Energisch schob ich meine Krankenhausbettdecke zur Seite und schaute wütend zu meiner Mutter. Seit fast einer Stunde versuchte ich jetzt sie zu überreden, dass sie mich zum Konzert fahren ließ, doch bisher hatte ich absolut keinen Erfolg gehabt. Mit ihr zu diskutieren war wie mit einer Wand zu reden.
Irgendwann betrat mein Vater den Raum und sah verwirrt zwischen uns hin und her. "Kann mir mal jemand erklären was hier los ist?" Ich lachte verbittert und antwortete:" Sie will mich nicht nach San Diego fahren lassen." Dad setzte sich neben mir aufs Krankenhausbett und schaute zu meiner Mutter, die am Fenster stand. "Karen, was spricht denn dagegen?" Sofort wirbelte sie zu uns herum und funkelte meinen Vater sauer an, dann schrie sie:" Was dagegen spricht?! Sie liegt im Krankenhaus, weil sie Schmerzen hatte! Sie hat einen Gehirntumor, das spricht dagegen!" Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter und ich sah zu meinem Vater, der nun genauso wütend aussah wie Mom. "Karen, du kannst Hope nicht ewig in Watte packen! Sie ist alt genug um selbst zu entscheiden was sie möchte! Und falls es dir noch nicht aufgefallen ist, aber seit Shawn in ihr Leben getreten ist, ist sie wieder unsere fröhliche und aufgeweckte Tochter!" Ich wollte nicht, dass meine Eltern sich wegen sowas stritten. Meine Mutter sagte leise:" Wenn du das so siehst, dann entscheide du. Ich fahre jetzt, ihr macht ja sowieso was ihr wollt." Verärgert nahm sie ihre Tasche vom Sessel und stiefelte dann auf die Tür zu. Kurz bevor sie die Tür hinter sich schloss, rief Dad:" Karen! Jetzt bleib doch!" Doch wahrscheinlich bekam sie das schon gar nicht mehr mit. Mein Vater sah entschuldigend zu mir und flüsterte:" Es tut mir leid, Hope. Fahr ruhig nach San Diego morgen, ich rede mit ihr." Er stand nun ebenfalls auf, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und verließ mein Zimmer.
Natürlich konnte ich es absolut nachvollziehen, dass meine Mutter sich Sorgen um mich machte, aber mein Vater hatte Recht. Mit fast 18 Jahren sollte ich durchaus in der Lage sein meine Entscheidungen selbst zu treffen und selbst zu entscheiden was gut oder schlecht für mich war. Sie wollte das bloß nicht begreifen und das verletzte mich. Mit ihrer mütterlichen Fürsorge drohte sie mich immer wieder zu erdrücken, das war auch leider schon immer so gewesen.
Seufzend fuhr ich mir durch meine Haare und stand vorsichtig aus meinem Bett auf. Noch heute Nachmittag würde ich entlassen werden, aber ab sofort musste ich mindestens zwei Mal in der Woche zur Kontrolle ins Krankenhaus, da meine Lage sich verschlechtert hatte. Mein Arzt hatte mir wieder einmal eine Operation vorgeschlagen und um ehrlich zu sein hatte ich dieses Mal nicht direkt nein gesagt. Seit ich Shawn getroffen hatte, von Angesicht zu Angesicht, hatte ich mir öfters Gedanken darüber gemacht ob eine OP vielleicht nicht doch eine Option für mich wäre. Für nächsten Dienstag hatte ich also einen Termin bei einem der besten Chirurgen in Kalifornien, der sich mit meinem Fall vertraut machen wollte um zu sehen, welche Optionen wir hatten.
Eine Krankenschwester kam in mein Zimmer und fragte mich lächelnd wie es mir ginge, worauf ich ihr mit einem fröhlichen 'super' antwortete. Dabei war das nicht einmal gelogen, denn es ging mir wirklich gut. Morgen würde ich nach San Diego fahren, Sofia würde mot mir kommen und ich würde Shawn wiedersehen, auch wenn ich nicht wusste wie er das finden wird. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt - habe ich Recht?
"Deine Tabletten geb ich dir jetzt schon. Denk bitte dran sie regelmäßig morgens und abends zu nehmen und wenn sie leer sind, dann bekommst du bei der nächsten Untersuchung neue", erklärte die junge blonde Krankenschwester und überreichte mir eine Packung mit Tabletten. "Irgendwelche Nebenwirkungen?" Sie half mir meine Tasche zu packen und antwortete:" Möglicherweise Müdigkeit oder wenn du davor nicht isst, auch Schwindel. Aber sonst wüsste ich jetzt nichts." "Okay, danke."
"Verdammt Sofia! Jetzt beweg deinen Hintern ins Auto! Wir müssen los jetzt!" Meine beste Freundin stöhnte genervt und sagte:" Ja, ich bin ja schon da!" Hektisch schmiss sie ihre Reisetasche auf die Rückbank und stieg dann neben mir ins Auto ein, um dann die Tür feste hinter sich zuzuschlagen.
Sofort trat ich auf's Gaspedal und fuhr los. Schon in vier Stunden würden wir in San Diego sein und morgen Abend würde dann das Meet&Greet stattfinden, bei dem ich Shawn treffen würde. Sofia band sich ihre roten Locken zu einem Zopf und fragte dann:" Wie hast du dir das eigentlich vorgestellt? Willst du da einfach rein spazieren und 'hey, Shawn! Here I am'?" Seufzend schüttelte ich den Kopf und antwortete wahrheitsgemäß:" Ich hab keine Ahnung, okay?" Sie schüttelte lachend den Kopf. "Das ist meine Hope, wie ich sie liebe." War ja klar, dass das kam.
Aber mal im Ernst, ich hatte keine Ahnung was ich machen sollte. Wohlmöglich hatte ich gar keine andere Wahl als einfach hinzugehen und ihn einfach mit der Realität zu konfrontiert. Alles was ich wollte war mit ihm zu reden und zu wissen, was John für ein Problem hatte. Kannte ich vielleicht zu viele Geheimnisse und sie hatten Angst, dass ich was ausplaudern würde? Nun, sowas würde ich nie tun und das wusste Shawn auch, wenn er es also nicht schaffte das mit seinem Management zu regeln, dann wäre ich noch enttäuschter als ich es so schon war.
Vor mir streckte sich der Highway in die Länge. Hoffentlich würden wir nicht noch in einen Stau geraten. "Sag mal, Sof? Was ist das jetzt eigentlich mit dir und David?" Sofort lief ihr Gesicht rot an und sie lachte nervös. "Wir hatten Samstag ein Date. Er hat mich geküsst." Oh, wie süß. "Das freut mich für dich."Das große Gebäude ragte hoch über uns und ich kam mir winzig klein vor. Es war ein moderner Gebäudekomplex, dessen Fassade überwiegend aus Fenstern bestand und sehr modern aussah. Hätte ich nicht mein ganzes Geld gespart, könnte ich mir das alles nicht leisten, aber das alles hier war es mir Wert.
"Wow", entfuhr es Sofia sobald wir die Eingangshalle, die größtenteils aus Marmor bestand, und ich nickte zustimmen. Gemeinsam checkten wir an der Rezeption ein und ein Portier brachte uns dann nach oben. Kurz bevor wir unser Zimmer betraten, sagte der ältere Mann:" Das Hotel entschuldigt sich schon mal bei Ihnen, falls Ihre Zimmernachbarn krach machen. Klopfen Sie dann einfach dort an und beschweren sich, es sind wirklich nette junge Männer." Verwundert schaute ich ihn an und sagte dann höflich:" Vielen Dank." Sofia schloss inzwischen schon die Tür auf und wir betraten staunend unser Zimmer, was zugegeben der reine Traum war. Alles war hell gehalten und an der Wand links von uns standen zwei große Doppelbetten. "Mir gehört das am Fenster", verkündete ich lachend und schmiss mich auf mein Bett.
Das Badezimmer war ebenso ein Traum. Der Boden war aus edlen Fliesen und es besaß sowohl Dusche als auch Badewanne, was mich besonders freute. "Das ist der Hammer!" Ja, das war es in der Tat.
Ich ging fertig umgezogen ins Zimmer und legte mich in mein Bett. Dort nahm ich mein Handy in die Hand und sah meine Nachrichten nach.
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Mom: Hope, seid ihr gut angekommen?
H: Ja, Mom. Es ist alles in Ordnung, okay? Ich ruf an, wenn wir Sonntag wieder fahren.
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Dad: Deine Oma ist jetzt wieder Zuhause! Ich soll dir liebe Grüße ausrichten. Ich hab dich lieb, pass auf dich auf.
H: Hey Daddy, danke dass du mir Bescheid gesagt hast. Ich hab dich auch lieb und mach ich :D
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Unbekannt: Hallo Hope, ich bin ein Freund von Mendes. Es tut mir leid, dass ich dich so überfalle aber ich muss unbedingt mit dir sprechen. Es wäre nett, wenn du dich bei mir melden könntest. Momentan bin ich in San Diego, aber ich bin jederzeit erreichbar.
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Mit zitternden Händen legte ich mein Handy auf die Seite und sah geschockt an die Decke. Sofia kam aus dem Badezimmer und sah mich besorgt an. "Hope, ist alles okay?" Kopfschüttelnd gab ich ihr mein Handy in die Hand und fragte mich ernsthaft ob ich das gerade alles träumte. "Oh Gott. Was machst du jetzt?" Ich zuckte meine Schultern und raufte mir meine Haare. "Denkst du ich soll ihm schreiben?" Sofia nickte und drückte mir mein Telefon in die Hand. "Ja, du solltest dir zumindest anhören worum es geht."
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H: Hallo, ich hab deine Nachricht bekommen. Zufällig bin ich auch in San Diego, weil ich zum M&G gehe. Hast du vielleicht Zeit dich morgen früh mit mir und einer Freundin bei Starbucks zu treffen?
Unbekannt: Schreib mir wann und wo und ich werde da sein, Hope.
H: Starbucks. Halb 11 morgens. Du wirst uns erkennen. Sie hat knallrote Locken.
Unbekannt: Okay.
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"Und? Was sagt er?" Seufzend ließ ich die Hand mit meinem Handy sinken und schaute zu Sofia, die es sich in ihrem Bett bequem gemacht hatte. "Wir treffen uns morgen mit ihm." "Hast du einen Verdacht wer es ist?" Kopfschüttelnd drehte ich mich zur Seite, zog die Bettdecke bis zu meinem Kinn und schloss dann die Augen. "Gute Nacht, Sof."
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All about you| #Wattys2019
Fanfiction"Und er sah mich an, wie mich noch nie ein Junge angesehen hatte. Seine braunen Augen stachen im meine blauen Augen, die Zeit schien stillzustehen und ich hielt die Luft an. Das konnte nicht sein, das war alles ein Traum. Oder stand dieser Mensch, d...