Samstag
Das Nächste was ich sehe ist die kalte Krankenhaus-Wand. Ich liege in einem Bett. Einige Katheter hängen an meinen Armen. Als ich versuche mich zu bewegen schmerzt mein ganzer Körper, Kopfschmerzen habe ich ebenfalls. Doch irgendwie schaffe ich es dann doch mich hinzusetzen. Das Zimmer ist ziemlich leer. Nur mein Bett, ein kleines Schränkchen und ein Stuhl stehen drin. Ich bin alleine. Soll ich jetzt die Schwester rufen? Oh nein, der Knopf ist so weit weg, ich habe keine Lust mich zu bewegen, also lehne ich mich einfach wieder nach hinten und atme durch. Nach nur 5 Minuten kommt eine Schwester reingerannt. Ich dachte wirklich die rennt mich gleich um, so stürmisch wie sie reingekommen ist. "Ah, Miss Mills. Wie geht es ihnen? Haben sie Schmerzen? Was tut ihnen weh? Möchten sie vielleicht etwas trinken?" Alle diese Fragen donnern nur so auf mich ein, so dass ich das Gefühl habe, mir wird gleich wieder schwarz vor Augen. "Können sie vielleicht etwas langsamer reden?" "Oh, natürlich. Entschuldigen Sie, Miss Mills. Also, wie geht es ihnen? Und haben sie irgendwelche Schmerzen?" Sie sieht mich besorgt an. "Alles tut weh.", jammere ich. "Es ist als hätte ich einen verdammten Muskelkater. Und es fühlt sich an, als ob mein Schädel jeden Augenblick explodieren würde!" Sie sieht mich an und nickt verständnisvoll. "Ah ja, okay. Ich werde Ihnen eine Schmerztablette geben. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?" Erst in diesem Moment fällt mir auf, dass ich gar nicht weiß, was genau mir passiert ist. Wo bleibt der Arzt, wie in den Filmen? Oder erklärt er nur sterbenskranken Patienten, was mit ihnen los ist. Also beschließe ich, diese überaus freundliche Schwester zu fragen. "Was habe ich eigentlich?" "Sie hatten einen Nervenzusammenbruch und ihr Kreislauf hat schlapp gemacht. Eigentlich etwas untypisch für ihr Alter, aber so etwas kann mal passieren. Sie sind jetzt aber wieder stabil und wir können sie womöglich schon morgen entlassen. Wir wollen Sie aber noch eine Nacht zur Beobachtung hier lassen." Louis raubt mir einfach den letzten Nerv. "Hm, okay. War mein Vater schon hier?" "Ja, ist er auch immer noch. Ich glaube er ist gerade in die Kantine gegangen. Er ist bestimmt bald zurück.", erzählt sie mir. "Okay, danke." "Ich lasse Sie dann jetzt alleine, wenn das ok ist." - "Hm? Ja, natürlich.." Und schon ist die hyperaktive Schwester weg. Eigentlich habe ich keinem Menschen Vorurteile gegenüber, aber diese Schwester war einfach nur anstrengend. Ich schließe die Augen, und versuche mich an das zu erinnern, was passiert ist. Langsam aber sicher fällt mir alles wieder ein. Das Gespräch zwischen mir und Louis, wie meine Freundinnen auf mich gewartet haben und wie ich dann zu Boden fiel und alles schwarz wurde. Keine schönen Erinnerungen. Oh man, ich fühle mich einfach nur schrecklich. Alles schmerzt. Nicht nur mein Körper sondern auch mein Herz. Was ist das bloß mit Louis? Was zum Teufel ist das? Er will mich nicht in seinem Leben haben, das verstehe ich jetzt. Aber hätte er mir das nicht einfach wie jeder normale Menschen sagen können? Ich meine mit Worten, die nicht beleidigend sind.
Ich schrecke hoch, als ich höre wie die Tür geöffnet wird. "Daddy!", schluchze ich, denn irgendwie sind das gerade zu viele Gefühle auf einmal. "Meine Kleine!" Er stürmt auf mich zu und umarmt mich. "Wie geht es dir?" Typische Frage, aber ich weiß, dass er einer der Personen ist, die das wirklich wissen wollen. "Das wird schon wieder. Ich hab Kopfschmerzen und meine Knochen schmerzen, aber sonst, ganz gut." "Amilia, ich habe mir verdammt große Sorgen gemacht, was ist überhaupt passiert? Die Ärzte sprechen von einem Nervenzusammenbruch. Wie konnte das passieren?" Ja, wie konnte das passieren? Ich habe versucht herauszubekommen, warum Louis mich mobbt. Und bin irgendwie gescheitert. Dad weiß ja nicht mal etwas davon. Er denkt immer noch, dass Louis und ich nur einen normalen Streit haben und bald alles wieder gut wird. Doch es wird niemals alles wieder gut. "Ich kann mich nicht mehr genau erinnern..." "Achso, okay. Ist gut. Das Einzige was zählt, ist dass es dir jetzt wieder besser geht." Mit diesen Worten kommt er auf mich zu drückt mich einmal fest und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. "Amilia, so leid es mir tut. Ich muss wieder zur Arbeit! Ich hoffe, ich kann dich morgen abholen! Sonst rufe ich Emma's Mum an, oder so..." "Ja, schon klar. Alles super. Bis dann." Ich bekomme ein gequältes Lächeln hin, dann ist Dad auch schon weg.
5 Minuten später sitze ich in meinem Bett und heule. Ich kann nicht aufhören. Die Tränen strömen nur so aus mir heraus. Louis, Louis, Louis. Er spukt förmlich in meinen Gedanken herum. Ich höre die ganzen Beleidigungen. Fett, Schlampe, dumm, hässlich, Hure, Bitch, eklig... Ich drehe mich mit dem Bauch auf mein Bett und weine in mein Kissen hinein. Ein Wunder, dass keine Schwester kommt, aber ich finde es gut. Allein zu sein ist normal für mich. Es tut mir gut. Ich bin nur froh, dass ich mich nicht ritze. Es soll wie eine Sucht sein, und ich habe große Angst davor süchtig zu werden. Obwohl, es soll auch ein schönes Gefühl sein... habe ich gehört. Soll ich es vielleicht mal ausprobieren? Ich mache es danach ja auch nie wieder. Wirklich nicht! Nein, Amilia! Stop! Hör' auf mit diesen Gedanken. Ich mache mir ja schon selbst Angst. Während ich immer noch weine, schlafe ich ein.
Ich träume sehr schlecht. Viele Albträume, viele mit Louis. Louis, wie er mich beleidigt, schlägt und vor allen fertig macht. Ich bin so froh, wenn ich mit der Schule fertig bin, dann wander ich aus. Ins Ausland. Wo mich keiner kennt, und ich ein neues Leben anfangen kann. Ja, das ist mein Traum. Ich hab nur leider keine Ahnung, ob so etwas je in erfüllung gehen kann... Ich glaube nicht.
Nächster Morgen, Sonntag
Als ich meine Augen aufschlage, sehe ich als erstes wieder die eiskalte Wand. Ich muss mich erst einmal wieder orientieren, doch dann fällt mir wieder ein, wo ich bin und warum. Ich hasse Krankenhäuser. Hier sind schon viele Menschen gestorben, und ich fühle mich hier ebenfalls tot.
Ich sehe auf die Uhr. Es ist neun Uhr morgens. Viel zu früh für mich, viel zu spät für das Krankenhausfrühstück. Auf einem kleinen Tisch, der in der Ecke steht, steht ein Tablett mit Brot, Wurst und Käse. Eine Flasche Wasser und ein Glas stehen ebenfalls darauf. Doch ich habe keinen Hunger. Mir ist übel. Ich würde mich am liebsten übergeben.
Plötzlich wird die Tür geöffnet und ich zucke zusammen. In letzter Zeit bin ich irgendwie viel zu schreckhaft. Emma stürmt auf mich zu. "Amilia! Oh mein Gott, alles in Ordnung?" "Ja, klar." Und schon wieder dieses falsche Lächeln, das ich hier benutze. "Eigentlich wollte ich dich ja gestern besuchen kommen mit Kassidy und Amy, doch die meinen einfach, dass du deine Ruhe brauchst, und dass wir morgen wieder kommen sollen. Aber naja, jetzt bin ich ja hier. Meine Mum kommt auch gleich. Sie klärt das noch schnell, dass wir dich mitnehmen dürfen. Dein Dad ist noch arbeiten..." War mir so wie so klar. Er hat eh nie Zeit.
Ich stehe auf und packe die wenigen Sachen, die Dad mir vorbei gebracht hatte. Zusammen gehen Emma und ich zu der Schwesternstation. Wir sehen wie Emma's Mum mit einer der Schwestern diskutier, bis sie ihr Handy rausholt und telefoniert. "Ja, die meinen ohne deine Zustimmung lassen sie Amilia nicht gehen. Ja, ich find das auch voll bescheuert." Dann überreicht sie der Schwester das Handy und sie sprechen einen Augenblick. Nach dem kurzen Telefonat, gibt die Schwester das Handy zurück und nickt genervt. Emma zieht mich sofort mit und wir gehen zusammen zu ihrem Auto. Wir setzen uns schon rein und kurze Zeit später kommt Emma's Mum auch schon. "Hallo erstmal, Amilia. Schätzchen, wie geht es dir denn?", fragt sie mich während sie sich auf den Autositz setzt und anschnallt. "So weit so gut.", antworte ich mit einem falschen Lächeln. "Na, das ist doch schon mal was. Möchtest du mit zu uns, oder soll ich dich nach Hause fahren?" "Ich würde lieber nach Hause, mich noch ein wenig ausruhen. Nur wenn das okay ist." "Aber natürlich. Okay, alle angeschnallt?" Und dann fahren wir zu mir nach Hause. Ich schließe die Tür auf, mit dem Schlüssel den Dad mir zu meinen Sachen gelegt hatte und pfeffere meine Tasche erstmal in eine Ecke. Ich renne in die Küche und hole mir ein Schokobrötchen. Die Übelkeit, die ich noch vor einer Stunde hatte, ist wie verflogen. Stattdessen habe ich einen Heißhunger. Ich weiß, dass ich mir das eigentlich überhaupt nicht erlauben kann, aber da scheiß ich gerade so was von drauf. Ich schmeiß mich auf's Sofa und schalte den Fernseher an. Es läuft nichts spannendes, also schlafe ich ein.
Ich werde von unserer Klingel geweckt. Ich schrecke hoch und schaue erstmal auf eine Uhr. 17 Uhr schon. Nein, Dad kann das eigentlich noch nicht sein. Er wollte heute länger arbeiten. Wer soll das denn sonst sein? Emma? Amy? Kassidy? Ich renne zur Tür. Doch wer da steht, damit hätte ich niemals gerechnet. Mir stockt der Atem.
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Please don't hate me...
FanfictionAmilia steht kurz vor dem Abgrund. Ihr Leben hat sich in so kurzer Zeit drastisch verändert. Ihre Mutter ist gestorben, doch nicht nur das ... ihr ehemals bester Freund Louis hat sich gegen sie gestellt und angefangen sie zu mobben. Der Grund? Sie...