „Bitte..." wimmerte ich leise „bitte...". Meine Hand wanderte ganz langsam zu seiner. Ich schreckte hoch, als mich eine starre Kälte durchfuhr.

Plötzlich erlangte ich wieder einen Schwung Energie. Ich setzt mich wieder richtig auf, lehnte mich über Flos Körper und streichelte durch sein Haar. Meine Tränen fielen genau auf sein Gesicht. Es wurde immer nasser.
„Florian, jetzt schau mich sofort an!!!!!! SOFORT!" Tatsächlich machte es den Anschein, dass er seine ganze Kraft zusammen nahm, um mir in die Augen zu schauen. Im Bruchteil einer Sekunde war er wieder bei mir.
„Da bist du ja!" flüsterte ich erleichtert und wischte ihm eine kleine Träne von der Wange. Auf meinen Lippen bildete sich ein liebevolles Lächeln. „He...lene..." wisperte er angestrengt. „Ja, mein Schatz. Es wird alles gut..." versuchte ich ihn zu beruhigen, obwohl ich selbst am Ende war. „Alles wird gut..." stammelte ich.

Plötzlich drückte er meine Hand immer fester. „I..ch..." – „Alles gut Flo, alles wird gut..." Irgendwie schaffte er es tatsächlich mich näher an ihn zu ziehen, sodass mein Ohr direkt an seinem Mund war. Er atmete ganz seltsam, was mir unheimliche Angst einjagte. „He...lene... ich...ich...liebe dich..." – „Ich weiß mein Schatz, ich liebe dich auch! Wir werden bald wieder ein richtiges Leben führen. Bald sind wir wieder zusammen und werden eine Familie gründen und unseren tollen Job ausführen und..." Mit schwachem Ton unterbrach mich mein Liebling: „Helene... ich liebe dich...über...über...alles. Küss mich..." Ich wusste worauf er hinaus wollte. Er hatte aufgegeben, aber da hat er die Rechnung ohne mich gemacht. „Ich dich auch, aber ich küsse dich erst, wenn du versorgt bist und wieder gesund wirst..." weinte ich vor mich hin, weil mir langsam bewusst wurde, dass es zu spät war.
„Küss mich!" hauchte er noch einmal. Ich beugte mich langsam über sein Gesicht, sodass sich unsere Lippen unglaublich nah waren. „Ich liebe dich. Werde glücklich mein Mäuschen." Ich schluchzte auf: „Aber..." Mit letzter Kraft drückte Flo mich an sich. Unsere Lippen versiegelten sich u einem wunderschönen Kuss, als wäre es unser erster gewesen. Es fühlte sich an, wie bei unserem ersten Date. Das Kribbeln im Bauch machte auf sich aufmerksam, ich sah noch genau diesen einen See, wo wir uns anfangs immer heimlich getroffen hatten, vor mir. Kurz musste ich lächeln, als ich mich langsam aus dem Kuss löste. Dann war ich wieder in der Realität angekommen.

„Flo?" fragte ich leise, unter Tränen, leidend. „Flo?" meine Stimme wurde immer schwächer, ich ließ mich zurückfallen. Seine Augen standen offen, er atmete nicht mehr. Es war vorbei...


Ein Kampf gegen die ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt