31. Kapitel

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Minuten vergingen. Als Pixi sich wieder etwas erholt hatte, setzte sie sich auf einem vor der Fensterfront stehenden Stuhl. Pixi fühlte sich von aller Welt verlassen. Vor einer Stunde noch eine glückliche Kubujanerin und jetzt eine Ausgestoßene. Sie hatte nur den ersten Teil der Message gelesen, aber das war genug, um ihr ihre Situation deutlich vor Augen zu führen. Esmeraldos galten ihre ersten Gedanken, "ob er noch lebt oder gerade ums Überleben kämpft. Ob Little-Anniechen schon alles wusste. Und dann sie selbst, was würde mit ihr passieren?" Viele Fragen und Gedanken schossen durch ihre neuronalen Denksysteme. Auf alle Fälle wollte sie sofort hier weg. Sie hatte keine Lust auf die oberflächlichen Tröstungen die ihr jetzt durch ihr Begleiterin sicherlich bevor standen. Diese würde sie bemitleiden, aber hinter ihrem Rücken sicher über sie herziehen. Nein danke, dass wollte Pixi sicher nicht. "Nein mit diesem Chaos musste ich allein fertig werden. Wo ist nun mein Platz im Leben?"

Die geöffnete Message lag noch offen auf ihrem Desktop, aber Pixi fehlte schlicht der Mut weiter zu lesen. Endlich sagte sie zu sich: "Wovor hab ich eigentlich noch Angst. Ich weiß doch, wie jetzt alles weitergeht. Esmeraldos ist verstoßen und ob ich ihn jemals wiedersehen werde ist mehr als fraglich. Meine Connection zu Anni wird sicher unterbunden. Ich habe gesellschaftliche Grundregeln gebrochen, man wird mir also nicht mehr erlauben Anniechen zu erziehen. Und was wird aus mir? Wo werde ich bleiben dürfen? Vielleicht kann ich ja zurück nach Kubus File 15 zu Sandy und Mister Keith".

Und diese Gedanken gaben ihr die Kraft die Mail bis zum Ende zu lesen. "Und nun zu deiner Zukunft, wie sie der kubujanische Rat angeordnet hat. Du wirst umsiedeln müssen, weg aus dem Zentralkubus. Kontakt zu Little-Anniechen ist dir nicht mehr gestattet. Du kannst leider auch nicht zurück zu uns ziehen - auch das wurde untersagt. Ich und Mister Keith haben uns zwar dafür eingesetzt, denn wir finden du bist schon gestraft genug, aber es wurde unserem Kubus nicht erlaubt dich wieder aufzunehmen. Ich finde zwar dein Handeln und dein langjähriges Zusammensein mit Esmeraldos auch als massive Grenzüberschreitung kubujanischer Normen, aber ganz so hart müsste man dich auch nicht reglementieren. Auch unser eigener Ruf ist erstmals deutlich unter 100 Prozent abgesunken - waren es doch wir, die wir dich erzogen haben. Aber was ist schon ein Ruf. Über dieses Alter so etwas Abstraktes ernst zu nehmen sind wir weit hinaus. Wie aber wirst du mit all dem fertig werden? So viele Schicksalsschläge auf einmal. Wir denken an dich und wünschen dir Kraft. Falls du Hilfe brauchst, so melde dich ruhig bei uns. Du bist und bleibst unsere ureigenste Tochter." Pixi konnte nicht weiterlesen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und schließlich konnte sie sich nicht mehr kontrollieren und brach in haltloses Weinen und Schluchzen aus.

Nach dreimalzehn Zeiteinheiten tauchte Pixis kubujanische Reisebegleiterin auf. "Hallo, wie geht's dir denn, nach deinem schnellen Abgang vorhin? Ich wollte jetzt nur mal schauen, wie es dir geht und was los ist." "Ach setz dich ruhig zu mir, ich mach dir gern ein Stück Platz auf der Sitzlounge". Schnell setzte sich die Kubusdame und schaute Pixi neugierig an. Pixi zeigte keine Regung. Sie machte ihr Gesicht zu einer leeren Oberfläche. Nein der Gesellschaft gegenüber, die durch diese nichtssagende Kubusdame verkörpert wird, wollte sie sich keine Blöße geben. Sie erwartet sich keinen Schutz, keinen Trost von dieser Frau. Nur Oberflächlichkeit war zwischen Ihnen gewesen und deshalb wollte sie jetzt nur nichts wie weg. "War es eine negative Message, die du da erhalten hast?" "Überaus negativ und abtörnend. Jedenfalls so negativ, dass sie mich dazu bringt noch heute abzureisen." "Ichwill jetzt nicht neugierig erscheinen, aber ist etwas mit Little-Anniechen oder gar mit Esmeraldos?" "Nein,nein Anniechen geht es sicher gut. Nein die Mail kam gar nicht aus dem Zentralkubus sondern von Kubus File 15 von der dortigen Vorsteherin. Aber das sind intime Details, die ich dir lieber erspare.""Ach ist das schade, jetzt werde ich hier alleine zurück bleiben, das wird sicher lang nicht so lustig sein, wie wenn du mit dabei bist. Kann ich dir irgendwie helfen." Bevor Pixi ihr jedoch Antwort geben konnte, erklang ein lauter Jingle, der alle Kubujaner zu einem besonderen Event in die urbane Meeting-Area rief. In aller Höflichkeit verabschiedete sich die Kubusdame schnell von Pixi, sie wollte keine Sekunde des Events verpassen. Als sie weg war, sprach Pixi in den Navigationscomputer. "Befehl: sofortige Abreise vorbereiten. Kleiderkompartement sortieren und Inhalt zur sofortigen Beförderung bereit halten. Destination: vom Rat vorgegeben." "Okay: Befehl ausgeführt, Abfahrt heute um die siebte Abendstunde".

Pixis Reisebegleiterin schickt noch eine Mail, dass sie nach dem Event noch gerne Zeit bis zu ihrer Abfahrt mit Pixi verbringen möchte. Pixi wiegelte ab. Ihre Gedanken seien schon ganz woanders, sie könne der Kubusdame nicht mehr gerecht werden, so zerstreut sei sie schließlich und schnelle Abschiede seien doch das Beste und das geringste Drama. Die Kubusdame akzeptierte diese Begründung, war ihr Angebot doch selbst eher halbherzig gewesen und begannen sich ihre eigenen Energien bereits in andere Richtung zu bewegen. Sie nahm sich lieber Zeit einen ausgiebigen Life-Chat mit einer befreundeten Kubujanerin zuführen. Einer langjährigen Amie, mit der sich gut über das Verhalten der Männerwelt und Allsex reden ließ. Beide verband ein technokratischer Zugang zur Sexualität, den Männern müsse man schließlich immer sagen, wo es langgeht und da könne man nichts dem Zufall überlassen. "Die mit einem Sex-Level von über 200 Score-Punkten sind nicht immer die, die wirklich wissen wo es langgeht. Woher sie diese Scores haben ist oft schlicht nicht nachvollziehbar. Da lieber auf die Level 100 Kubujaner bauen, denen kann man noch so richtig schön zeigen, worauf es ankommt und die geben sich auch wirklich noch entsprechende Mühe". Solchartige Lifestyletipps gaben sich beide noch und nöcher. Jetzt bearbeiteten sie das Thema: Pixi. "Alles in allem war sie eine ganz Nette, unterhaltsam und eine gute Zuhörerin. Aber stille Wasser sind tief, und das, was sie da mit Esmeraldos laufen hatte, war sicher nicht astrein. Das war mir gleich klar, dass ihr das irgendwann um die Ohren fliegt. Hinter der geheimnisvollen Message verbirgt sich sicher ein drohendes Trennungsgebot - was sonst könnte es sein. Pixi hat lange genug mit ihrem Glück kalkuliert. Diesmal ist es bestimmt nach hinten losgegangen. Ach du warte mal kurz, mein Message-Service wirft gerade einen stundenaktuellen Clip aus. Oh mon Dieu!. Ein Life-Ticker zum Entkubuisierungsprozess gegen - ach gegen Esmeraldos. Also kein reines Trennungsgebot, sondern viel Weitreichenderes als ich vermutet habe. Es ist unglaublich, der Beweis waren Schriftstücke. Wer glaubt denn das: Schriftstücke, die von beiden nicht zerstört worden sind. Wie dumm war das denn? Und ein unnachgiebiger Gen-A-Partner. DieseMischung kann in unserer Gemeinschaft derzeit nur ein Todesmix sein. Vielleicht in ein paar Jahrhunderten wird so was nicht mehr geahndet werden. Was ich hoffe, gar zu barbarisch ist das alles. Pixi hat mein vollstes Mitleid. Sie ist schlicht ein Opfer unserer intoleranten Kubusgemeinschaft. Mein einziger Trost hierbei ist meine Menschenkenntnis - ich wusste doch, dass das nicht gut gehen kann. Ich brauch jetzt eine Denkpause, see you later".

Pixi Keith - die Anti-EffiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt