Chapter 5

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Er schaut verlegen auf seine Füße. "Louis, wehe du denkst dir jetzt irgendetwas aus. Ich will keine Entschuldigungen, ich will nur wissen, warum." Er holt Luft, fängt aber noch nicht an zu sprechen. Ich deute sein Zögern als kein gutes Zeichen. Warum überlegt er? Er wird mich wieder anlügen. "Ja, es.. Es ist so. Ich konnte den Kontakt mit dir einfach nicht halten, es war alles zu viel für mich. Es tut mir leid." "Willst du mich verarschen? 1. Das ist schon mal ein völlig unnötiger und bescheuerter Grund und 2. Wo ist da der Grund mich zu mobben? Ich hab kein Bock mehr!" Ich drehe mich um und will weggehen, doch Louis hält mich am Arm fest. "Lass mich!" "Amilia, bitte!" - "Louis, ich hab gesagt, lass mich!" Er lässt immer noch nicht los, also gebe ich ihm eine Backpfeife mitten ins Gesicht. Selbst wenn hier jetzt ein Lehrer steht, ist mir das egal. Das musste jetzt einfach mal sein. Er lässt mich dann sofort los und ich gehe mit schnellen Schritten durch die Tür auf den Pausenhof los. Draußen treffe ich sofort auf Amy und Emma. "Amilia, wo warst du?" "Ich sag nur Louis." Ich verdrehe die Augen. Das was eben passiert ist, war mal wieder typisch Louis. "Oh, Gott. Hat er dir weh getan?", fragt Amy besorgt. "Nein, er wollte nur reden.", versichere ich ihr. "Reden? Oh, na dann..." "Und wo ist Kassidy?", frage ich, verwirrt über ihr Verschwinden. Plötzlich fangen beide an zu kichern. "Leute? Was ist los?" "Niall geht mit Kassidy hier irgendwo rum.", erzählt Amy mir. Die Betonung lag auf 'geht'. Ich verdrehe die Augen und auch wir gehen nun zusammen rum und reden über alles mögliche. Nur das Thema Krankenhaus und Nervenzusammenbruch lassen wir aus. In einer Ecke auf dem Schulhof sehe ich wie Niall sich gerade zu Kassidy vorbeugt, aber ich sage nichts, bevor Emma und Amy noch anfangen rumzukreischen. Ich kenne sie und weiß, wie sie durchdrehen würden und das will ich Kassidy auf keinen Fall antun. Es ist ja schon süß, sie und Niall. Ich glaube Niall ist in Wirklichkeit auch gar nicht so mies. Ich drehe mich schnell wieder zu Amy und Emma, damit sie auch bloß nichts merken. Zusammen gehen wir weiter. Louis sehe ich die ganze Pause lang nicht mehr, was auch gut so ist.

Abends, zu Hause

"Dad? Bist du zu Hause?" Ich komme gerade vom Sport nach Hause und schmeiße wie immer meine Tasche in die Ecke. "Ja, Spätzchen. Ich bin hier!" "Wo bitte schön ist 'hier'?" "Sorry, ich bin in der Küche!" Ich laufe in Richtung Küche und es riecht schon lecker nach Essen. Ich bekomme richtig Hunger. "Hmm, das riecht ja richtig gut!" "Danke, es ist dein Lieblingsessen. Spinat-Lasagne. Das hatten wir so lange nicht mehr." "Oh, danke!" Ich decke den Tisch und Daddy kocht zu Ende. Es ist schon Monate her, dass er richtig gekocht hat, oder dass er überhaupt richtiges Essen gemacht hat. Sonst waren es immer solche Tüten-Gerichte. Doch er hat gelernt zu kochen, nachdem Mum gestorben ist. Es war eines seiner Ziele, das er sich gesetzt hatte. Er wollte mir immer ein warmes Essen am Abend machen, doch er ist zu lange am Arbeiten. Deswegen passiert es nur selten, dass er kocht.

Nach dem Essen dusche ich noch kurz und gehe dann in mein Zimmer. Ich will mich gerade schlafen legen, als mir die Klinge wieder in die Hand fällt. Ich sollte sie wegschmeißen. Oder am Besten noch im Garten vergraben, damit sie auch ja niemand findet. Oder ich benutze sie noch mal. Nein! Ich habe mir gesagt, dass ich das nicht noch einmal mache. Ich werde nicht süchtig. Niemals! Doch dieses Gefühl. Diese Freiheit, als sie in meinen Arm schnitt. Es war so klar. Alles war klar. Meine Gedanken, mein Leben, alles. Noch ein einziges Mal diese Klinge in meiner Haut spüren. Wie sie schneidet. Wie sie befreit. Soll ich wirklich? Schnell verschließe ich meine Tür. Ich setzte mich wieder auf mein Bett und nehme die Klinge in die Hand, sie zittert. Ich lege sie an meinen Arm an, diesmal etwas tiefer. Vorsichtig schneide ich an meiner Haut entlang. Das Blut strömt wieder heraus. Das Gefühl. Es ist wieder da. Ich schneide gleich noch einmal, doch lieber nicht zu tief. Das Blut tropft schon meinen Arm herunter und schnell schnappe ich mir die Taschentücher, die neben mir liegen. Nach 5 Minuten blutet es nur noch ganz leicht. Ich nehme das alte Pflaster ab und schaue auf die noch nicht verheilte Stelle. Danach verarzte ich meinen ganzen Arm. Morgen ziehe ich wohl lieber einen langärmligen Pullover an. Es sieht schlimm aus, drei riesige Pflaster schon. Aber ich kann und will es nicht lassen. Ich kann es nicht beschreiben, es ist einfach nur ... perfekt. Schmerzhaft aber perfekt. Diese Schmerzen sind gar nichts im Vergleich zu denen, die Louis mir hinzugefügt hat. Es ist endlich eine andere Art von Schmerzen. Eine Art, die ich kontrollieren kann. Doch kann ich das wirklich?

Please don't hate me...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt