Ardian weinte fürchterlich. Noch schlimmer, als er je geweint hatte. Er weinte nicht oft, doch wenn er es tat, dann sehr laut und heftig. Er konnte einfach nicht verstehen, warum Luna das getan hatte. Warum in seinem Badezimmer und warum, ohne jemals mit ihm geredet zu haben. Warum, wenn das Leben hätte so schön verkaufen können?
Ihr niedriger Puls und ihre letztendliche Schwäche brachten die Schlaftabletten dazu ihren Job zu erfüllen.
Sie ließen sie schlafen - für immer.Thaddeus tröstete Ardian. Er rieb ihm über den Rücken und er gab ihm eine Taschentuchpackung nach der Nächsten. Er holte Eis aus seinem Gefrierschrank und er verabschiedete die Sanitäter vom Krankenhaus, nachdem sie Luna's Leiche eingepackt und weggebracht hatten, da Ardian dazu nicht fähig war. Er fühlte sich, als seie er zu nichts mehr fähig.
Sein Leben hatte keinen Sinn mehr, dachte er, er müsste nun sterben, um wieder glücklich zu werden.
Dabei machte Luna ihn nie richtig glücklich. Sie war bloß der Lückenfüller, der sich für ihn richtig anfühlte. Für sie aber war er der Lückenfüller, der sich falsch anfühlte, da sie nie ehrlich zu ihm war. Mit ihr starben Tausende Lügen und Abertausende Geheimnisse.
"Wir sollten schlafen gehen.", sagte Thaddeus voller Mitgefühl. Er kannte Luna nicht lange, nicht gut und auch nicht so intensiv wie Ardian, aber er fühlte in etwas das Selbe wie er. Er fühlte die Risse in seinem Körper. Jede erdenkliche Narbe, die ihn zuvor mit Schmerzen verschonte.
"Meine Freundin hat sich umgebracht und du kannst an nichts anderes denken, als ans Schlafen!?", schrie Ardian und weinte bitterlich. Er stand vor Thaddeus, brach jedoch zu Boden und dachte, dass er gleich aufhören würde zu atmen. Sein Brustkorb tat weh. Sein Herz herausgerissen von ihrer toten Seele.
"Ich versuch dir doch nur zu helfen!", schrie Thaddeus lautstark zurück und schüttelte seinen Kopf. Von seiner Wange wich eine Träne. Er machte sich sogar noch die Mühe, Ardian vom Boden aufzuhelfen und auf die graue Couch zu setzen. Er krallte sich quasi in den hilflosen Stoff des Sitzmöbels.
Und da war sie auf ein Mal fort. Luna, die sich selber den Nachnamen Darko gab. Die Ardian für seine Hilflosigkeit ansah, da er ihr Leid tat. Und er, er liebte sie, das glaubte er. Dabei war es nur die Illusion sie zu lieben, ein so schönes und kluges Mädchen, die er liebte. Er liebte Luna's Illusion. Das, was sie nicht war. Beide wussten nie wirklich viel von einander. Er kannte keine ihrer Probleme, sie jedoch die Meisten von seinen. Er erzählte ihr viel, sie schwieg noch mehr, als sie sprach. Sie redete nie viel. Ardian schon.
Ardian war jetzt jedoch nicht mehr nach reden, zuhören oder schlafen. Er wollte nur weinen, da er glaubte, ein Puzzelteil wäre soeben aus seinem Körper gefallen, da sie nun weg war. Und sie würde nie wieder kommen. Ihr Leben war vorbei. Ihre Seele belastet von Problemen und Geheimnissen, von denen Ardian nie erfahren würde.
Nie würde er erfahren, dass sie Tiere mehr liebte, als Menschen.
Nie würde er erfahren, dass sie den Winter mochte und die Art, wie der Schnee vom Himmel fiel.
Nie würde er erfahren, dass den Geruch von frischen Blumen einer warmen Dusche vorzog.Diese kleinen Dinge, auf die Ardian doch so sehr um sich herum achtete, die würde er über Luna nie erfahren, da sie nun weg war. Er konnte nicht mit Toten sprechen.
Er war sich auch nicht sicher, ob er das wollen würde, wenn er es könnte.Doch war es nicht jeden Tag so?
Jeden Tag starben doch Menschen. Und mit ihnen die Dinge, die sie besonders liebten und ihr einzigartiger Fingerabdruck und die Einzigartigkeit ihrer Augen und ihres Gesichtes. Mit ihnen starben ihre Geheimnisse und Mythen. Gerüchte, der Eigengeruch und der Geschmackssinn. Das Hören bestimmter Töne, das für einen jeden anders ist und ein Talent, das in jedem schlummert.Und was ist dann mit Kindern, die sterben?
Mit ihnen stirbt ebenfalls das alles. Nur sie haben meistens nicht einmal die Chance zu beweisen, was oder wer sie sind.Darüber dachte Thaddeus nach, nachdem er Ardian auf der Couch zurück ließ und sich am anderen Ende mit einer Decke und seinem Arm als Kissen schlafen legte. Er sah Ardian noch eine ganze Zeit an. Sah zu, wie dieser in sich zusammen sackte und fürchterlich weinte, seine Schultern zuckten und sein Atem manchmal komplett verstummte, bis er ihn nicht mehr anhalten konnte.
Thaddeus hatte Angst, dass sich Ardian, und somit auch sein neuer bester Freund, in dieser Nacht ebenfalls das Leben nahm. Aber das geschah nicht. Thaddeus wusste, dass es nicht geschehen würde, schließlich hatten sie doch ein Versprechen am Laufen.
Und dann dachte er: Morgen wird alles besser sein. Morgen wird er ausgeruhter, ruhiger und gelassener sein. Morgen werden wir nicht mehr weinen und die Welt dreht sich weiter.
Aber innerlich war Thaddeus genau klar, dass das eine große Lüge war, denn am nächsten Tag war alles gefühlt bloß noch schlimmer.
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Riverside
Fanfic»Und alles, was sie taten, war anscheinend nichts weiter, als unten am Fluss zu sitzen und über die Probleme und Theorien dieser verkorksten Welt zu reden.« Sie waren unzufrieden mit der aktuellen Situation. Sie beide hatten den Glauben an die Mensc...