Fynn
Neben meinem Freund gehe ich durch die Gänge der Schule. Glücklich sehe ich zu ihm auf, er ist ungefähr einen halben Kopf größer als ich. An meinem Spind angekommen bleibe ich stehen, öffne ihn und hole meine Schulbücher für den heutigen Tag heraus.
„Hast du heute schon was vor?", fragt mich Zachariah, mein Freund, der lässig an einem der Nachbarspinde lehnt.
Ich schließe mein Spind und sehe ihn an. „Nein, nicht dass ich wüsste.", erwidere ich nachdenklich, schüttle dann den Kopf. „Du?", stelle ich ihm die Frage und gehe zum Klassenraum für Chemie.
„Ja, ich muss mit Marissa ein Referat ausarbeiten.", informiert er mich gelangweilt. Misstrauisch sehe ich zu ihm, zum Glück sieht er mich gerade nicht an. Ich weiß, dass ich mich nicht so gluckenhaft aufführen sollte, aber unsere Beziehung stand schon einmal auf der Kippe. Deshalb habe ich zweifel an seiner Loyalität.
„Über welches Thema?", versuche ich so beiläufig wie möglich zu fragen, gelingt mir nur mittelmäßig. Zachariah bemerkt von meinen Zweifeln nichts auch nicht, das ich ihn eigentlich aushorchen möchte.
„Im Geografiekurs müssen wir über...Ägypten, glaube ich, einen Vortrag halten.", murmelt er unsicher, steckt seine Hände in die Hosentaschen und zuckt mit den Schultern.
„Mr. Latham, wenn Sie sich bitte beeilen würden, in meinen Unterricht zu kommen, dann wäre ich Ihnen sehr verbunden.", herrscht ihn Ms. Shumway an und fordert ihn mit einem herrischen Blick in Richtung Englischkurssaal. Entschuldigend sieht mich mein Freund an und trottet mit hängend Schultern und seiner Englischlehrerin davon. Seufzend drehe ich mich in die andere Richtung, um zum Chemieraum zu gelangen.
„Sie kommen gerade noch rechtzeitig, Mr. Fryer.", begrüßt mich meine Chemielehrerin Mrs. Benoit. „Guten Morgen.", nuschle ich schnell und husche mit gesenktem Kopf zu meinem Platz.
„Da wir jetzt vollzählig sind, können wir mit dem neuen Thema beginnen.", beginnt Mr. Benoit mit dem Unterricht, dreht sich zur Tafel herum und schreibt mit der Kreide etwas an. „Energie: Quellen-Nutzung-Umweltbelastung, das wird unser Thema sein. Bevor wir mit dem praktischen Teil beginnen, werden Sie sich dazu mit ihren Büchern ein paar Notizen dazu machen.", erklärt sie uns und lautes Murren schallt ihr entgegen. „Je länger Sie brauchen, desto mehr Hausaufgaben bekommen Sie auf.", erwähnt unsere Chemielehrerin amüsiert, gleich darauf raschelt es hektisch und das Kratzen der Stifte ertönt. Träge schlage ich das Buch auf, lese mir die entsprechenden Textstellen durch, dann nehme ich meinen Block und beginne zu zeichnen. Da ich ein fotografisches Gedächtnis habe, mache ich mir nicht die Mühe etwas aufzuschreiben.
Endlich ist der Unterricht beendet, die Schüler springen hektisch von ihren Stühlen auf, bevor Mrs. Benoit uns noch Hausaufgaben aufdrücken kann. Gemächlich trete ich aus dem Chemieraum und schleiche förmlich den Gang entlang.
„Fynn!", ruft jemand meinem Namen, suchend schaue ich mich um und sehe Carla, meine beste Freundin. „Was ist los", frage ich sie und lege meinen Kopf leicht schief. „Die Evers hat dafür gesorgt, dass wir jetzt die alte Sporthalle renovieren sollen.", informiert sie mich. „Ernsthaft und was ist mit dem Unterricht?", äußere ich mich freudlos. „Och nö, jetzt lass doch mal den Unterricht, Unterricht sein. Pack deinen Streber in die hinterste Schublade und komm endlich mit, sonst reißt mir die Evers noch den Kopf ab.", jammert sie mir entgegen, greift nach meinem rechten Handgelenk und schleift mich hinter sich her.
„Ah, da sind Sie ja endlich, dann können wir mit der Planung endlich beginnen.", freut sich Mr. Keller und klatscht geschäftig in die Hände. „Der Boden ist schon von den Handwerkern gemacht worden, nun müssen wir den Rest machen. Die Wände müssen gestrichen werden , die Elektronik muss auf den neusten Stand gebracht werden, der Bühnenvorhang hängt noch nicht und, und, und.", zählt Mr. Keller mit lauter Stimme auf. „Wie sollen wir das alles ganz allein schaffen? Sollte die Elektronik nicht jemand machen, der sich damit auskennt?", mische ich mich ein, neben mir höre ich Carla aufstöhnen, jedoch lasse ich mich davon nicht beirren.
„Wir haben leider nicht das Geld für einen Elektriker, demnach müssen wir das irgendwie gemeinsam bewältigen. Deshalb sollten wir nicht viel Zeit verschwenden und anfangen. Vite, vite.", hetzt uns Mrs. Evers. Wäre die Evers nicht verheiratet, könnten sie und der Keller ein perfektes Paar abgeben, elende Sklaventreiber.
„Da einige von Ihnen auch im Zeichenkurs sind, dachte ich mir, das ihr die Bühnenbilder gestalten könntet.", schlägt Mrs. Evers vor, kurz darauf springen einige aus dem Kurs auf und gehen schnell zur Bühne. Seufzend stehe ich auch auf, anstatt schnell zu gehen, schlendere ich zur Bühne und stelle mich vor eine weiße Leinwand.
„Gut, dann werde ich euch die Bilder zeigen, die ihr auf die Leinwände bringen sollt.", teilt uns die Evers mit und verteilt an jeden von uns Motive für die Leinwände.
„Was spielen wir dieses Jahr eigentlich?", fragt Taylor, ein Junge aus meinem Zeichenkurs. „Keine Ahnung.", murmle ich und beginne damit das Motiv für die Kulisse auf die Leinwand zu bringen.
„Romeo und Julia - reloaded oder so." Das ist typisch Carla, weiß über alles Bescheid, sie ist eine richtige Tratschtante. „Woher weißt du denn das schon wieder?", nuschle ich fragend, sehe dabei konzentriert auf meine Leinwand. „Hab den Keller mit der Evers drüber quatschen hören.", meint sie schulterzuckend, wendet sich von uns ab und geht zu den Wänden, die gestrichen werden müssen. Eigentlich sind wir viel zu wenig Personen, um das zu schaffen, aber wenn ich das den Sklaventreibenden Lehrern unter die Nase reibe, gibt es Tote. Von daher halte ich lieber meine vorlaute Klappe und vertiefe mich verbissen in meine Arbeit.
Besonders weit sind wir mit der Renovierung nicht gekommen, als die Schulglocke den Schulschluss einläutete. Erleichtert packen wir alles sorgfältig zusammen und begeben uns nach draußen.
„Fynnie, gehst du mit mir zum Fußballplatz?", fragt mich Carla flehend. Verwirrt runzle ich die Stirn. „Seit wann guckst du denn beim Fußballtraining zu?", erkundige ich mich neugierig. „Bist du in jemanden verliebt?" Das letzte Wort ziehe ich mit Absicht in die Länge und lächle schelmisch. Carlas Wangen werden rot, Volltreffer, sie ist verliebt.
„Quatsch, wie kommst du denn dadrauf?", streitet sie vehement ab, doch da stößt sie bei mir auf Granit. „Du kannst es nicht leugnen, du bist ganz rot im Gesicht.", necke ich sie. „Rück raus mit er Sprache, wer ist es?"
Kapitulierend wirft sie ihre Arme in die Luft. „Na schön, du hast gewonnen. Es ist Janosh.", gibt sie zu und ihre Wangen werden noch einen Tick dunkler.
„O'Sullivan, ernsthaft? Schlecht sieht er ja nicht aus, aber Manieren kennt der Typ nicht.", äußere ich meinen Ekel. „Aber er ist Ire und ich stehe auf ihren, am liebsten würde ich mit Niall Horan zusammen sein, aber der Typ ist so was von unerreichbar für einen Bauerntrampel wie mich.", seufzt Carla theatralisch und wischt sich eine imaginäre Träne aus dem Augenwinkel. Amüsiert schüttle ich den Kopf und verdrehe die Augen.
„Komm, gib es zu, du findest ihn auch heiß, Freund hin oder her.", bedrängt mich meine beste Freundin grinsend. „Ja, Niall Horan ist heiß, aber wie du eben so schön erwähnt hast, unerreichbar.", meine ich und gehe an ihr vorbei zu den Zuschauertribünen, von denen man einen guten Blick auf das Spielfeld hat.
„Hast du eigentlich mal wieder mit Jaden geredet?", fragt sie mich, verwundert muss ich sie ansehen, da sie ziemlich schnell das Thema gewechselt hat.
„Nein.", antworte ich knapp, ich rede nicht gerne darüber, denn es macht mich traurig. Im Grunde genommen bin ich selbst schuld, dass Jaden und ich nicht mehr reden, da ich die Freundschaft beendet habe. Dennoch macht es mich traurig, dass er mich nicht einmal mehr ansieht. Schnell schlucke ich die aufsteigende Bitterkeit hinunter.
„Um wie was wetten wir, das dein Freund, Jaden wieder fault." Carla muss bemerkt haben, dass ich über das Thema Jaden nicht sprechen möchte, und versucht mich mit einer kleinen Wette aufzuheitern. „Ich wette um einen Kino –und Tanzabend, dass Riah ihn einmal fault.", steige in die Wette ein und grinse sie an. Sie plustert ihre Wangen auf, dann stößt sie ihre Luft aus und sieht mich nachdenklich an. „Okay, ich mache mit, Zachariah fault Jaden mindestens zweimal.", entgegnet sie grinsend.
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Love Is You (BoyxBoy)
RomanceJadens Leben kotzte ihm förmlich vor die Füße. Seitdem sein Bruder nicht mehr da ist, geht alles bergab nicht nur in der Schule sondern auch in der Liebe. Fynns Leben könnte nicht besser sein, aber dennoch fühlt er sich nicht wohl. Er hat einen wu...