Ich öffne die Tür und starre in das Gesicht von Louis. Sofort knalle ich die Tür wieder zu. "Amilia! Bitte mach die Tür auf!", ruft er und hämmert mit seiner Faust gegen die Tür. "Warum sollte ich?" schreie ich so laut ich kann. Ich sinke vor der Tür zusammen und Tränen strömen über mein Gesicht. Das ganze Gefühlschaos, wovon ich dachte ich hätte es erfolgreich verdrängt, kommt wieder hoch. "Bitte, Amilia. Gib mir eine Chance. Bitte... Ich möchte doch nur sachlich mit dir reden!" Woher kommt plötzlich dieser Sinneswechsek? "Ach ja? So wie du es in der Schule immer mit mir tust? Tut mir leid, kein Interesse." Die Traurigkeit wird von der Wut überdeckt. "Nein, Amilia. Ich ... ich möchte einfach nur mit dir reden. Bitte, vertrau mir." "Nein, das Vertrauen habe ich schon lange verloren." Stille. "Louis, bitte geh jetzt." Ich höre Schritte, sie entfernen sich. Ich bin also wieder allein. Ich fange wieder an zu schluchzen. Ich wollte doch wissen, warum er mir das alles antut. Und jetzt wo er reden will, bekomme ich Angst und stoße ihn weg? Wie es scheint ja. Ich bin ein Feigling. Ein jämmerlicher Feigling.
Plötzlich klingelt mein Handy. Ich muss es kurz suchen doch, dann gehe ich sofort ran. Ohne zu gucken, wer anruft, da ich sonst zu spät dran wäre. Ein großer Fehler.
"Hallo?", frage ich in den Hörer. Eine Weile ist Stille, doch dann höre ich Louis' Stimme. "Amilia... Bitte bleib dran, ja? Gib mir nur fünf Minuten.", bettelt er. Ich seufze. "Louis, was wird das hier?" "Bitte, gib mir nur noch eine Chance." Ich antworte erst nicht. Dann überlege ich es mir anders und gebe ihm eine Chance. "Beeil dich, sonst leg ich auf." Ich wollte die Wahrheit wissen. Aber bin ich bereit dafür? "Danke, Amilia. Du musst wissen, es ist alles anders als du denkst. Die Umstände waren einfach ungünstig. Ich hatte nie vor, dich im Stich zu lassen und dich zu ... mobben.", fängt er an. Die Umstände waren ungünstig? Was soll das denn heißen? "Louis, du hast es aber getan. Du hättest dir vorher überlegen sollen, welche Folgen das haben würde. Verdammt, du hast mein Leben zerstört. Du hast mich kaputt gemacht! Halt dich raus aus meinem Leben! Für immer.", schreie ich in das Telefon hinein und dann lege ich auf. Es ist egal, was er jetzt noch gesagt hätte. Es hätte nichts geändert.
Die Wut auf Louis vergrößert sich mit jeder Sekunde.
Was fällt ihm bloß ein, hier anzurufen? Der soll sich bloß auf meinem Leben verpissen und sein eigenes Scheiß-Leben leben. Ich schnappe nach Luft. Er ist jetzt ja weg. Und anrufen wird er bestimmt auch nicht mehr so schnell. Langsam beruhige ich mich wieder und mein Kopf wird auch ein wenig klarer. Dummerweise ist morgen Montag. Das heißt, ich muss dieses Arschloch schon morgen wieder sehen.
Ich schaue noch den restlichen Abend fernsehen, doch irgendwann gehe ich duschen und lege mich in mein frisch bezogenes Bett. Ein traumhaftes Gefühl. Mir fällt ein, dass ich noch Zähne putzen muss, also gehe ich noch einmal schnell ins Bad. Nachdem ich ausgespült habe und alles, stelle ich die Zahnbürste und den Becher zurück. Doch ich stoße gegen eine kleine Tasche von meinem Dad. Sie fällt auf den Boden und der ganze Inhalt verteilt sich. Ich packe schnell alles zurück, bis ich auf die Rasierklingen treffe. Ich halte sie in der Hand. Sie sind noch unbenutzt und funkeln, wenn ich sie ins Licht halte. Ich könnte es doch ein Mal ausprobieren... ich werde niemals süchtig. Oh mein Gott! Nein, das ist vollkommen verrückt und bescheuert. Ich will sie gerade zurück legen, doch irgendwie kann ich sie nicht loslassen. Sie haben mich in ihren Bann gezogen. Ich nehme eine in die Hand und fahre mit der Fingerspitze über die Klinge herüber. Nur ganz leicht, dass es noch nicht anfängt zu bluten. Ich kenne ein Mädchen an meiner Schule, die sich ritzt. Sie erzählt mir immer, was für ein erlösendes Gefühl es ist, wenn sie sich ritzt. Ich mache das ja nur ein einziges Mal, rede ich mir ein. Ich setze die Klinge an meine Haut an. Erst zögere ich, doch schließlich fahre ich vorsichtig über meine Haut. Nur ein einziges Mal. Es schmerzt, doch dann fühlt es sich besser an. Ich fühle mich anders, freier irgendwie. Das Blut strömt über meine Haut und auf den Boden. Scheiße, und schon bereue ich es. Schnell hole ich mir Taschentücher und versuche erstmal das Blut zu stoppen. Danach wische ich schnell das ganze Blut weg. Die Rasierklinge nehme ich mit in mein Zimmer und verstecke sie dort. Plötzlich höre ich, wie unten die Tür aufgeschlossen wird. Scheiße, scheiße, scheiße. Ein Taschentuch habe ich immer noch auf meinem Arm und es blutet auch immer noch ein wenig. Was soll ich jetzt machen? "Amilia? Bist du oben?" "Ehm, ja bin ich..", rufe ich, völlig überfordert mit dieser Situation. "Okay, soll ich dir etwas zu essen machen?" "Ja gerne, aber nur eine Kleiningkeit bitte." Dann ist er wenigstens erst einmal beschäftigt. Schnell stopfe ich die Taschentücher in meinen Mülleimer, aber muss mir sofort ein neues holen, da es doch noch nicht aufgehört hat zu bluten. Mist, was ist denn das? Ich hole mir noch schnell eines der Pflaster, die wir im Badezimmer haben und klebe es auf die Stelle. Ich hab's extra ein wenig größer geschnitten, damit man auch wirklich nichts sehen kann.
Ich renne runter in die Küche und helfe den Tisch zu decken. Nach dem Essen lege ich mich sofort ins Bett und schlafe ein.
Montag
Der Montagmorgen verläuft eigentlich unspektakulär. Ich habe niemandem etwas von der Auseinandersetzung mit Louis erzählt, denn ich möchte sie nicht noch mehr belasten. Ich komme gerade erst aus dem Krankenhaus wegen einem Nervenzusammenbruch. Sie machen sich alle Sorgen, das weiß ich. Diese prüfenden Blicke, die sie mir zu werfen, sind nicht zu übersehen.
Der Morgen wird erst interessanter, als Kassidy endlich mit dem rausrückt, was sie uns unbedingt sagen möchte. Schon den ganzen Morgen ist mir aufgefallen, dass sie irgendetwas sagen möchte. Sie kaute die ganze Zeit auf ihrer Unterlippe, um ihre Nervosität zu übertuschen.
In der fünf Minuten Pause zieht sie uns in eine Ecke des Schulflures und fängt endlich an, zu erzählen. "Okay, ich muss euch etwas sagen..." Sie sieht uns nervös an, ehe sie weiter redet. "Ihr wisst doch, dieser Niall. Ich weiß, ich weiß. Er ist einer von Louis' Freunden, aber er ist anders. Und in Wirklichkeit ist er gar nicht so gemein, wie er manchmal tut.", fängt sie an. "Ja, was ist denn nun mit ihm?", fragt Amy ungeduldig. "Nun ja, wir haben uns schon öfter getroffen und ich glaube, ich verliebe mich gerade in ihn... Es tut mir leid, dass ich euch nichts davon erzählt habe, aber ich hatte Angst, wie ihrr reagieren würdet. Ich dachte ja auch immer, er wäre das totale Arschloch, aber das ist er eigentlich gar nicht.", erzählt sie uns aufgeregt und mit leuchtend roten Wangen. "Kassidy, alles gut. Ich freue mich für dich.", versichere ich ihr. Amy und Emma stimmen mir beide zu. Kassidy kann sich ihr Dauergrinsen nicht verkneifen und das freut mich noch viel mehr. Es freut mich, dass wenigstens eine von uns nicht immer verarscht wird und endlich jemanden gefunden hat, der anders. Ich hoffe, er ist wirklich so, wie Kassidy ihn beschreibt.
In der ersten großen Pause laufen wir alle zusammen durch die große Pausenhalle. Es ist voll wie immer und man sieht überall nur lachende Schüler. Fast schon ein erstickendes Gefühl. Wir wollen gerade nach draußen, auf den Schulhof gehen, doch es ist so voll vor der Tür. Also gehen Kassidy, Amy und Emma vor und ich als letzte versuchen wir uns herauszuquetschen. Plötzlich zieht mich jemand an meinem Arm weg. Ich versuche mich aus dem festen Griff zu lösen, doch es misslingt mir. Als die Person mich endlich wieder los lässt, drehe ich mich um und schaue in das noch verzweifeltere Gesicht als Sonntag, von Louis. "Lass mich in Ruhe", zische ich ihm zu. "Amilia, wieso gibst du mir nicht die Chance dir alles zu erklären?" Ich schweige und starre auf meine Füße. "Deine letzte Erklärung war einfach nur Müll.", murmele ich leise, doch er versteht mich. "Du hast mich ja auch nicht ausreden lassen.", sagt er verzweifelt. Darauf antworte ich gar nichts. "Amilia. Du wolltest das doch wissen, oder irre ich mich?" "Nein, du irrst dich nicht. Und? Was willst du mir jetzt erklären?" Ich schaue ihn mit einem vorwurfsvollen Blick an, und verschränke die Arme.
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Please don't hate me...
FanficAmilia steht kurz vor dem Abgrund. Ihr Leben hat sich in so kurzer Zeit drastisch verändert. Ihre Mutter ist gestorben, doch nicht nur das ... ihr ehemals bester Freund Louis hat sich gegen sie gestellt und angefangen sie zu mobben. Der Grund? Sie...