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Es klingelte an der Tür, doch ich bewegte mich keinen Zentimeter. Meine Augen waren geschlossen, doch ich schlief nicht, ich war nicht einmal ansatzweise müde. Ich lag einfach nur da, meinen Kopf auf seiner Brust und dem stetigen Pochen seines Herzens lauschen. Auch er schlief nicht, doch er sagte sich nichts, blieb einfach nur so liegen und das Einzige sich bewegende war sein Zeigefinger, der beruhigende Kreise auf meinen Arm malte. Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal so entspannt war.

Chanyeol erhob sich aus seiner liegenden Position, drückte einen Knopf an der Wand und ein kurzes Piepen ertönte durch das Haus. Es war praktisch, die Tür auch einfach von der Couch aus zu öffnen. Das hätte ich auch gerne in meiner Wohnung, ich würde mich nie wieder bewegen.

Ich hörte Jias Schritte im Flur und wie sie sich die Schuhe auszog, worauf sich die Tür öffnete und ich mich widerwillig von Jongdaes Brust löste. Er richtete sich ebenfalls auf, fixierte aber den Fernseher mit dem Blick, als würde er aufmerksam zu schauen. Jia schleppte eine Tasche herein und ich erhob mich um ihr entgegen zu kommen. Und sofort vermisste ich seine Wärme und Nähe.

"Danke, du bist die Beste!", meinte ich und schloss meine Freundin in die Arme.

"Dafür bin ich ja da. Ich muss jetzt aber schon wieder los, ich muss noch einen Auftrag bearbeiten."

Heute war Samstag. Normalerweise würde wir jetzt in unserem Stammcafé an unserem Stammtisch sitzen und synchron Kaffee schlürfen und auf die Tastaturen einhacken. Stattdessen war ich hier.

Ich schloss sie erneut in meine Arme und sie drückte mir einen Kuss auf den Haaransatz wie eine sich kümmernde Mutter.

"Bau keinen Scheiß, während ich weg bin!"

"Ein bisschen Vertrauen, bitte!", murmelte ich gespielt enttäuscht.

"Ja ja."

Sie reichte mir die Tasche, winkte den anderen noch einmal und ging dann auch schon wieder. Dankbar blickte ich auf die Tasche herunter, nahm sie mit zum Sofa und blickte hinein. Klamotten, Nachthemd, Zahnputzsachen, Handtuch. Sie war einfach die beste Freundin, die man haben könnte.

Jongdae wollte gerade etwas sagen, als Chanyeols Handy anfing zu Piepen und er sich erschrocken aufsetzte. Schnell schaltete er den Wecker aus und laß sich die Benachrichtigung durch.

"Baekhyun, Kyungsoo und du habt jetzt Vocal Training", meinte er und sah zu Jongdae herüber, welche sofort die Schultern hängen ließ.

"Das hab ich vollkommen vergessen... Ich würde viel lieber auf dem Sofa liegen bleiben."

Chanyeol richtete sich auf und warf ein Kissen nach seinem Kumpel, ich wich quietschend aus und brachte mich gerade noch rechtzeitig vor dem Geschoss in Sicherheit.

"Du weißt, wir müssen uns an den Terminplan halten. Sonst wird der Manager pissig."

"Ihr habt einen Terminplan?"

"Ja und das wird deine Aufgabe als Koordinatorin sein: Dafür sorgen, dass wir die täglichen Trainingseinheiten einhalten und auch wirklich trainieren. Und nicht auf der Couch sitzen bleiben, wie der faule Sack hier!", meinte Chanyeol und schlug Jongdae gegen sein Bein.

"Hey! Ich gehe ja schon. Baekhyun und Kyungsoo sind mit Sicherheit auch nicht nicht im Probenraum", grummelte er, warf mir noch einen Blick zu, erhob sich dann aber widerwillig von der Couch und ging in Richtung verbotener Flur.

"Willst du zuschauen?", fragte er plötzlich in meine Richtung.

Ich kannte die Lieder, hatte Ausschnitte von Musikvideos und Konzerten. Aber den Gesang der besten Main Vocalists lauschen zu dürfen, würde ich mir niemals entgehen lassen. Außerdem würde es mich auf andere Gedanken bringen. Und ich konnte mehr Zeit von Jongdae verbringen...

Ich nickte schnell und konnte ein Lächeln nicht verhindern, so sprang ich schnell von der Couch auf und folgte dem Jungen in den verbotenen Gang. Ich hörte Chanyeol leise lachen und hoffte, es war nicht zu offensichtlich, dass ich gerne mit Jongdae zusammen war.

Ich trottete ihm hinter her wie ein treuer Hund, aus den einzelnen Zimmern erklang Musik oder sich unterhaltende Stimmen. Wir gingen durch bis zur letzten Tür, die nur angelehnt war und ich folgte ihm hinein und schloss sie sorgsam hinter mir.

Ich kannte das Zimmer aus der Besichtigung vor zwei Wochen, aber ich hatte es noch nie im eingerichteten Zustand gesehen. Ein Schreibtisch war auf einer Seite aufgebaut, auf dem sich Laptops, Mix-Anlagen und ein Keyboard anreihten. An der gegenüberliegenden Wand hatten sie Spiegel aufgehängt, wahrscheinlich für das Tanztraining, da dies im selben Raum stattfand. Dazu noch eine Couch, Notenständer und jede Menge Gitarrenkoffer in der Ecke.

Baekhyun und Kyungsoo saßen bereits auf der Couch und beredeten irgendetwas, unterbrachen die Unterhaltung aber, als wir eintraten.

"Heute mit Zuschauer?", fragte Baekhyun und klopfte auf den Platz neben sich.

Ich nickte und ließ mich neben ihm nieder. Was ich genau erwartete, wusste ich nicht. Irgendwann setzten sie sich in einem Kreis auf den Boden und holten Notenzettel hervor, auf denen auch der Text vermerkt war. Daraufhin folgte das Einsingen und ich machte nur große Augen.

Das Ding war, dass alle so unfassbar talentiert waren. Ihre perfekten Stimmen klangen durch den Raum, ihre Worte hallten wahrscheinlich durch das ganze Haus. Auch wenn es nur Training war um die Stimmbänder nicht zu vernachlässigen, war es pure Perfektion und ich fühlte mich unfassbar talentlos daneben.

Kyungsoo hatte eine unfassbar weiche Stimme, Baekhyuns war sanft und trotzdem kräftig. Und Jongdaes Stimme war einfach unglaublich, wenn er nicht sogar der beste der Gruppe war. Ohne Probleme sang er die höchsten Töne mit solch einer Kraft und Leichtigkeit, während auch die tiefsten Töne ihm keinerlei Schwierigkeiten machte. Ich war einfach hingerissen, konnte nur auf ihn starren und dem Klang seiner Stimme lauschen.

Sie sangen lediglich Balladen, besprachen die hohen Töne und sangen auch gegenseitig ihre Parts. Sie sangen aber auch berühmte Lieder, die bereits alt waren, aber sich durch zum Beispiel sehr hohe Tonfolgen oder sehr schnelle Sprechparts hervorhob. Es war unglaublich schön und mir ging die Stunde viel zu schnell herum.

Ich glaubte, das war das erste Mal, dass ich dieses Gefühl verspürte. Dieses sanfte Ziehen in der Brust, dass aber nicht unangenehm war. Es war schön.

Und ich spürte es immer, wenn er kurz in meine Richtung blickte und sich seine süßen Mundwinkel zu einem Lächeln hoben.


Im Video befindet sich Baekhyun links und Chen/Jongdae rechts.

~My beautiful Black Pearl~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt