Chapter 20

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Dad sitzt direkt vor mir. Sein Blick geht stur geradeaus und er sieht dem Schulrektor direkt in die Augen. Er würdigt mich keines Blickes, also tue ich es ihm gleich. „Amilia, schön, dass du da bist. Setz dich doch hin.“, sagt der Rektor. Ich nicke stumm und setze mich auf den Stuhl neben Dads. Ich ramme meine Fingernägel in meine Handflächen um mich zu beruhigen, doch es bringt nichts. „Hast du eine Ahnung, warum wir dich hierher geholt haben?“ Ich schüttele den Kopf und schaue stur gerade aus. „Deine Noten haben sich in der letzten Zeit massiv verschlechtert. Das ist uns so sehr selten passiert.“ Ich warte darauf, dass der Rektor weiterspricht und starre nervös auf meine Fingernägel. „Amilia. In den meisten dieser Fälle, wie in dem von ihrem, kam es nach kurzer Zeit zu aggressivem Verhalten.“ Ich schaue auf, direkt in die Augen der Frau. Sie geht, wie erwartet, auf Mr. Rektor zu und flüstert ihm etwas ins Ohr. War ja klar, dass sie mich verpfeift. Warum sollte sie auch nicht? Ich werfe ihr einen bösen Blick zu und schaue dann wieder zum Rektor. Er seufzt und wimdet sich dann wieder mir. „Warum Amilia?“ Ich wende meinen Kopf schnell zur Seite um seinen Blick auszuweichen. „Was warum? Was ist denn los hier?“, meldet sich nun Dad auch mal zu Wort. „Anscheinend gab es gerade zwischen Amilia und einer anderen Schülerin eine heftige Auseinandersetzung.“ „Wie bitte?“ „Ja. Und diese Auseinandersetzung war wohl ich gerade harmlos. Es gab wohl eine kleine Schlägerei, richtig, Miss Sorth?“, fragt Mr. Jorges, der Rektor die Frau, die mich hierher geschleppt hat. „Ja, richtig, Mr.“

Ich schaue auf und sehe in die geschockten Augen von Dad. Doch es ist nicht nur Schock zu sehen. Sondern auch Wut. Eiskalte Wut. Na, ich bin mal gespannt, was gleich bei ihm noch abgehen wird.

„Amilia, wir möchten dir doch nur helfen. Wir denken es wäre besser, wenn du auf eine andere Sch-..“  „Nein!“, unterbreche ich ihn wütend. „Sie haben doch keine Ahnung was das wirkliche Problem ist.“ „Dann erklär’s mir doch.“, Mr. Jorge lächelt mich unschuldig an. „Mein ach-so-toller Dad, hier, wollte mich weg geben, an eine Pflegefamilie, oder am besten gleich zu den Pennern da draußen. Ich seie ihm wohl zu anstrengend und er hätte zu wenig Zeit für mich. Und das soll ein Vater sein? Nein. Väter geben ihre Kinder nicht einfach so weg – zumindest nicht meiner. Das hätte ich niemals von ihm erwartet.“ Am liebsten würde ich Dad ins Gesicht spucken, doch ich versuche mich zurück zu halten. „Sie wollten sie wirklich weggeben?“, fragt Mr. Jorge Dad. „Ich – ehm.. Ja. Ich gebe es wirklich zu. Amilia ist zu einem Problemkind geworden und ich weiß auch den Grund dafür – den wissen wir wohl alle, aber das es jemals so schlimm wird, hätte ich nicht gedacht. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, Mr. Jorge, lag Amilia vor kurzer Zeit im Krankenhaus, da sie einen zu hohen Blutverlust hatte. Und wieso ein Blutverlust? Sie hat sich geritzt. Und jetzt sagen sie mir nicht, dass sei normal.“ „Ja, schön. Dann bin ich eben nicht normal. Aber anstatt dich um mich zu kümmern, wolltest du mich weggeben! Ich habe die letzten Tage nur bei Freunden geschlafen, weil ich sonst kein zu Hause habe. Ich bin noch nicht mal erwachsen und habe schon keine Wohnung mehr. Du hast mich eiskalt ausgesetzt – wie ein Hund.“, mische ich mich wieder ein.

Mr. Jorge räuspert sich. „Ich schätze ihre Tochter hat teilweise recht. Sie hätten sich wirklich mehr Zeit für sie nehmen sollen.“ „Ich war Arbeiten! Wir brauchen Geld. Diese junge Dame braucht Geld! Für ihre ganzen Klamotten und alles was sie sich immer kaufen will.“ „Geld ist nicht alles, Dad! Ich würde viel lieber eine Familie haben.“ „Mum ist tot! Sie ist tot! Versteh das! Sie kommt nicht mehr zurück. Geht das nicht in deinen Kopf rein?“, schreit er mich an. Ich schnappe nach Luft. Er hat es noch nie so gesagt. Er hatte nie mehr über Mum gesprochen.

Tränen steigen mir in die Augen. Ich stehe auf, schmeiße den Stuhl nach hinten und renne los. Ich renne weg von all meinen Problemen – weg aus meiner zerstörten Welt.

Ich erreiche den Schulausgang und renne weiter in Richtung Parkplatz. Meine Sicht ist so benebelt, dass ich fast von einem Auto angefahren werde. „Pass doch auf!“, schreit die Person. Ich laufe einfach nur weiter. „Amilia!“, schreit plötzlich jemand hinter mir. Eine Angst macht sich in mir breit. War das Dad? Ich versuche noch schnell zu rennen, doch meine Beine geben nach. Ich rutsche auf dem Asphalt aus und stürze zu Boden. „Ahh..“ Mein gesamter Arm ist blutig. „Shit.“, fluche ich und versuche die kleinen Steinchen aus der Wunde zu sammeln.

Please don't hate me...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt