Kapitel 1

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Kapitel 1

„Liv! Komm schon!", höre ich meinen Bruder brüllen. Eilig laufe ich die Treppen runter und nehme die schwarze Sweatjacke vom Treppengeländer. Ich werfe sie mir über und stöhne genervt auf.
„Luke, wo ist mein Pulli?", brülle ich und er kommt aus der Küche heraus. Er zuckt mit den Schultern und ich stöhne nochmal auf. Dann renne ich wieder zurück nach oben und suche nach einer Jacke für mich. Ich finde schließlich eine schwarze Jeansjack und streife mir die stattdessen über. Dann renne ich wieder runter und Luke steht schon an der Haustür. Seinen Rucksack hat er schon auf dem Rücken und meinen hält er in der rechten Hand. In der linken hält er einen Apfel. Im Vorbeigehen sehe ich Lukes Snapback auf dem Knauf am Ende des Geländers der Treppe in unserem Haus hängen und nehme sie runter. Ich schnappe mir meinen Rucksack aus Lukes Hand und ziehe ihn auf. Dann setze ich meinem Bruder die Snapback auf und er reicht mir den Apfel.
„Danke", sagen wir gleichzeitig und lachen zusammen los.
Dann gehen wir aus dem Haus. Luke macht die Tür hinter uns zu und wir laufen über einen kleinen versteckten Pfad vorbei an einer Häuserreihe, um zur Bushaltestelle abzukürzen. Dort angekommen fange ich endlich an meinen Apfel zu essen und bin wie immer so unfassbar froh, dass Luke auch an mich denkt.
Plötzlich haut sich Luke die Hand gegen die Stirn und ich hebe fragend eine Augenbraue, sage aber nichts sondern esse lieber weiter. Luke nimmt sein Portemonnaie heraus und ich weiß schon was los ist. Ich verdrehe die Augen und kaue zu Ende, bevor ich rede.
„Ich gebe dir später was. Dafür zahlst du das nächste Mal für mich, wenn wir ins Kino gehen oder so", sage ich und er atmet erleichtert durch. Er will sich bedanken, aber ich winke ab: „Soll ich meinen Lieblingsbruder etwa verhungern lassen?"
Es ist nicht das erste Mal, dass Luke vergisst sein Essensgeld mitzunehmen...
„Nein, weil du die besteste Schwester auf der Welt bist", gibt er grinsend zurück und steckt sein Portemonnaie zurück.
„Bin auch deine einzige", schnaube ich auf und er grinst mich an und nickt.
„Du hast gestern Mathe gemacht?", fragt Luke mich und ich nicke ihm zu.
„Krie'st du 'm Bus", murmle ich um meinen Apfel herum und er nickt. Dann kaue ich zu Ende und schaue ihn an: „Wie geht's mit unserem Musikprojekt voran?"
Er zuckt mit den Schultern: „Ich arbeite dran."
„Sehr gut", grinse ich zurück und kann sehen, wie der Bus vorfährt. Ich will den Apfel gerade wegwerfen, aber Luke hält meine Hand fest: „Wirf den doch noch nicht weg!"
„Aber da kommt der Bus!", sage ich und er schnappt sich den halb gegessenen Apfel aus meiner Hand. Mit ein paar eiligen und großen Bissen hat er ihn fast bis auf Stil und Kerne runtergegessen und wirft ihn jetzt erst in die kleine Mülltonne. Genau in dem Moment indem der Bus vor uns hält. Er grinst mich triumphierend an und ich kann ihn in meinem Kopf schon sagen hören: Siehst du, man kann es wohl noch schaffen, den zu essen!
Ich verdrehe die Augen und steige vor ihm in den Bus hinein. Er erklimmt direkt hinter mir die Stufen und wie immer verschwinden wir ganz nach hinten in den Bus. Ich setze mich an den Fensterplatz und Luke fällt neben mich.
Er zieht seine Kopfhörer und sein Handy heraus und bietet mir einen der Kopfhörer an. Wie immer nehme ich ihn an und stopfe ihn mir hinein. Luke startet seine gesamte Musik auf Zufall und ich lehne meinen Kopf an die Scheibe neben mir.
Ich döse langsam weg und verfalle in einen traumlosen und sehr kurzen Schlaf.

„Wach auf, Olivia. Wir müssen raus", Luke rüttelt mich vorsichtig wach. Ich blinzle gegen das helle Tageslicht an und murre auf.
„Ich verstehe nicht, wie du für die zehn Minuten einschlafen kannst!", lacht eine andere Stimme und ich erkenne sie sofort. Es ist Luke neuer bester Freund Calum.
„Klappe, Cal", beschwere ich mich und lasse mich von meinem Bruder auf die Füße ziehen. Die Jungs lassen mich vorgehen und ich springe vor ihnen aus dem Bus heraus. Sie holen dann aber sofort wieder zu mir auf.
„Ganz im Ernst. Ich steige eine Minute nach euch ein und da bist du immer schon tot", sagt Calum und ich weiß nicht ob das Bewunderung oder pure Verwirrung in seiner Stimme ist.
„Schlaf ist das wichtigste", antworte ich und werde wieder wacher. Ich bringe ein sanftes Lächeln zustande und Calum zuckt mit den Schultern. Er und Luke beginnen zu reden und ich laufe langsam neben ihnen her. Im Schulflur laufen wir alle in die selbe Richtung und bleiben an drei Spinden direkt nebeneinander stehen. Tja, es ist schon cool, wenn die Schule Spinde nach Nachnamen vergibt...
Ich ziehe aus meinem Rucksack die unwichtigen Sachen heraus und gebe Luke seine Mathehausaufgaben. Er ist in einem anderen Mathekurs als ich, deshalb fällt es auch nicht auf, wenn ich einfach seine Hausaufgaben mache... Außerdem haben wir ähnliche Schriften.
„Ich sehe dich gleich in Englisch. Pass auf dich auf", murmelt Luke mir zu und fängt meinen Blick ein. Ich nicke ihm lächelnd zu, presse mir mein Mathe- und Englischbuch gegen die Brust und winke Calum leicht. Er erwidert das mit einem Kopfnicken und dann gehen auch die Beiden zu ihrem Unterricht.

Luke sagt nicht umsonst, dass ich auf mich aufpassen soll.
Wir versuchen alle beide einfach nur nicht aufzufallen. Wir wurden in unserer alten Schule beide ein wenig gemobbt. Einfach nur weil wir beide früher ein bisschen moppelig waren und furchtbar schüchtern. Wir hatten nie viele Freunde und die wenigen, die wir hatten haben uns dann auch verlassen. Zum Glück hatten wir uns immer gegenseitig.
Wir sind einfach das typischste und klischeehafteste Zwillingspaar, was man finden kann. Wir sind ein Herz und eine Seele und versuchen alles zusammen zu machen. Die Erfahrungen an unserer alten Schule haben uns nur noch mehr zusammengeschweißt.
Vor etwa einem halben Jahr haben wir die Schule gewechselt und es ist wesentlich besser geworden für uns beide.
Je mehr man uns als dick und fett beschimpft hat, desto mehr haben wir beide uns in den Kopf gesetzt das zu ändern. In den Sommerferien zur neunten haben wir zusammen angefangen Sport zu machen. Wir gehen zusammen joggen und trainieren zuhause und im Garten zusammen. Mittlerweile hat Luke beinahe ein Sixpack aufzuweisen und ich hab endlich die Figur, die alle Mädchen haben wollen. Ich bin schlank, habe aber dank der Muskeln weibliche Kurven behalten. Alleine hätte es keine von uns geschafft, aber zusammen sind wir unschlagbar.
Naja, jetzt sind wir seit einem halben Jahr an der neuen Schule und schaffe es bisher wunderbar einfach nicht aufzufallen. Wie gesagt sind wir ziemlich schüchtern und haben es wirklich schwer neue Freunde zu finden. Bei Luke und Calum hat es einfach geklickt und seit wir uns an unserem ersten Schultag in Englisch neben Calum gesetzt haben, sind wir drei befreundet. Calum und Luke etwas enger als Calum und ich, aber das ist okay. Calum ist ein toller Kerl und ich verstehe, dass sie sich als zwei Jungs etwas besser verstehen, was nicht bedeutet, dass Calum und ich uns nicht verstehen. Wir machen meistens etwas zu dritt, aber hauptsächlich ist Calum eben Lukes Freund.

Ich gehe in den Raum, in dem ich Mathe habe und mein Lehrer sitzt schon da. Ich gehe schnell an ihm vorbei, als er aufsteht und hinter mir die Tür zumacht. Mit großen Schritten gehe ich in die vorletzte Reihe und plumpse an meinen Platz. Hayley lächelt mich kurz an und dreht sich dann nach vorne.
Hayley ist das was im Moment noch am ehesten einer Freundin ähnelt. Sie ist auch ziemlich schüchtern und versucht genauso wie ich einfach nur möglichst unsichtbar durch den Alltag zu kommen. Sie hat noch zwei andere Freundinnen, aber die sind nicht in unseren Kursen. Ich hab mit ihr zusammen Mathe, Geschichte und Erdkunde, deswegen kennen wir uns relativ gut. Nach ein paar Wochen die ich hier war ist es irgendwie zu einer unausgesprochenen Abmachung geworden, dass wir uns im Unterricht nebeneinandersetzen, uns helfen und zusammen arbeiten, falls es verlangt wird. Ansonsten reden wir aber nicht so viel. Sie sitzt beim Essen immer mit ihren anderen Freundinnen und das ist okay für mich. Ich will eh mit Luke sitzen.
Unser Lehrer gibt schreibt einige Aufgaben an die Tafel die wir durchrechnen sollen, während er unsere Hausaufgaben einsammelt. Er schenkt mir und Hayley ein kurzes Lächeln. Wir sind zwei seiner besten Schülerinnen und er mag uns, obwohl wir so schüchtern und leise sind - oder gerade deswegen.
Der Unterricht geht schnell vorbei und als ich meine Sachen zusammenpacke, segelt eins meiner Blätter auf den Boden. Mit einem Stöhnen mache ich zwei Schritte um es wieder aufzuheben. Ich beuge mich runter und sehe ein paar schwarze Chucks neben mir stehen bleiben. Langsam richte ich mich auf und schaue den Kerl an, der neben mir stehen geblieben ist. Ich mustere ihn eine Sekunde, erkenne ihn aber beim besten Willen nicht wieder. Er hat den Blick auf den Boden gesenkt und sagt nichts. Es braucht noch eine Sekunde bis ich bemerke, dass ich mitten im Durchgang stehe. Also mache ich einen Schritt zurück und er geht sofort an mir vorbei und aus dem Raum raus. Ich runzle die Stirn und schaue ihm einen Moment nach. Dann gehe ich zurück zu meinem Rucksack, aber nicht ohne einen Blick in die letzte Reihe zu werfen, in der er gesessen haben muss.
„Ist noch was Mrs Hemmings?"
Ich schaue nach vorne und dort steht Mr Gorden an seinem Tisch und schaut mich an.
„Uhm, nein", antworte ich leise, stopfe schnell das Blatt in meine Tasche und stolpere regelrecht aus dem Raum. Ich kann meinen Lehrer noch leise auflachen hören und stöhne auf. Man ist das peinlich...

Ich eile zum nächsten Raum und bin erleichtert sobald ich Calum und Luke schon auf unseren üblichen Plätzen sitzen sehe. Wieder vorletzte Reihe ganz am Fenster. Luke winkt mir fröhlich zu und ich schiebe mich an den anderen Leuten weiter, um zu ihm durchzukommen. Ich rutsche auf den Platz am Fenster und er grinst mich an: „Danke für die Mathehausaufgaben. Mrs Ich-hasse-jeden-und-alles-Smith fand sie richtig gut."
Er hält eine Hand hoch und ich schlage ein: „Kein Problem, Hemmo. Ich hoffe, dass es mit unserem Musikprojekt genauso ausgeht."
Er zwinkert mir zu und dann lässt er mich meine Sachen für Englisch auspacken. Ich hole alles heraus und der Unterricht beginnt. Luke, Calum und ich schreiben uns Briefchen und machen uns über Mr Parding lustig. Er sieht einfach aus wie Mr Potato Head aus Toy Story.
Ich warte darauf, dass Luke mir wieder den Zettel rüberschiebt, und drehe meinen Stift unruhig zwischen meinen Fingern hin und her. Plötzlich spüre ich den Stift aus meiner Hand rutschen und- verdammt. Ich hasse das. Ich schließe kurz die Augen und höre Luke neben mir kichern. Ich schlage ihm leicht gegen den Oberarm und frage ihn flüsternd: „Wo ist der hin?"
„Hinter uns", gibt er grinsend zurück und deutet über seine Schulter. Seufzend drehe ich mich auf meinem Stuhl um und suche den Boden hinter mir ab. Ich finde meinen Stift, aber er liegt weit unter dem Tisch hinter uns. Da komme ich so niemals dran. Ich fluche innerlich weiter und schlucke nervös, als ich realisiere ich muss jemanden hinter mir fragen, ob er mir den Stift zurückgeben kann. Mein Blick gleitet hoch und ich stelle überrascht fest, dass der Platz direkt hinter mir besetzt ist. Und zwar von dem Kerl aus Mathe. Ich blinzle ihn wieder überrascht an.
Dann räuspere ich mich leise. Er reagiert wieder nicht. Weil ich keine Ahnung habe, wie er heißt, versuche ich es nochmal mit räuspern. Luke dreht sich kurz zu mir um, aber ich schenke ihm einen kurzen Blick und er dreht sich sofort wieder zurück. Jetzt lege ich meine Hand vorsichtig auf den Tisch hinter mir und das scheint dann doch endlich eine Reaktion aus dem Unbekannten hervorzurufen. Er schaut auf und schaut mich an.
Und was mache ich? Ich schaue einfach zurück.
Unter seinen schwarzen Haaren verstecken sich helle, grüne Augen. Er hat eine Stupsnase und wirklich rosane Lippen. Ganz automatisch, als ich seine Lippen anschaue, lecke ich mir über meine und mache den Mund auf um etwas zu sagen. Weil es bestimmt ein bisschen gruselig ist, wenn ich weiter seine Lippen anstarre, zwinge ich meine Augen wieder nach oben und schaue ihm in die Augen.
„Uh...", mache ich und mache den Mund wieder zu. Er zuckt ein bisschen zurück und ich zucke ebenfalls zurück. Es kostet mich noch ein paar Sekunden, dann deute ich auf den Boden zu seinen Füßen und wispere: „Mein Stift."
Er blinzelt mich kurz an, dann schielt er auf den Boden und wieder auf mich.
„Bitte... Ich will nicht unter deinen Tisch krabbeln müssen", lache ich leise und ziemlich unbeholfen. Für eine Millisekunde habe ich das Gefühl er würde mitlachen. Dann rutscht er mit seinem Stuhl zurück, beugt sich runter und hebt meinen Stift auf. Er rutscht wieder an den Tisch und streckt langsam seine Hand mit meinem Stift zu mir aus.
Ich nehme ihn an und achte penibel darauf, den Jungen nicht anzufassen. Ich will ihm danken, aber er starrt schon wieder auf sein Blatt. Ich drehe mich zurück nach vorne und beantworte den Zettel von Luke und Calum. Sobald sich Mr Parding zur Tafel dreht, werfe ich den Zettel auf Calums Tisch und höre ihn ein „Na endlich." Murmeln. Sorry, dass der feine Herr eine Minute warten musste.
Nach Englisch schaue ich automatisch nach hinten, aber der Junge ist schon weg. Ich habe ihn gar nicht an uns vorbeilaufen sehen... Komisch.
Ich trotte neben Calum her, mit dem ich jetzt Geschichte habe. Wir reden leise miteinander über die Hausaufgabe und gehen in den Raum hinein. Hier sitzen wir zusammen mit Hayley in der letzten Reihe.
Aus reinem Interesse schaue ich mich um, aber diesmal sehe ich den schwarzhaarigen Kerl nirgends. Auch in Erdkunde und meinen anderen Fächern kann ich ihn nicht finden und vergesse ich so schnell wieder.



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Hallo! :)

Noch eine Geschichte von mir und diesmal geht es um Michael!
Ich hoffe, das erste Kapitel gefällt euch (wer auch immer sich hierhin verirrt) schon mal und macht Lust auf mehr :)

Oben/an der Seite ein GIF wie Michael in der Geschichte aussehen soll :)

GLG zebras :)

Highschool Nightmare - Michael Clifford FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt