Chapter 12 (Teil 2/2)

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Als Dad wieder kommt bin ich kurz eingenickt. Ich schrecke hoch, und Dad steht dort mit 2 Café-Tassen, und 2 Schoko-Croissants. Er setzt sich neben mich auf mein Bett und zusammen essen und trinken wir. „Amilia, Louis war bei mir.“ – „Warum war er denn bei dir?“ Ich bin ein bisschen verwirrt und geschockt. „Er hat sich entschuldigt. Ich wusste ja nie, dass euer Streit so dramatisch ist! Warum hast du nie etwas davon erzählt? Ich musste jetzt alles von Louis erfahren und es ist schrecklich, was er dir angetan hat!“ – „Hm.“ Na, toll. Jetzt weiß Dad alles. Wirklich alles. „Aber Louis hat sich entschuldigt. Es tut ihm wirklich leid. Das konnte ich in seinen Augen sehen! Wirst du ihm verzeihen? Ich möchte dich wirklich zu nichts drängen, und ich verstehe es auch, wenn du ihm nicht verzeihst, aber überleg mal. So viele Jahre. Ihr beide wart die besten Freunde, und Louis hat wohl den größten Fehler der Welt gemacht, aber er bereut es. Er bereut es wirklich.“ – „Ich weiß nicht, ob ich ihm verzeihen kann. Er hat mein Leben zerstört. Ja, wirklich. Ich wurde von fast der ganzen Schule gemobbt. Du weißt nicht wie schlimm das ist!“ – „Nein. Vielleicht weiß ich das nicht, aber ich weiß, dass es ihm leid tut.“ – „Kann schon sein, aber denkst du nicht, dass es ein wenig zu spät dafür ist?“ – „Das kannst du ganz allein du entscheiden.“ Kann er jetzt mal aufhören mit seinen blöden Ach-So-Klug-Sprüchen? Ja, ich könnte Louis verzeihen, aber will ich das denn überhaupt? Nein, ich denke eher nicht. Aber was war das gestern? Was waren das gestern für Gefühle für Louis? Ich bin so verwirrt. Louis schien so verletzlich. Er schien so sanft. So kenne ich ihn gar nicht. Oder doch. Früher war er so. Vielleicht nicht so, aber so ähnlich. Ich bin mir sicher, dass irgendwo in ihm, noch der alte Louis drin ist. Vielleicht kommt er jetzt endlich wieder zum Vorschein. Vielleicht ändert sich Louis gerade wieder zum Guten.

Als Dad und ich aufgegessen haben, steht er auf, und geht zur Tür. „Ich muss zur Arbeit.“, sagt er kurz und knapp und geht dann weg. Nett. Seeeehr nett. Ein toller Vater. Da haut er einfach ohne wirklich was zu sagen ab. Danke auch. Aber mir ist es ganz recht, wenn ich jetzt alleine bin. Ist schon schöner. Ich bin oft alleine, und ich liebe diese Stille, die dann den ganzen Raum umhüllt. Allein. Ich sehe mich im Zimmer um. Wenn man das Fenster öffnet, kommt man auf einen kleinen Balkon. Ich bin jetzt schon fast 5 Tage hier und war noch nie auf diesem Balkon. Fast schon Luxus. Ich meine, ein Balkon. In einem Krankenhaus! Ich gehe zum Fenster, öffne es und gehe raus auf den Balkon. Ein kühler Windstoß kommt mir entgegen und meine Haare fliegen im Wind. Es tut so gut. Ich hole mir eine Woll-Decke und einen Stuhl und kuschle mich mit der Decke auf dem Stuhl ein. Nun sitze ich hier auf dem Balkon und die Aussicht ist schön. Ich kann sogar noch ein wenig das Meer sehen. Das Meer in dem die Asche meiner Mum verteilt ist. Morgen ist es so weit. Morgen ist der Todestag meiner Mum. Mir ist klar, dass die mich hier nicht noch einmal weglassen, also muss ich das wohl heimlich machen. Aber ich bin da relativ zuversichtlich. Ich werde das schon schaffen.

Mir wird es langsam zu kalt draußen also gehe ich rein, und kuschele mich in mein Bett. Ich schaue Fernsehen. Es kommt gerade ein Bericht über das Ritzen. ‚Die neue Sucht‘. Passt ja. Ich schaue mir den Bericht an, und es steckt viel Wahres drin, das muss ich sagen. Doch als dann ein paar Bilder angezeigt werden, schalte ich schnell weg. Sonst wird mir wieder so übel, außerdem ist das echt schlimm, dass ich solche Verletzungen ebenfalls habe. Ich schnappe mir mein Buch und lese bis Abends. Keiner kommt mich mehr besuchen, kein Arzt kommt mehr rein, nur zwischen durch mal eine Kranken-Schwester, aber auch nur ganz kurz. Abends gehe ich früh ins Bett, und stelle mir meinen Wecker auf halb 6 Uhr morgens.

Donnerstag

*Piep Piep Piep Piep*  Mein Wecker klingelt und sofort bekomme ich ein ungutes Gefühl. Was ist, wenn ich entdeckt werde? Werden sie wütend sein? Werden sie mehr auf mich aufpassen? Ich weiß es nicht, aber ich will es auch nicht herausfinden. Also los. Ich ziehe mich schnell an und packe meine Tasche. Eine Flasche, mein Handy, und Taschentücher. Ich ziehe mir noch meine Mütze tief ins Gesicht und laufe los. An der Rezeption vorbei, aus dem Krankenhaus raus, nach draußen. Ich renne immer weiter, bis zur Bushaltestelle. Ich setze mich auf die Bank und warte. Nach 10 Minuten kommt endlich der richtige Bus. Ich steige ein, kaufe ein Ticket und setze mich hin. Es ist noch ziemlich leer, da es noch so früh ist. Ich fahre weitere 10 Minuten Bus und steige dann aus. Ich muss noch 15 Minuten gehen, dann bin ich da. Da, bei dem Steg. Doch eine andere Person sitzt zusammengekauert am Ende des Stegs. Ich gehe erst mal 5 Minuten am Strand entlang, und warte darauf, dass die Person verschwindet, doch sie bleibt so sitzen und schaut auf das Meer. Ich beobachte die Person einen Moment. Sie kommt mir bekannt vor. Ich kenne diese Person. Die Art wie sie da sitzt, diese Haltung. Dann trifft es mich wie ein Schlag. Louis. Ich renne auf den Steg hinauf und schreie los. „Louis! Was machst du hier? Verschwinde! Sofort!“ Was macht er überhaupt so früh hier? „Das ist ein öffentlicher Ort. Ich kann so lange hier bleiben, wie ich will. Oder willst du, dass ich im Krankenhaus anrufe, und denen sage wo du bist. Die wissen doch sicher nicht, dass du hier bist, oder?“ Ich schweige und schaue ihn zornig an. Warum ist er hier? Gerade hier. Das ist kein Ort für ihn. Das was hier geschehen ist, geht ihn nichts mehr an.

*Flashback*

„Wir haben uns hier versammelt um Abschied von Claire Wilson zu nehmen…“ Die Worte dröhnen in meinen Ohren. Die Tränen in meinen Augen. Meine Hände zittern. Als ich mich umsehe, stehen alle unsere Verwandten und Freunde da. Alle mit Tränen in den Augen. Doch eine Person fehlt. Louis. Ich habe dieses SMS heute Morgen bekommen. Das hat alles nicht gerade besser gemacht. Mir rollen noch mehr Tränen die Wange herunter, als vorher. Warum tut Louis mir das an? Er war die einzige Person, die immer, ja wirklich immer, zu mir gehalten hat. Warum lässt er mich einfach so fallen. Ich habe Gefühle für ihn. Freundschaftliche Gefühle, aber auch mehr. Aber jetzt bin ich einfach nur enttäuscht. Enttäuscht von ihm. Jetzt kann ich nicht mal mehr mit meiner Mum darüber reden. 2 der wichtigsten Menschen für mich haben mich verlassen. Einfach so. Ohne Grund. Oh, Mum. Warum musstest du jetzt schon gehen? Warum musste der Krebs siegen? Dabei hast du eigentlich das Recht zu leben. Du warst noch so jung. Ich will dich jetzt hier, bei mir haben. Doch ich weiß, du wirst nicht kommen. Deine Asche wird nun im Meer verstreut. So wie du es wolltest. So hattest du dir es immer gewünscht. Aber es ist viel zu früh dafür! Du bist viel zu jung dafür. Komm zurück, Mum. Bitte komm zurück. Ich schaffe das alles nicht ohne dich. Ich brauche dich. Ich möchte jetzt mit dir sprechen. Ich habe niemanden mehr, mit dem ich sprechen kann. Du warst immer der 1. Mensch, mit dem ich sprechen würde. Die 2. Person hatte mich nun auch gerade verlassen. Louis. Er war doch mein bester Freund. Warum tut er mir das an? Er war mehr für mich, als nur mein bester Freund. Viel mehr. Ich schaffe das nicht. Ich werde es nicht schaffen. Das weiß ich. Ich bin mir sicher. Warum musstest du gehen? Ich begreife das nicht. Das ist doch nicht fair! Komm zurück.

*Flashback Ende*

„Amilia? Alles in Ordnung?“ – „Nein. Gar nichts. Darf ich mich zu dir setzen?“ Er nickt nur stumm und so setze ich mich neben ihn. Meine Füße baumeln in der Luft und der Wind weht durch meine langen Haare. Ich spüre Louis Blick auf mir. Eine Träne läuft über meine Wange. „Wieso bist du hier, Louis?“ Er schweigt. „Woher wusstest du, wann und wo…?“ – „Ihr hattet mir auch eine Einladung zur Beerdigung geschickt. Schon vergessen?“ – „Hm. Du bist aber nicht gekommen.“ – „Bist du dir sicher?“ – „Ja.“ – „Das stimmt nicht. Ich war da. Doch ich stand nicht bei euch.“ Er zeigte auf die Dünen hinter uns. „Dort. Dort war ich. Und ich habe mich 1 Millionen Mal bei deiner Mum entschuldigt, was ich dir angetan habe. Heute schon wieder. 1 Jahr später.“ Ich schließe meine Augen und atme tief durch. Er war auch hier gewesen. Das wusste ich nicht. Aber es ändert nicht viel. Ich nicke stumm und sein Blick durchbohrt mich fast. „Amilia. Ich …“ Er stockt und atmet einmal tief durch. „Ich habe immer noch … Gefühle … für dich.“ – „Was für Gefühle?“, frage ich nur knapp. Er soll jetzt mal Klartext reden. „Ich liebe dich immer noch.“ Meine Kehle schnürt sich wortwörtlich zusammen. Was hat er da gerade gesagt? Er hat noch Gefühle? Für.. Für mich? Ich kann ihn jetzt nicht angucken, das ist mir zu unangenehm. „Louis, ich muss jetzt weg.“, sage ich, schnappe mir meine Tasche und laufe los. Ich laufe so schnell ich kann. Drehe mich nicht um. Gar nichts. Ich hoffe bloß, er folgt mir nicht. Bei der Bushaltestelle angekommen, schaue ich die Straße runter, von der ich gekommen bin. Sie ist vollkommen leer. Der Himmel ist immer noch dunkel. Die Sonne ist wahrscheinlich schon aufgegangen, aber es scheint, als wollen die dicken, grauen Wolken sie schützen. Der ganze Himmel ist bedeckt und die ersten Tropfen kommen herunter. Leider hat die Haltestelle keinen Unterschlupf und so bin ich nach 5 Minuten klitsch nass. Das stört mich aber nicht, so kann man wenigstens nicht meine Tränen sehen. Als der Bus kommt steige ich ein und fahre los in Richtung Krankenhaus. Beim Krankenhaus versuche ich unentdeckt in mein Zimmer zu kommen, es gelingt mir. Ich gehe sofort unter die Dusche und dusche so heiß es geht. Es schmerzt auf meiner Haut, doch es tut auch irgendwie gut. Es sind Schmerzen. Schmerzen die ich vermisse. Als ich aus der Dusche herauskomme, ziehe ich mir bequeme Sachen an und gehe wieder ins Zimmer zurück. Es ist kühl und ich bekomme sofort eine Gänsehaut. Plötzlich wird die Tür geöffnet und ein wütend schauender Arzt schaut mich an. „Wo warst du heute Morgen, Amilia? Du kannst nicht einfach so verschwinden!“ – „Ich … eh, war unter der Dusche.“ Es klingt ein wenig wie eine Frage, doch ich versuche trotzdem so selbstverständlich wie nur möglich zu gucken. „Lüg doch nicht! Also, es wird keine großen Konsequenzen haben, da ich versuche es so geheim wie möglich zu halten. Aber ich hoffe für dich, dass das nicht noch einmal passiert!“ – „Dankeschön, das wird nicht nochmal passieren.“, sage ich und schaue schuldbewusst auf meine Schuhe. „Einen schönen Tag noch.“, sagt der Arzt und macht meine Tür etwas zu laut zu. Ich zucke zusammen, atme dann aber erleichtert auf. Ich hab gedacht, das wird schlimmer.

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Hey, ihr Süßen. Hier ist der 2. Teil von Chapter 12. Wir haben die 1000 Reads geknackt! Wisst ihr eigentlich, wie geil ihr seid? Danke, danke, danke <3

xx

Please don't hate me...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt