Kapitel 20
„Geht's dir schon was besser?", fragt Michael mich, als wir nach Bio unsere Sachen zusammenpacken.
„Ja", lächle ich ihn halbherzig an und es tut wieder ein bisschen weh, als ich meine Muskeln anspanne zum Aufstehen. Michael greift sofort nach meiner Seite und meine Schulter und hält mich fest.
„Danke", sage ich leise und greife meine Tasche. Ich ziehe sie mir auf und merke, wie Michaels Hand langsam von meiner Schulter rutscht und bleibt an meinem Handgelenk stehen. Mein Herz pocht schnell in meiner Brust, weil ich genau weiß, was Michael eigentlich tun wollte.
Und ich entscheide mich auf mein Bauchgefühl zu hören und schiebe meine Hand selbst in seine. Er schaut mich überrascht an und ich schaue zu ihm auf.
„Es tut mir leid", seufzt er dann leise und hebt seine freie Hand an mein Gesicht.
„Schon okay..."
„Ich hab dich gewarnt."
„Und ich wusste davon und es ist okay. Wirklich, Mikey", betone ich erneut leise.
„Ist es nicht...", nuschelt er und dann beugt er sich rüber und legt seine Lippen ganz sanft an meine Stirn. Der vorsichtige Kuss hält viel länger an, als er müsste und sollte, aber ich schiebe Michael nicht weg. Stattdessen schließe ich die Augen mit einem leisen Seufzen und lehne mich gegen ihn. Er lässt langsam meine Hand los und schlingt seine Arme um meine Schultern. Jetzt erst löst er seine Lippen von meiner Stirn und ich lege meinen Kopf an seine Brust. Er lehnt seine Wange an meinen Kopf und ich spüre seinen Atem in meinen Haaren. Wir umarmen uns noch ein paar Sekunden, dann löst er sich von mir, schultert seine Tasche und geht.
„M-Mikey!", rufe ich ihm hinterher und laufe ihm schnell hinterher. Doch ich muss mich gar nicht so beeilen. Vor unserem Klassenraum stehen Ashton, Luke und Calum und die haben Michael abgefangen und Calum erzählt ihm schon irgendeinen Müll, der Michael dazu bringt leise zu Lachen.
„Gib mir deinen Rucksack", höre ich Ash vergleichsweise leise und drehe mich um. Er steht praktisch auf mir und greift nach meiner Tasche. Ich lasse ihn machen und danach drückt er mir einen sanften Kuss auf die Wange.
Langsam und schwätzend laufen wir zu Ashtons Auto und er fährt uns alle nach Hause. Luke und ich sind wieder die Ersten und ich drehe mich zur Seite und umarme Calum, der zwischen Luke und mir gesessen hat. Dann tippt Luke Michael sanft an der Schulter an und sie schlagen kurz ein und ich winke Michael mit einem leichten Lächeln zu. Er erwidert es ebenso und ich steige aus.
Eigentlich sollte ich wieder neben Ashton vorne sitzen, aber wir haben festgestellt, dass es vielleicht für Michael besser ist, wenn er ein bisschen mehr Platz hat – vor allem, weil sein Bein wohl noch ziemlich weh tut, auch wenn er das nicht zugeben will.
„Liv, warte", ertönt Ashs Stimme, bevor ich auch nur einen Schritt vom Auto weggehen kann. Seine Tür schwingt auf und er steigt aus.
„Bis morgen und ruh dich gut aus, okay? Ich verspreche dir, ab heute tut dir niemand mehr weh, ja? Ich passe auf dich auf", sagt er zu mir und ich schaue ihn mit großen Augen an.
„Hab dich lieb", murmelt er dann und beugt sich zu mir runter. Er drückt mir seine Lippen auf und ich erwidere den Kuss nur langsam. Danach löst er sich mit einem Lächeln und setzt sich wieder ins Auto.Ich schlucke hart, als ich dem Auto dabei zuschaue, wie es wegfährt.
„Komm schon", Luke zieht an meinem Arm und ich folge ihm ins Haus. Wir ziehen unsere Schuhe an und begrüßen Mum und Dad, die zusammen in der Küche sitzen.
„Hey!", begrüßt Luke sie und geht direkt an den Kühlschrank. Ich folge ihm und wir schauen beide neugierig hinein, ob es was Leckeres gibt.
„Kinder..."
„Was?", fragt Luke ein bisschen genervt und wühlt im Kühlschrank herum. Ich stehe auf meinen Zehenspitzen und schaue ihm dabei zu. Nachdem ich kein Mittagessen hatte, hab ich jetzt doch irgendwie Hunger. Aber die Stille von Mum und Dad bringt mich durcheinander und ich drehe mich zu ihnen um. Ich sehe, dass das Telefon zwischen ihnen liegt und der Blick von meinem Dad gefällt mir gar nicht.
„Dad?", frage ich unsicher und jetzt dreht sich auch Luke um. Unser Dad schiebt einen Stuhl unter dem Tisch heraus und Luke und ich schauen uns kurz an, dann nehmen wir beide die unausgesprochene Einladung an und setze uns beide an unsere Plätze am Esstisch.
„Essen gibt es wenn Jack nach Hause kommt", sagt Mum und wir nicken.
„Ich hab eben einen Anruf bekommen. Von der Firma", sagt Dad und wir wissen alle was das bedeutet.
„Wohin?"
„Wie lange?", fragen Luke und ich gleichzeitig.
„Europa... Geplant sind etwa 10 Tage, aber es könnten auch zwei Wochen oder länger werden", erklärt Dad uns: „Ich fliege morgen Vormittag."
Wir nicken mit einem Seufzen und stehen beide gleichzeitig auf und gehen um den Tisch herum und schließen beide unseren Vater von beiden Seiten in die Arme.
„Ich werde euch vermissen, Kiddies", murmelt Dad.
„Wir dich auch", erwidern wir zusammen.
„Jetzt macht aber eure Hausaufgaben oder was auch immer. Wir rufen euch, wenn es Essen gibt", lächelt Dad und tätschelt leicht unsere Rücken und schiebt uns so aus der Küche. Wir gehen die Treppen hoch und in unser Zimmer hinein. Keine Ahnung wieso, aber ganz automatisch gehen wir beide an unsere Schreibtische und packen unsere Schulsachen aus. Ich mache mich an die Mathehausaufgaben und höre, wie Luke den Laptop anmacht und dann zu tippen beginnt. Es dauert bestimmt eine halbe Stunde, bis Luke das erste Mal seufzt.
„Ich hasse es, wenn Dad wegfliegt", sagt er leise. Ich schaue kurz über die Schulter zu ihm.
Unsere Tische stehen in der hinteren Ecke von unserem Zimmer. Eigentlich ist das Lukes Zimmerhälfte, aber wir sehen das beide nicht so eng und fanden es besser, wenn wir die Wand gegenüber von unseren Betten frei haben für den Fernseher.
Er starrt weiter auf den Bildschirm von seinem Laptop und scrollt durch das Dokument, dass er bis eben geschrieben hat.
„Ich auch", seufze ich dann und tippe die nächste Rechnung in meinen Taschenrechner ein. Ich warte auf das Ergebnis und schreibe es dann auf.
„Vor allem hasse ich es danach Mum zu sehen", gebe ich zu und schreibe die nächste Aufgabe ordentlich in mein Heft hinein.
„Mhm...", brummt Luke.
„Ich frage mich, warum sie nicht manchmal mit ihm fliegt", fügt er dann an und beginnt wieder zu tippen.
„Du weißt wieso", gebe ich zurück und freue mich ein bisschen, als ich sehe, dass es nur noch zwei weitere Aufgaben sind. Ich tippe wieder alles in den Taschenrechner ein und warte darauf, dass er mir das Ergebnis ausspuckt.
„Ja... aber...", beginnt Luke und hört auf zu tippen. Ich schriebe die Lösung auf und drehe mich dann zu ihm um. Auch er hat sich ein bisschen zu mir gedreht und starrt die Wand an.
„Wir sind echt alt genug und Jack ist auch noch da... Wir würden zwei Wochen alleine überleben und sie ist Lehrerin. Es wäre absolut kein Problem, wenn sie sich mal ein paar Tage frei nimmt", sagt er und ich zucke mit den Schultern.
„Ich glaube... sie will uns einfach noch nicht alleine lassen", sage ich und fasse mir automatisch an die Seite.
„Brauchst du Eis?", fragt Luke nach.
„Vielleicht keine schlechte Idee", nicke ich und ohne zu Meckern steht er auf und geht raus. Einige Minuten später kommt er mit einem Tuch zurück und reicht es mir. Ich nehme es dankend an und spüre das eingewickelte Kühlpad. Ich schiebe es unter mein Shirt und seufze zufrieden. Mein blauer Fleck ist echt erstaunlich heiß... Mit einem Stirnrunzeln hebe ich mein Shirt doch an und schaue mir meine Seite an. Die ist nicht wie erwartet blau, sondern richtig rot.
„Ist dir nicht irgendwie schlecht oder so?", fragt Luke nach.
Ich schüttle mit dem Kopf und er nickt ein bisschen erleichtert. Das bedeutet nur, dass es nicht allzu schlimm ist, oder?
„Genau deswegen fährt Mum nicht mit Dad mit", sage ich und drücke mir das kalte Tuch in die Seite.
„Aber es ist vorbei", sagt Luke und verschränkt die Arme vor der Brust. Dann merkt er selbst wie dumm es klingt, wenn er das sagt und ich mir gerade die Verletzung kühle. Er winkt wild herum und schaut genervt: „Du weißt, wie ich das meine. Es ist vorbei, wir haben nicht mehr so Probleme wie vorher... Und... davon weiß sie nichts... Sie sollte eigentlich denken, dass es uns besser denn je geht. Du hast sowas wie einen Freund, wir haben unseren Freundeskreis erweitert... Sie waren verdammt nochmal zu einer Übernachtung da und unsere Noten sind besser als je zuvor."
Ich nicke langsam. Ich verstehe genau, was Luke meint.
„Vielleicht sollten wir das Mum auch so sagen?", frage ich. Er legt den Kopf ein bisschen schief und ich erkläre: „Naja, wenn Mum nur wegen uns beiden nicht fahren will... Vielleicht sollten wir ihr sagen, dass es uns gut geht und wir ihre Hilfe nicht mehr brauchen..."
„...und sie jetzt an der Reihe ist, glücklich gemacht zu werden", fügt Luke an.
„Sehe ich auch so", lächle ich zurück, dann schmolle ich aber wieder: „Aber sie kriegt niemals heute noch ein Ticket um morgen mit Dad mitzufliegen..."
„Dann das nächste Mal", sagt Luke und wir drehen uns ein bisschen zufriedener wieder zu unseren Schreibtischen und machen weiter.
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Highschool Nightmare - Michael Clifford FF
FanficNicht jeder hat es leicht in der High School. Das wissen auch Luke und Liv Hemmings - und Michael. Allerdings ist der Liv vorher noch nie aufgefallen. Was, wenn sie durch einen Zufall auf ihn aufmerksam wird. Der schwarzhaarige Junge aus der letzten...