34. Kapitel

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In diesem Moment tauchte Advocadus auf. Er fand Pixis Zustand nicht unbedenklich. Es lief hier eindeutig nicht alles nach Plan. Seine ruhige freundliche Art taten Pixi und Anniechen aber sehr gut. Im Vorraum klärte ihn Rosalinde rasch über den bisherigen Verlauf des Treffens auf. "Oh weh, Avocadus, so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Was wenn jetzt nicht alles klappt. Was, wenn Anniechen nicht mitkommen will. Arme Pixi das wird sie nur schwer verkraften." "Lass nur Rosalinde. Es kann noch alles werden, menschliches Gefühlswirrwarr ist oft leichter zu klären, als man denkt. Aber fort müssen sie und zwar bald. Ich werde sehen, was ich machen kann."

Und mit diesen Worten ging er zurück in den Hauptraum. Nicht umsonst war er Advocadus geworden. Er hatte etwas sehr Vermittelndes. "Hör zu Anniechen, Liebe ist für dich ein Konzept, das diese Gesellschaft dir nicht erlauben will. Bindung ist etwas, was in den Kuben dieser Welt als Störfaktor betrachtet wird. Du kannst dich nun hier und jetzt entscheiden. Willst du Teil dieser Gesellschaft sein und deine Mutter nie wieder sehen, oder wirst du mit ihr Exgradies verlassen und damit bei ihr bleiben können." Anniechen stockt der Atem, sie fühlte sich massiv überfordert. Unbekannte Gefühlstiefen und Abgründe taten sich auf. Sie erinnerte sich all der liebevollen Zeiten mit ihrer Mutter, zeitgleich aber dachte sie an alles, was ihr im Elyseeum beigebracht worden war. Da hörte sie Pixis Stimme: "Wir müssen los, diese Chance gibt es so nur einmal. Ich möchte, dass du mit kommst, aber die Entscheidung triffst alleine du. Hier schau, hier ist die Öffnung zu einem der Kanalschächte, in ihm befinden sich Steigeisen. Wir können durch das Kanalsystem bis zu einem weit abliegenden Notausstieg vordringen. Avocadus hat heimlich einen Transponder-Eraser besorgt. Er wird unsere Transpondernummern löschen, das System kann uns so dieser Schritt erfolgt ist nicht mehr orten und dann sind wir frei. Frei um ein Leben zu leben, in dem wir die Regeln aufstellen, die wir für wichtig und lebenswert halten. Wir werden am Ausgang der Schächte auf Esmeraldos treffen. Stell dir vor, Esmeraldos hat es mit seinen Surivivalskills wirklich geschafft allein in der Natur zu überleben. Ist das nicht unglaublich. Unglaublich aber wahr. Er wird uns zu einer fernen Location bringen, wo wir ein neues kubusfreies Leben führen können." Mit einem kurzen Nicken zeigte Anniechen ihre Zustimmung an. Ab da ging alles ganz schnell. Beide legten ihren Identitätschip ab und Avocadus führte den Deaktivierungsdecoder über ihre implantierten Computerchips. Etwas komplizierter war der Vorgang bei Rosalinde, wo mehrere Festplatten überspielt werden, Programme neu arrangiert werden mussten und die ein oder  andere Hardwarekomponente ausgetauscht werden musste, bis Avocadus unauffällig Rosalindes Verbindung zum Zentralcomputer löschen konnte.

Als Pixi, Anniechen und Rosalinde in den Schacht geklettert waren, verschloss Avocadus von außen wieder die Zustiegsluke. Jetzt galt es nur noch seine Alibi virtuell abzusichern, ein paar Komponenten umzuprogrammieren und schon konnte für alle eine neue Zukunft beginnen.

Pixi war zusammen mit Anniechen nun schon über ein halbes Jahr in ihrer neuen Lebensenklave. Sie bewohnten ein kleines altes Steinhäuschen, mit kleinen Schlaf- und Facilityräumen. Es bot ausreichend Platz für alle, war aber dennoch eine große Umstellung für Kubujaner die ausladende Räumlichkeiten gewöhnt waren. Ansonst hatte sich auch alle Wünsche erfüllt, soweit sie sich erfüllen ließen. Pixi und Anniechen waren wieder ein Herz und eine Seele. Pixi und Esmeraldos bildeten sofort wieder eine Paareinheit und Rosalinde liebte es für alle zu sorgen und auf alle gut aufzupassen. Das fremdartige Leben tat ihnen allen gut. Die herben Züge, die in den letzten Wochen Pixis Gesicht gekennzeichnet hatten, verschwanden wieder, sie ging aufrecht und energiegeladen. Die Tage waren mit viel Lachen gefüllt. Vom Kubus und all dem, was sie zurückgelassen hatten, wurde wenig oder gar nicht gesprochen. Ab und an verlangte Anniechen etwas aus dem Kubus ihrer Gen-A-Eltern zu hören. Pixi spielte dann lustige Sequenzen vor, wo Lubujanka ihr komisches Talent ausgelebt hat. Sie spielte die grandiose Köperhaltung und die Exzentrik des Begrüßens vor. Sie tat dies Anniechen zu liebe, aber die Erinnerungen an Lubujanka taten so weh, dass es ihr schwerfiel über diese Spässe zu machen. Von Altinterop selbst war nie die Rede. Er war zwar der Gen-A-Vater, aber Anniechen konnte sich kaum mehr an ihn erinnern. Und niemand wollte sich auch noch an ihn erinnern.

Pixi Keith - die Anti-EffiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt