Kapitel 6

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Ich blinzelte, grelles Licht schien mir in die Augen und ich hielt meine Hand schützend vor mein Gesicht, in der Hoffnung so etwas erkennen zu können. Zwei Scheinwerfer waren direkt auf mich gerichtet und ein Tosender Applaus war zu hören. Ich wusste nicht wo ich war oder was ich hier sollte. Kurze Zeit später stand ein junger Mann mit einem Mikro neben mir und Fragte nach meinem Namen. Ich zögerte. „Julie", antwortete ich knapp, dann sagte er etwas wie ‚Und ich bitte um einen tosenden Applaus für Julie', doch wurde dies durch ein Tinnitus ähnliches Geräusch übertönt und ich nahm alles nur gedämpft wahr. Ich sah wie die Menschen um mich herum wieder anfingen zu klatschen, doch hörte ich nur das Rauschen des Blutes in meinen Ohren. Mein Herz Klopfte mir bis zum Hals, ich wusste nicht was ich machen sollte, doch da reichte mir der junge Mann auch schon seine Hand. Völlig perplex ergriff ich diese. Meine Hand wirkte, im Gegensatz zu seiner, ziemlich klein und zierlich. Er holte mich aus der Reihe in den mittel Gang und wir gingen gemeinsam, Hand in Hand, Richtung Bühne. Ich spürte den kalten Boden unter meinen Füßen und blickte an mir herab. An meinem Körper trug ich ein Kleid, welches sich wie Wasser an mich schmiegte und den Eindruck hinterließ, an mir herunter zu fließen. Es glich einer Optischen Täuschung. Der Weg zur Bühne schien endlos und so tapste ich dem jungen Mann, wie ein kleines Kind hinter her. Mit jedem Schritt spürte ich die Kälte des Bodens intensiver. Kein Wunder, denn ich trug keine Schuhe. Doch ich war mir sicher dass ich vorhin noch welche an hatte. Als wir an der Bühne ankamen, deutete er auf den weißen eleganten Barhocker, der neben einem Schwarzen Flügel stand. Ich setzte mich und schlug ein Bein über das andere, und meine Zehen lugten unter dem Kleid hervor. Eine sanfte Stimme ertöne. „Und jetzt bitte etwas Romantisches Bruder, für mich und Julie" Ich kannte diese Stimme, ich hatte sie schon einmal gehört und würde sie wahrscheinlich so schnell nicht mehr vergessen. Sie hatte sich wie heißes Eisen in mein Gedächtnis gebrannt. Leise klänge gingen von dem Flügel aus und Andreas begann zu spielen. Trotz der sanften Melodie, spürte ich wie angespannt ich doch war. Jede Faser meines Körpers versteifte sich und auch mein Herz fing wieder an wie wild zu pochen. Chris der neben mir stand, holte eine Art Seidenpapier aus seiner Tasche, schaute mich an und reichte es mir. „Ein Papier. Nimm es mal in die Hand und untersuche es." Ich nahm das Papier, drehte und wendete es, konnte aber nichts Außergewöhnliches feststellen und gab es ihm zurück. „Ein Papier", gab er lächelnd von sich. „Schau genau zu was damit passiert." Er zerknüllte das Papier in seiner Hand, wobei ich seine Bewegungen genauestens verfolgte. Dann legte er das Papierknäuel auf seine linke flache Hand und bewegte die Finger seiner rechten Hand so, als würde er das Papier kitzeln. Ganz langsam fing es an sich zu bewegen und einige Zentimeter in die Luft zu steigen. Er ließ es einmal um seine Hand fliegen. Völlig verblüfft schaute ich dem Spektakel zu, abwechselnd zum Papier und dann wieder zu Chris, wobei er ein schelmisches grinsen auf den Lippen hatte. Das Papier schwebte in der Luft und er ließ es dann wieder auf seine Hand fallen. Das Publikum klatschte und auch ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Jetzt Du.", sagte er und nahm meine linke Hand. Ich streckte sie aus, so wie er es zuvor tat und er legte mir das Knäuel in drauf. Mit derselben Geste vor zuvor, zeigte er mir ich solle es ihm gleich tun und tatsächlich, das Papierknäuel begann zu tanzen. Es stieg immer höher. Chris nahm meine untere Hand weg und es schwebte in der Luft. Dann nahm auch er seine Hand und wir ließen es gemeinsam fliegen. Es war ein sehr schöner Moment und ich vergas alles um mich herum. Das Publikum und auch Andreas. Chris ließ das Papier wieder auf seiner Hand landen, nahm mein Handgelenk und hielt meinen Arm in die Höhe. „Dein Applause" Ich lächelte, denn das Publikum applaudierte. Doch es ging noch weiter. Er nahm das Papier und faltete es auseinander. „Ein Papier. Doch es geht noch h weiter. Schau genau zu.", flüsterte er und begann das Papier wie einen Trichter zu falten. Wieder schaute ich abwechselnd zu ihm und zu dem Papier. Und auch er schaut mich an. Es schien, als würden mich seine braunen Augen durch bohren und mein Herzbegann abermals wie wild zu pochen. Er faltete es immer weiter und es entstand eine Papierrose, an der er roch als diese fertig war. Dann legte er sie auf seine Hand und dasselbe Spiel wie bei dem Papierknäuel vorher begann. Sie schwebte durch die Luft. Das Publikum begann zu applaudieren. Ich sah wie er ein Feuerzeug aus seiner Jackentasche holte, die Papierrose anzündete, wobei eine Stichflamme entstand und sich in eine echte verwandelte. Ich beobachte das ganze voller Hingabe und war verzaubert. Er hielt die Rose in der Hand und deutet auf seine Wange. Ich drehte meinen Kopf, wobei ich ihm gerade ein Küsschen auf die Wange drücken wollte, doch in diesem Moment drehte er seinen Kopf und seine Lippen trafen meine. Ich schloss die Augen und gab mich vollkommen meinen Gefühlen hin. Wir küssten uns leidenschaftlich, doch nach kurzer Zeit musste ich mich von ihm lösen, da ich keine Luft mehr bekam. Ich öffnete meine Augen und wäre beinahe vom Stuhl gefallen. Sein Gesicht hatte sich in eine hässliche Fratze verwandelt und die wunderschöne Rose, die er bis eben noch in der Hand hielt, war verwelkt. Seine Hände hatten sich in klauen verwandelt und fetzen hingen ihm von Gesicht runter. Mein Herzschlag ging schnell und unregelmäßig, doch nicht etwas so wie vorhin. Es war die blanke Angst die sich in mir breit machte. Wie angewurzelt saß ich auf dem weißen Barhocker, doch schlürfende Geräusche ließen mich hellhörig werden und ich blickte mich um. Auch Andreas sah nicht mehr so aus, wie vor ein paar Minuten. Die Musik war verstummt und er kam auf mich zu. Langsam und schlürfend. Seine Augen waren so pechschwarz wie die Nacht und es herrschte eine leere in ihnen, wie ich es nicht für möglich hielt. Sie alle waren nur noch Seelenlose Körper die es auf mich abgesehen hatten. Ich sprang vom Barhocker und rannte hinter die Seiteneingänge der Bühne. Zum Glück war ich Barfüßig, so konnte ich schneller rennen. Ich versteckte mich hinter einen großen schweren Vorhang. Es herrschte stille, nichts und niemand war zu hören. Das Blut rauschte durch meine Kopf und wieder war es ein Tinnitus artiges Geräusch war sich in mir breit machte. Mit dem Rücken rutschte ich an dem schweren Vorhang hinab und hielt mir die Ohren zu. Wollte einfach nur noch weg von hier, doch ich wusste nicht wie. Ich hockte in dieser Ecke und wog mich in Sicherheit, doch bemerkte ich nicht das röcheln und die Schlürfenden Geräusche die sich mir näherten. Kurze Zeit später öffnete ich meine Augen und ich sah, wie eines dieser Monster auf mich zukam. Rück zuck stand ich auf und rannte wieder auf die Bühne. Chris und Andreas waren nicht mehr da. Die schmatzenden Geräusche ließen mich zur Tür am Ende des Ganges blicken, dort war eine Herde von Menschenfressenden Monstern und ich witterte meine Chance. Ohne zu überlegen, sprintete ich los zum rechten Seiten Eingang. Da ich so schnell wie konnte rannte, übersah ich die letzte Stufe der Treppe an der Bühne und fiel polternd hinab. Das schienen die Monster zu merken und machten sich auf den Weg zu mir. Da sie langsamer als ich waren, würde ich schneller an der Tür sein als sie. Ich versuchte auf zustehen und schrie unter Schmerzen auf. Ich hatte mir den Fuß verknackst, doch es half nichts. Wenn ich hier lebend raus wollte musste ich es zur Tür schaffen. Und so schleppte ich mich schlürfend und unter Schmerzen Richtung Tür. Dort angekommen, breitete sich ein erleichterndes lächeln auf meinen Lippen aus. Endlich raus hier. Doch meine Hoffnung erstarb, als ich an der Klinke der Tür rüttelte. Sie war abgeschlossen. „Nein!", schrie ich. Ich rüttelte weiter und weiter, doch die Tür wollte sich nicht offenen. Das röcheln hinter mir wurde lauter und ich drehte mich um. Ich sah einem von ihnen direkt in die Augen und erkannte wer da vor mir stand, denn er hielt die verwelkte Rose noch immer in der Hand. Heiße tränen liefen meine Wangen hinab und ich begann zu schluchzten. „Bitte.", japste ich von meinen Tränen erstickt, doch er konnte mich nicht hören. Es war nicht mehr Chris, der da vor mir stand. Keiner von ihnen war mehr er selbst. Es waren nur noch seelenlose Körper. Ich versuchte rückwärts zugehen, doch schon nach ein paar Schritten, hatte ich dir kalte metallene Tür im Rücken. Das Monster, was vor wenigen Minuten noch Chris war, kam immer näher auf mich zu. Ich verschränkte die Arme vor meinem Gesicht, als dieser nach mir packen wollte. „Neeeeeiiiinnnn!" ...

Und ein schmerz und voll Trauer erfüllter schriller Schrei, ließ mich aus meinem Traum hoch schrecken.



"Only Just A Dream?"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt