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Goliath galoppierte schnell. Seine Bewegungen waren so anmutig, dass Isabeau glaubte, er würde den Boden gar nicht berühren.

Isabeau fühlte sich so frei, wie sie es nur konnte, wenn sie mit Goliath ausritt. Wenn die Windgeister um ihre Ohren flogen, wenn sie das sanfte Rauschen der Flüsse in der Umgebung hören konnte und wenn sie den Vöglein beim singen lauschen konnte.

Ihr Ziel war der große See am Waldrand, wo sie fast jeden Tag hinritt um einfach auszuspannen, von dem manchmal sehr stressigen Alltag.

Jeden Tag suchten mindestens 100 Katilayer ihre Eltern auf um sich bei ihnen über ihre Probleme zu beklagen.

Das war ziemlich anstrengend, denn Isabeau und ihre Brüder mussten immer helfen beim Lösen dieser Probleme.

Nachdem Goliath sich durch den langen Ritt eine Weile austoben konnte, kamen sie an den See an. Am gegenüberliegenden Ufer begann der Wald mit seinen großen, majestätischen Bäumen, während auf der anderen Seite genau ein einziger Baum allein stand.

Isabeau liebte diesen Ort. Sie sprang von Goliaths Rücken und lief zu der hohen Trauerweide - ihrem Lebensbaum.
Er hatte genau zu dem Zeitpunkt begonnen, seine ersten Blätter zu tragen, als sie geboren wurde.

Sanft strich Isabeau die langen Zweige auseinander und trat hindurch.

Unter dem Schutz der Zweige, war das Tageslicht abgemildert und die Sonne erreichte nur durch kleine Lücken den Boden unter den Zweigen.

Der Baum faszinierte sie, denn er war nicht wie jeder andere gerade in den Himmel hinauf gewachsen. Sein Stamm hatte bereits kurz vor dem Boden eine Kurve gemacht, sodass er ein Stück weit waagrecht über den See hinaus wuchs, und schließlich erst wieder senkrecht wurde.

Isabeau war oft hier, vor allem Nachts, wenn der wunderbare Zauber erst begann. Dann saß sie auf dem Stamm des Baumes und beobachtete die zahlreichen Glühwürmchen die sich in den starken Wurzeln des Baumes ihr Zuhause gefunden hatten und nur Nachts zum Vorschein kamen.

Auch jetzt setzte sich Isabeau auf den Stamm des Baumes und lauschte den Singvögeln, während sie den Bewegungen der kleinen Fische im See beobachtete.

Irgendwann erinnerte sie sich, dass Tante Amy es hasste wenn die zu spät zum Essen nach Hause kam. Tante Amy war für Isabeau immer wie eine zweite Mutter gewesen und sie wollte sie nicht enttäuschen.

Schnell sprang sie vom Stamm der Weide und lief zurück zu Goliath, der vor den langen Zweigen brav gewartet hatte.

Sie stieg auf seinen Rücken und ritt im Galopp nach Hause.

Nach kurzer Zeit waren sie angekommen. Isabeau brachte Goliath auf die Weide und versorgte ihn noch schnell, bevor sie in den Gemeinschaftsraum der Burg rannte.

Die ganze Familie saß bereits bei Tisch. Alle warteten nur noch auf sie.

"Tut mir leid!", entschuldigte sie sich schnell und setzte sich zu den anderen.

Dann kam auch schon Tante Amy und brachte ihr frisch zubereitetes Essen.

Wolken über Katilaya Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt