„Waaaas?", ungläubig und mit offenem Mund starrte Chris mich an. „Schlittschuh laufen?" Man konnte ihm die Panik regelrecht ansehen, doch wusste ich nicht warum. Nur Andreas kugelte sich vor Lachen. „Hör auf, das ist nicht lustig", entgegnete Chris seinem älteren Bruder, der noch immer lachte. „Was ist denn so lustig, wenn ich fragen darf?" Auch ich blickte Andreas mit leicht verwirrtem Blick an. „Nun ja", begann er, „Chris kann nicht sehr gut Schlittschuh laufen. Das war schon so als wir klein waren. Bei jedem zweiten Schritt ist er hingefallen." Daher wehte also der Wind. Und nun möchte er sich nicht die Blöße geben und sich vor mir auf die Nase legen. Niedlich. „Ach komm schon Chris. Das wird sicher lustig.", ich blickte ihn an, direkt in seine Haselnussbraunen Augen und wartete seine Reaktion ab. „Das wird es, aufjedenfall!", gab Andreas lachend von sich, bevor seine Frau ihn tadelte, dass er seinen Bruder nicht so ärgern sollte. „Na gut. Ich komm mit", entgegnete Chris, der von allen in der Runde erwartungsvoll angeschaut wurde. Die Kids freuten sich und auch mein Herz machte einen kleinen Satz. Nachdem wir alle Plätzchen aufgegessen und die heiße Schokolade ausgetrunken hatten, zogen wir uns unsere Wintersachen an und gingen zu den Autos. Andreas nahm Angelika mit, während Chris und ich wieder in seinen Golf stiegen. Ebenso elegant, wie Chris das Auto von meinem Hof manövrierte, tat es auch Andreas. Es war einfach unverkennbar das sie Geschwister waren. Wir folgten Andreas. Ich freute mich wie ein kleines Kind, das wir Schlittschuhlaufen würden. Ich liebte den Winter, den Schnee und alles was dazu gehörte, so durfte auch das Schlittschuhfahren nicht fehlen. Und insgeheim freute ich mich drauf Chris auf Schlittschuhen zu sehen. Wenn ich Andreas trauen konnte würde das ziemlich lustig werden. Im Auto schaltete ich das Radio ein, da ich immer Musik um mich brauchte. Wieder kam ein passender Song wie ich fand und ich summte leise die Melodie von „Thinking out Loud" mit. So fuhren wir eine Weile und es herrschte stille, nur die Musik, die leise aus dem Autoradio drang war zu vernehmen. Doch war es keine unangenehme Stille, ganz im Gegenteil. Ich genoss es der Musik zu lauschen und einen Moment abschalten zu können. Nach einer Weile kamen wir an einem Sportzentrum an was "Im kleinen Felde" hieß. Dort befand sich die Eishalle. Wir suchen uns einen Parkplatz neben Andreas und stiegen aus. Währenddessen rannten die Kids schon los. Man hörte Kate nur noch hinter herrufen, das sie vorsichtig sein sollten, da es Glatt war. Dann nahm sie Andreas' Hand und so liefen sie Hand in Hand Richtung Eingang, und Angelika neben den beiden her. Auch ich war noch immer voller Vorfreude und strahlte von einem zum anderen Ohr. Daher ging ich einen Schritt schneller als Chris, der immer noch nicht so Glücklich darüber war, das wir jetzt wirklich Eislaufen gingen. „Hast du dir das wirklich gut überlegt", fragte er. Ich drehte mich zu ihm um, wobei meine Haare im seichten Wind sanft wehten und ich ihm aufmuntern zu lächelte. „Natürlich, das wird wundervoll. Ich war schon lange nicht mehr Eislaufen", lachend streckte ich ihm meine Hand entgegen, welche er ergriff und mich in einer Pirouette im Kreis drehte. Ich lächelte noch immer und Glücksgefühle machten sich in mir breit. Als ich wieder stand, blickte ich abermals in seine wundervollen Haselnussbraunen Augen, bevor er sich zu mir runter beugte und ich seine weichen Lippen auf meinen spürte. Ganz sanft war dieser Kuss, doch hatte er eine Intensität, die mir den Atem raubte und meinen ganzen Körper kribbeln lies. Er nahm meine Hand als er sich von mir löste und so gingen wir ebenfalls Richtung Eingang. Andreas und der Rest der Familie waren schon vorne und warteten auf uns. Ich rechnete schon mit einem doofen Spruch von ihm, doch es kam keiner. Anscheinend hatte Kate etwas gesagt, denn es kam nur ein „Na dann wollen wir mal." Wir betraten die Halle und warteten an einer der längeren Schlangen vor einer Kasse. Offenbar hatten heute mehrere die Idee gehabt Eislaufen zu gehen. Nachdem wir endlich an der Kasse waren, Andreas der Dame die Anzahl der Personen nannte die wir waren und bezahlen wollte, drängelte Angelika sich etwas vor ihren Sohn und zückte ihr Portemonnaie. „Steck das mal wieder ein. Ich mach das schon." Mit diesen Worten nahm diese ihr Geld und reichte es der Dame an der Kasse. Diese gab uns unsere Eintrittskarten und schon konnte der Spaß losgehen. Vorher jedoch mussten wir uns noch unsere Schlittschuhe holen. Dazu mussten wir eine Treppe hinunter gehen, wo wir im Keller zu der Schuhvergabe kamen. Diesmal stellten Chris und ich uns an. Vorher haben wir noch die Schuhgrößen der anderen erfragt, so würde es hoffentlich nicht so lange dauern. Nach zehn Minuten kamen wir mit einer Fuhre Schlittschuhe zurück und gaben jedem ein paar. Selbst Angelika würde mit uns aufs Eis kommen. Als wir alle unsere Schuhe an hatten ging es los. Wir liefen durch eine Unterführung zu den Banderolen, legten unsere Sachen ab und machten uns auf den Weg zur Eisfläche. Da ich es kaum abwarten konnte, und mich sowieso schon die ganze Zeit freute, lief ich ohne auf Chris zu warten los, rauf aufs Eis. Musik ertönte und mein Grinsen wurde breiter. Der DJ hinter dem Pult, der die „Eiszeit" eröffnete, spielte „Euphoria" von Loreen. Zu den Klängen der Musik, begann ich Rhythmisch auf dem Eis los zu laufen. Drehte Pirouetten, lief Rückwärst und machte Kunststücke. Keiner wusste dass ich früher im Eiskunstlauf war. Daher staunen sie nicht schlecht, als ich meine Runden drehte. Ich sah wie Chris der Mund offen stehen blieb, im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem ich die ersten Runden hinter mir hatte, winkte ich den Kids von Andreas zu, welche auch ihren Runden drehte. Sophie lief zusammen mit ihrer Oma in einem gemächlichen Tempo über das Eis und die Jungs spielten sowas wie Fange. Dann fuhr ich an die Banden, wo Chris stand und sich festhielt. „Na du. Lust 'ne Runde zu drehen?", meinte ich etwas außer Atem und zwinkerte ihm zu. Mit etwas entsetztem Blick schaute er mich an. Ich lachte. „Keine Angst, ich mach nicht so schnell wie grade." Diesmal reichte ich ihm beide Hände und wieder ergriff er sie. Ich stand ihm gegenüber und konnte ihn anschauen. Langsam setzte ich mich mit Rückwärts Schritten in Bewegung und zog ihn so mit mir mit. „Lass mich bloß nicht los, sonst liege ich hier gleich auf dem Boden", meinte er, wobei er immer wieder nach unten schaute, um ja nicht zu stolpern. „Schau mich an. Das ist alles nur Kopfsache, wenn du denkst dass du fällst, dann wirst du auch fallen. Also Kopf hoch und mich anschauen.", mit diesen Worten schaute er mich an und brachte mich beinahe vollkommen aus dem Konzept, wobei ich mir das nicht anmerken ließ. Schließlich wollte ich nicht dass wir nachher beide auf dem Eis lagen. Wobei das sicherlich ein lustiges Bild wäre. Chris blickte mir in die Augen und ich ihm, während ich langsam immer etwas schneller wurde. „Du machst das sehr gut", meinte ich und schaute mal immer wieder hinter mich, in der Hoffnung mit niemandem zusammen zu knallen. So fuhren wir Hand in Hand über die Eisfläche. Der DJ musste das lustig finden, wir zwei zwischen all den Leuten und ich brachte Chris bei, sicher auf dem Eis zu stehen. Er legte eine neue Platte auf, wobei es sich diesmal um einen Song aus „La Boum2 - die Fete geht weiter" handelte. Er spielte nichts Geringeres „Your eyes" von Cook da Books. Ich schmunzelte. „Your Eyes" traf es sehr gut. Auf dem Eis wurde das Gewusel größer und alle Pärchen die sich auf dem Eis befanden, fingen an gemeinsam Schlittschuh zulaufen. Da ich mir nun sicher war, das Chris alleine sehr gut laufen konnte, gab ich ihm einen Kuss auf die Wange und sauste Rückwärst davon. Ich winkte ihm zu, machte eine Pirouette und lief los. Zwischen alle den Pärchen durch und zeigte dem DJ einen Daumen nach oben. Dieser lächelte nur und zwinkerte mir zu. Immer wieder beobachtet ich Chris, nachdem ich ihn da einfach so ins kalte Wasser geschmissen hatte. Er machte das ziemlich gut und als sich der Song dem Ende näherte, fuhr ich wieder zu ihm und bremste gekonnt vor seiner Nase. „Na sieh mal einer an, wer ist denn da am Eis laufen.", ich drehte Kreise um ihn und der DJ spielte nun einen Flotteren Song. „Na warte, das gibt Rache." Bei diesen Worten funkelten Chris seine Augen auf und ich blieb kurz vor ihm stehen und sagte: „Dazu musst du mich erstmal Schnappen!" Das ließ er sich nicht dreimal sagen, denn kurz nach dem ich die Worte ausgesprochen hatte, düste ich wie der Blitz los und er mir hinter her. Ich war ziemlich stolz auf ihn, hatte er doch die Angst des Hinfallens aus Kindertagen vergessen und bewegte sich nun souverän auf dem Eis. Wir jagten uns gegenseitig eine ganze Zeit und hatten sehr viel Spaß zusammen und merkten gar nicht wie die Zeit verging. Erst als der DJ den Titel „Wer hat an der Uhr gedreht" spielte, bemerkten wir, wie spät es tatsächlich geworden war. Chris ergriff meine Hand und wir fuhren zusammen zu den Banderolen, wo unsere Sachen lagen. Dort warteten auch schon Andreas und der Rest. „Ihr scheint ja wirklich viel Spaß gehabt zu haben", meinte Kate und lächelte mir zu. Ich setzte mich auf die Bank und zog mir die Schlittschuhe aus. „Oh es war wundervoll. Und anscheinend habt ihr nun einen Eiskunstläufer mehr in der Familie.", witzelte ich und schaute zu Chris, welcher mir in die Seite knuffte. Dabei legte ich kurz meinen Kopf auf seine Schulter und schloss die Augen. Im Hintergrund hörte ich nur, wie Kate zu Andreas oder Angelika flüsterte ‚Süß die zwei'. Als ich meine Augen wieder öffnete und meinen Kopf hob, waren alle fertig und wir machten uns bereit zum Gehen. Wir liefen zu den Autos und verabschiedeten uns. „Fahrt vorsichtig. Wir treffen uns zu Hause.", sagte Andreas bevor er ins Auto stieg und los fuhr. Dann gingen auch wir ins Auto und machten uns auf den Heimweg.