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Ich stellte meine Laptoptasche auf dem Tisch ab, flitzet schnell zurück zum Thresen, schnappte mir den bestellten Kaffee und setzte mich zu Jia. Sie hockte bereits vor irgendwelchen Formularen, die schwarze Hornbrille auf der Nase und tief über die Blätter gelehnt.

"Du machst dir damit den Rücken kaputt", bemerkte ich und nippte an dem noch heißen Kaffee.

"Ja, Mama", antwortete sie und ich rollte mit den Augen.

Ich packte meine Sachen aus und streckte mich ein letztes Mal, bis ich mich an die Arbeit setzte. Dies hier war mittlerweile ein Ritual von Jia und mir: Um halb eins am Mittag trafen wir uns hier im Café, tranken unseren Kaffee und Tee und arbeiteten an Aufträgen. Zusammen war die stundenlange Recherche erträglicher als wenn man Zuhause alleine auf der Couch saß. Außerdem war Yoora um diese Zeit immer zu Hause, meistens mit einem Kater, und so ging ich ihr erfolgreich aus dem Weg. Das soll nicht falsch klingen, ich liebte meine Schwester. Irgendwie. Jedoch konnte sie unfassbar streitsüchtig und gereizt sein, wenn sie noch zu viel Alkohol im Körper hatte und das konnte ich echt nicht haben, wenn ich mich auf meine Abreit konzentrieren musste. Und ihre ständigen Fragen über meine Kunden waren auch nervig.

"Wie läuft es so Zuhause?", fragte sie.

"Jiho hat immer noch keinen Job und Yoora hat viel zu tun mit ihrer Kolumne. Aber Zeit mich zu nerven findet sie trotzdem noch", murmelte ich und Jia nickte wissend.

"Also wie immer."

Auch wenn sie es vor mir nie zugeben würde, wusste ich dass die Yoora nicht ausstehen konnte. Die beiden legen sich ständig miteinander an, wahrscheinlich weil sie sich in manchen Punkten einfach sehr ähnlich waren. Trotzdem verbrachte ich lieber Zeit mit meiner Freundin, als mit meiner unreifen Schwester.

"Sind alle gesund bei dir?", fragte ich.

"Ja, alles gut", erwiderte Jia.

Sie lebte noch bei ihren Eltern, da sie nach der Schule erst einmal auf den Führerschein und das Auto gespart hätte. Die Wohnungen hier in der Gegend waren sehr teuer, weshalb sie noch immer in dem kleinen Zimmer in ihrem Elternhaus lebte. Aber sie beschwerte sich nicht, schließlich wurde jeden Tag frisch für sie gekocht und ihre Wäsche gewaschen. Bei uns im Haus war ich eher die Hausfrau.

Jia begann leise Musik zu spielen und ich lauschte den leisen Klängen, während ich auf speziellen Websiten nach vertraulichen Immobilienvermieter schaute. Ich brauchte eine ganze Weile, bis ich mich endlich in den richtigen Netzwerken bewegte und mir bereits ein paar Telefonnummern aufschrieb. Ich spürte ihren Blick auf mir, seufzte und hob den Kopf.

"Ja ich hab sie ihm gegeben."

"Ich wusste es! Du bist die Beste", quiekte sie und ich lachte.

"Was hat er gesagt?"

"Es gab ein kleines Missverständnis..."

"Was meinst du?!", fragte sie neugierig.

Ich erklärte ihr, wie er mich falsch verstanden hatte, doch anstatt böse auf mich zu sein erntete ich nur ein belustigtes Grinsen.

"Wir werden ja sehen, was über dich denkt, wenn er anruft."

"Glaubst du wirklich, er wird anrufen?", fragte ich vorsichtig und klappte den Laptop leicht zu um ihr besser ins Gesicht sehen zu können.

"Ich denke schon. Er hätte die Nummer auch ablehnen können, aber er hat sie doch genommen."

Das war wahr. Ich schüttelte den Kopf um ihn schnell aus meinen Gedanken zu verbannen und mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren zu können. Auch wenn ich bereits sehr viel schwierigere Aufträge gehabt hatte, stellte es sich als schwer heraus das perfekte Haus zu finden. Ich hatte noch zwei Tage, an denen ich noch einen zuverlässigen Fahrservice, Angestellten und Sicherheitspersonal anheuern musste. Dazu müsste ich das Hab und Gut der Jungen anliefern lassen und das Haus müsste noch ausgestattet werden.

"Wie kommst du voran?", fragte ich sie, während ich über den Bildschirm scrollte und mir die äußere Ansicht ein paar Häuser anschaute.

"Frag nicht", murmelte sie und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.

"Bei mir nicht anders."

"Ich würde aber lieber für EXO arbeiten, als für irgend so ein reiches Schnöselpaar mit vier Hunden..."

"Ich dachte, du wolltest Kai nicht als Angestellte gegenüber treten?"

Sie schwieg geschlagen in Anbetracht ihres eigenen Widerspruchs. Ich konnte sie aber verstehen, denn so mehr Geld Menschen hatten, umso weniger scherten sie sich um ihre Mitmenschen. Und besonders die Angestellten liebten sie zu triezen.

Nach einer weiteren Stunde Arbeit würde ich endlich fündig und notierte mir sogleich die Adresse des Hauses und die Kontaktdaten der Vermieter. Dieses Haus war perfekt: Viele Räume, viele Badezimmer, viel Platz, helle und gemütliche Ausstattung, Ankleideraum und sogar einen kleinen Garten umgeben von hohen Hecken. Und die Lage war perfekt, denn ich hatte noch nie etwas von diesem Ort gehört, wobei er gar nicht so weit weg lag.

Erleichtert lehnte ich mich zurück und streckte die Arme über den Kopf aus. Jia kaute gerade auf einem Bleistift herum, während sie ihre Notizen noch einmal überlas. Ich würde mir das Haus hoffentlich morgen anschauen können und dann den Mietvertrag unterschreiben. Danach konnte ich mich um alles andere kümmern.

"Mein Kopf raucht", murmelte meine Freundin und sah frustriert von dem vollgeschriebenen Zettel auf.

"Und ich habe so eben meinen letzten freien Tag aufgeopfert."

"Wir alle müssen Opfer bringen", murmelte sie. "Ich werde hier auch noch weiter dran arbeiten müssen. Ich bin morgen aber verabredet, also werde ich wohl heute Nacht durcharbeiten.

"Noch einen Kaffee?", fragte ich und blickte auf die Uhr meines Handys.

Yoora hatte mir geschrieben, wo ich steckte.
'Arbeiten', antwortete ich und sie sendete mir ein Bild von einem meiner Sommerkleider.
'Darf ich das anziehen?'
'Meinetwegen. Aber leg es später wieder ordentlich zurück.'
'Ja, Mama', antwortete sie und ich schüttelte leicht den Kopf.

Wieso sagte das ständig jeder? Ich mochte nun mal Ordnung und das war wirklich nicht zu viel verlangt.

"Ja gerne", murmelte sie und wir erhoben und von unseren Stühlen um noch etwas Koffein in uns hereinzuschlüpfen. Was man nicht alles für den Job tat.

~My beautiful Black Pearl~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt