16. Kapitel

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Die Tage waren schön und blieben es bin in den Octobre hinein. So ergab es sich, dass sich viel von Pixis Leben auf der Outdoorterrasse abspielte. Am späten Vormittag tauchte dann zumeist auch Esmeraldos auf, unterhielt sich kurz mit Pixi über dies und jenes, um dann Altinterop, den er von den Vorzügen naturnaher Betätigung überzeugt hatte, zu einer Exkursion mitzunehmen. Sobald Pixi wieder allein war, spielte sie mit Little-Annichen oder chattete mit ihren entfernten Freunden aus Kubus File 15 und schrieb so manche lange Offline-Nachricht an Sandy. Ab und an, gingen sie und der Medi-Doc, der Little Anniechen vor sich her schob, auch in den Interiornaturgängen spazieren. Im Kubuszentrum selbst hielt sich Pixi nur sehr selten auf. Irgendwie war bei all den Kubujaner niemand mit dem sie sich wirklich gut befreunden konnte. Und auch den Versuch sich mit Esmeraldos Gen-A-Partnerin zu befreunden hatte sie aufgegeben, gar zu unzugänglich gab sich diese.

Das ging wochenlang so, bis Pixi spontan ein intensives Bedürfnis aussprach. Sie forderte ein mit auf die Exkursionen kommen zu können.Sie habe so große Lust dazu und keine Gefahr der Welt könne sie abhalten, etwas zu tun, was ihr Spaß machen könnte. Und wenn es den Männern erlaubt war, warum nicht auch ihr. Esmeraldos fand das Klasse, aber Altinterop war absolut dagegen. Erst als Esmeralos sagte, er werde sich um die Out-Door-Genehmigung kümmern, das solle mal nicht Altinterops Sorge sein, stimmte dieser zögerlich zu. Kurze Zeit später lag die Erlaubnis bereits vor und Pixi war selig mit dem Elektroscooter in der freien Natur dahin jetten zu können. Die Outdoor-Permission war allerdings an die Auflage gekoppelt worden zwei trainierte Personenschützer auf ihre Fahrten mitnehmen zu müssen.

So fand also Mitte Octobre ihr erster Ausflug statt. Es war ein gar sonderbarer Anblick. Vorne Altinterop und Esmeraldos direkt hinter ihnen Pixi und am Ende der Gruppe die beiden Personenschützer. Alle trugen für den Notfall Sauerstoffpacks und Sauerstoffmasken auf ihren Rücken geschnallt. Alle trugen die vorgeschriebene Schutzkleidung und fuhren auf silberglitzernden Elektorscootern. Rollo lief enthusiastisch dem ganzen Tross voran. Nach einer rasanten Fahrt am Strand entlang, hatten alle Lust ihre Körper zu aktivieren und etwas zu Fuß zu gehen. Eine Landzunge, die ins Meer hineinragte, schien ein ausreichend sicherer Ort für diesen Plan. Pixi war noch nie so weit von einem Kubuszentrum weg in der freien Natur gewesen. Sie war fast in Ekstase, fand alles wunderbar, berauschend, die Luft, die Weite, die Farben. Nichts was sich innerhalb eines Kubuszentrums findet, ließe sich mit der wahren Natur vergleichen, meinte sie. Sie nahm die Natur mit allen ihren Sinnen wahr. Warf für Rollo2000 den ein oder anderen herumliegenden Stock, wie sie es in einem Retro-Naturfilm gesehen hatte und genoss die dabei entstehenden Energien. Auch Rollo schien den Ausflug mit all seinen neu aktivierten Modulen zu genießen. Bellend rannte er hinter den Stöckchen her und brachte sie hechelnd wieder zu Pixi zurück. Mit einem Mal aber wurde seine Aufmerksamkeit abgelenkt, er witterte etwas und lief in gestrecktem Jagdgalopp auf eine Sanddüne zu. Alle gerufenen Stimmbefehle führten nicht zum Erfolg, Rollo jagte weiter. Eilig folgten ihm die anderen, um zu sehen, was da Rollos Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Die Personenschützer trafen bereits erste Schutzvorkehrungen, als dann alle erleichtert erkannten, was der Grund der ganzen Aufregung gewesen war. Von einem abseits liegenden Felsen glitt eine Tier, welches Esmerados mit der Bezeichnung Robbe versah, glatt und geräuschlos ins Meer. Eine kurze Weile war noch der glatte Kopf zu sehen, dann tauchte auch dieser unter. Alle waren überaus erregt und redeten wild durcheinander. Esmeraldos fantasierte sogleich von wilder Robbenjagd. "Geht nicht", sagte Altinterop, "du weißt doch, Rarespezies stehen unter absoluten Biospherenschutz." "Wenn ich so was schön höre. Sieh doch hin, die Natur hat sich doch bereits erholt. Das sieht doch ein Blinder. Die Gesetzte dazu stammen doch noch aus dem letzten Jahrhundert." "Ja ja Esmeraldos das passt wieder mal zu dir, allef ordern Schutz und Stabilität ein, aber von sinnvollen Gesetzen will keiner was wissen, nicht mal meine ängstliche Pixi, deren Augen vor Jagdeifer glänzen. Bei Pixi versteh ich das ja noch, das liegt in den weiblichen Genen, aber bei dir, den gediegenen Mondfährenfahrer kann ich so eine Haltung nicht akzeptieren. Du weißt doch, dass unser Überleben nur durch kubujanische Disziplin und Ordnung gesichert wird. Du solltest also nicht mal im Spaß an den Grundfesten unserer Gesellschaftsordnung rütteln. Aber ich weiß ja, du lieberEsmeraolds denkst, du stehst außerhalb dieser Gesellschaft. Irr dich da mal nicht, ohne die Gesellschaft und ihren Schutz würdest du ganz blöd dastehen. Hoffe wir mal, dass du das nicht erleben wirst." Kurz wurde Esmeraldos ganz ernst, weil er sich nicht sicher war, wie ernst es Altinterop mit seinen mahnenden Worten war. Dann aber besann er sich, dass er ja wusste, dass Altinterop zu solchen Vorträgen neigte und sein politischer Level solche Worte von ihm geradezu verlangten. So versuchte er das Gespräch auf ruhigeren Boden zu bringen: "Da lob ich mir halt Lubujanka, die beste Kubujanerin von Welt und eine Frau der stillvollen Grundsätze. Nur, wie kommt sie zu solchen Anschauungen, nun weil sie einfach optisch nicht hervorragend aussieht und körperlich angeschlagen ist. Wer aber körperlich fit ist, der will leicht und im Einklang mit der Natur leben. Ohne Flexibilität ist das Leben kein bisschen Energie wert." "Nun komm schon Esmeraldos, schau dir mal deinen verkürzten Arm an, soweit kommt es, wenn man die Grenzen der Natur nicht beachtet und ein solches Ultra-Kurzzeitgedächtnis hat wie du". Pixi selbst hatte diesem Gespräch kaum zugehört. Sie war ganz dicht an die Stelle herangetreten, an der die Robbe gelegen hatte und ins Wasser verschwunden war. Ihr Blick ruhte noch lange Zeit auf den wogenden Wellen und erhoffte sich das Wiederauftauchen dieses wunderschönen Lebewesens.

Pixi Keith - die Anti-EffiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt