Florian

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Sicht: Florian

So langsam wunderte ich mich nicht mehr über Helenes Verhalten. Natürlich machte ich mir große Sorgen, aber nach so einem Tag war es klar, dass sie ziemlich verwirrt und durcheinander war. Nachdem ich mich ebenfalls bettfertig gemacht hatte, legte ich mich leise neben sie und schlief sofort ein.

Am nächsten Morgen lag mein Liebling wie ein Engel neben mir. Sie atmete noch gleichmäßig, was mir ein Zeichen gab, Frühstück zu besorgen. Helene mochte es nicht so in der Masse im Hotel zu essen, deswegen holten wir das Frühstück oft aufs Zimmer.
Schnell zog ich mich um und ging dann nach unten. Das Personal war ziemlich schnell und die Köche richteten uns ein wunderschönes Tablett an.
Sofort ging ich damit wieder hoch. Ganz leise öffnete ich die Tür und schaute zurückhaltend herein- immerhin wollte ich Helene nicht wecken. Doch das wäre nicht nötig gewesen, denn sie kam schon hektisch auf mich zugestürmt. Geradeso konnte ich das Tablett auf einer kleinen Kommode abstellen, denn sie fiel in meine Arme und fing an zu schluchzen.
„Schatz was ist denn?" fragte ich besorgt, während ich ihr über den Kopf strich. Sie drückte ich immer stärker an meinen Oberkörper. Geschickt versuchte ich mit meinem Bein die noch halb geöffnete Zimmertür zu schließen.
Ich führte meinen Schatz langsam zum Bett und setzte sie gleich neben mich auf die Kante. Leicht drückte ich sie von mir, um in ihre Augen zu schauen: „Liebling, bitte sag mir warum du weinst." – „Ach... ich..." sie stammelte so vor sich herum, dass ich fast kein Wort verstand „Ich dachte... du warst auf einmal weg. Und ich dachte..." Ich nahm Helene nochmal in meinen Arm: „Alles gut... ich bin doch hier. Ich war gerade mal zehn Minuten weg."
Mir leuchtete es nicht ein warum Helene so seltsam reagierte. Wir machten das doch immer so. Bevor ich etwas fragen konnte, redete sie weiter: „Ich habe mich so allein gefühlt, ich hatte Angst, dass du weg bist! Das dir etwas passiert ist." Kopfschüttelnd legte ich meine Hand an Helenes Wange: „Ach Mäuschen, was soll mir denn passiert sein?" Sie zog die Schultern nach und drückte ihr Gesicht schnell in meine Halsbeuge. „Bitte... bitte können wir in unsere Wohnung fahren und... und dort übernachten, in den Tagen, die wir hier sind?"
Helene tat mir so unendlich leid. Die Sache am Vortag schien sie wirklich zu beschäftigen. Unsere Wohnung war eine Stunde von der Halle entfernt, weswegen wir uns eigentlich entschlossen hatten, im Hotel zu übernachten. Aber ich spürte, dass unsere Wohnung besser wäre.
„Natürlich. Wir essen jetzt erstmal, danach packen wir unsere Sachen und bringen sie gleich in die Wohnung. Die Proben beginnen ja erst am Nachmittag." Helene nickte, ich holte das Essen zum Bett und wir versuchen die Zeit ein wenig zu genießen.

Nachdem der „Umzug" auch mit Uwe und Michael abgesprochen war, fuhren wir so schnell es ging in unsere Wohnung und packten unsere Koffer auf.
Helene ließ sich erleichtert aufs Sofa fallen und seufzte laut: „Ein Leben im Hotel ist eben doch nicht so schön, wie in einer eigenen Wohnung." – „Da hast du recht..." sagte ich leise, kurz bevor ich auf sie zu ging. Ich zog sie hoch und setzte sie danach auf meinen Schoß. Nebenbei rieb ich ihr über den Rücken und holte mir einen sanften Kuss ab.
„Aber komm Schatz, wir müssen jetzt leider gleich los zu den Proben." – „Jaaaaaa..." stöhnte Helene und stand blitzartig auf.

Die Proben vergingen schnell und schon war es wieder Abend. Ich hatte ein paar Kerzen aufgestellt und unsere Lieblings CD eingelegt. Helene kam in einem wunderschönen Kleid aus der Küche – zwei Weingläser in der Hand. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Die Sorgen schienen wie vergessen – das macht mich sehr froh.
Wir genossen einen tollen Abend, bis es immer leidenschaftlicher wurde. Langsam fuhr ich meinem Schatz unter das Top, dabei war immer mehr Haut von ihr zu sehen, bis ich es letztendlich hektisch über ihren Kopf zog. Danach machte ich mich an ihrer kurzen Hose zu schaffen, doch Helene legte ihren Finger auf meinen Mund und stoppte mich. „Jetzt bin ich dran..." hauchte sie in mein Ohr und führte ihre Hand zu meinem T-shirt. Schnell strich sie es mir vom Leib und danach begann eine sehr liebevolle, aber auch wilde Nacht, die wir letztendlich auf dem Sofa verbrachten, bis in die frühen Morgenstunden.

Sicht: Helene

Es tat so gut Flori bei mir zu haben – ich konnte einfach alle negativen Erlebnisse vergessen, nur durch seine Anwesenheit. Ich war schon sehr früh wach und konnte es mir nicht verkneifen meinen Schatz die ganze Zeit zu beobachten, bis er begann mit seinen Augen zu blinzeln.
Verschlafen hob er seine Hand, um mir eine Haarsträhne hinter das Ohr zu streichen. „Du bist wunderschön mein Engel." Ich legte ihm einen leichten Kuss auf die Stirn. Ich liebte ihn – unbeschreiblich.
Wir blieben noch lange einfach nebeneinander liegen, bis uns die Zeit dazu drängte aufzustehen. Langsam erhob ich meinen Körper, aber Flo drückte mich zurück. Dabei drehte er sich so, dass er über mir sah und genau in meine Augen blickte: „Wollen wir die Probe nicht einfach schwänzen?" – „Wie meinst du das?" Ganz aufmerksam legte er seine Hand auf meine Stirn: „Oh Gott Helene!!!" – „Was ist?" fragte ich erschrocken. „Du hast ja Fieber!" Langsam checkte ich worauf er hinaus wollte. Gespielt erschöpft schloss ich meine Augen und hüstelte: „Flo, mir ist so schlecht, mein Hals tut weh." Lange hielt diese Schauspielerei jedoch nicht an, denn wir konnten uns das Lachen kaum noch unterdrücken – bis es alles raus platzte. Wir endeten in einem lauten Lachanfall.
„Hach Flo..." seufzte ich, nachdem wir uns etwas beruhigt hatte „Das können wir doch nicht so einfach machen." – „Doch, doch" antwortete er energisch „Natürlich kann ich nicht den ganzen Tag fehlen, aber wenigstens könnten wir dann am Nachmittag etwas zusammen machen. Ich übernehme das."
Noch bevor ich ihm das ganze ausreden konnte, hatte er bereits Uwe an der anderen Leitung: „Ja, hallo Uwe, ich habe leider schlechte Nachrichten." Kurz herrschte Stille „Helene... hat... heute so schlimmer Kopfschmerzen und... auch ein bisschen Fieber. Ich glaube sie kann heute nicht kommen. Müssen wir extra den Arzt holen?" Wieder hörte ich nur eine schlecht verständliche Stimme am anderen Ende des Telefons. „Ja, ok... also ich bespreche das nachher noch mit Michael. Eigentlich wäre es mir lieb, wenn ich heute nur die drei Hauptstunden, also jetzt am Vormittag kommen müsste... ja... danke... sag ich ihr... tschüss."
Flori lächelte mich verschmitzt an: „Gute Besserung von Uwe. Du brauchst ausnahmsweise keine Krankschreibung." – „Du weißt schon, dass das verboten ist, was wir gerade machen." Florian stützte sich über mir ab und schaute mir tief in die Augen: „Ja ich weiß, aber es ist auch verboten so unglaublich toll auszusehen und mich so unglaublich oft um den Verstand zu bringen." Sofort versiegelten sich unsere Lippen zu einem intensiven Kuss.

Danach überwindeten wir endlich unseren inneren Schweinehund und bereiteten gemeinsam das Frühstück vor, dann musste Flo los – aber es waren zum Glück nur drei Stunden.

Als er die Wohnung verlassen hatte, beschloss ich mich erstmal an den Abwasch zu machen. Danach räumte ich etwas auf, goss die Pflanzen und setzte mich dann entspannt aufs Sofa – nebenbei schaltete ich den Fernseher ein.
Plötzlich machte sich mein handy bemerkbar. Eine Nachricht von meinem Liebling >Hey Maus, ich soll die gute Besserung von Meri und den anderen ausrichten. Ich vermisse dich, halte es kaum aus hier, bis dann :* <3 Flo<
Ein leichtes Schmunzeln überrannte meine Lippen, ich antwortete sofort. Gleich darauf kam noch eine SMS. Das ging aber schnell. Ohne auf die Nummer zu achten öffnete ich sie und fast blieb mein Herz stehen. >Er heißt Steve<. Mein Blick fiel auf die Nummer – sofort beherrschte Angst meinen Körper – es war SEINE.
>Wer?< schrieb ich zitternd zurück und wartete traurig auf eine Antwort. Traurig – ich hatte alles vergessen, nur durch die Zeit mit Florian und trotzdem lässt mich der Typ nicht in Ruhe.

Ein Klingeln hielt mich davon ab, weiter mein Handy zu beobachten. Leicht zurückhaltend öffnete ich die Tür. Vor mir ein fremder Mann. Sein gehässiger Blick. Dunkle Haare. Fiese Augen.
„Steve?" fragte ich leise, ängstlich, schon was ohne Stimme. Er nickte und schubste mich herein. „Na Süße? Hat die Marc schon geschrieben?" So hieß er also >Marc<. Das klingt schon so.

Ich nickte schüchtern. Seine Augen betrachteten mich. Durchlöcherten mich fast. Ich fühlte mich nackt. Steve kam näher auf mich zu. Er packte meinen Arm – richtig fest. Seinen Mund führte er immer näher an mein Ohr: „Ich soll ich nochmal daran erinnern, dass du aufpassen sollst, ob und wem du etwas verrätst." Ich schluckte, nickte aber sofort. „Ok gut... dann gehe ich jetzt wieder. Ich freue mich schon auf deine Freundin." – „Welche Freundin?" fragte ich geschockt und mit stärkerer Stimme. „Wie heißt die Kleine? Maria?" Nein, das durfte nicht wahr sein.
„Lasst sie in Ruhe!" Durch abschütteln befreite ich mich aus einem, immer noch sehr festen Griff. Das höhnische Lachen verdrängte meine Stärke und nun wollte ich nur noch alleine sein und diesen Albtraum vergessen.
„Nein, die Kleine ist echt niedlich. Wir werden unseren Spaß haben... dafür muss ich jetzt leider gehen. Bis später He-len-chen." Er spuckte meinen Namen laut und deutlich aus. Nochmal drückte er fest zu, sodass ein starker, stechender Schmerz meinen Arm durchzog und ich mich leicht krümmte. Bevor ich etwas tun konnte, war er aus der Tür verschwunden. Einsamkeit. Hilflosigkeit. Angst.


Ein Kampf gegen die ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt