Kapitel 29

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Das Spiel ist wie angenommen, 2:0 für die Bayern ausgegangen und ich bin mehr als froh, dass wir endlich von hier verschwinden und nach Hause fahren. Zwiebackgesicht nervt. Ohne Ende sogar. Selbst Marco versucht seit einer guten Stunde, seinem Geschwafel kein Gehör mehr zu schenken.

Zuerst hat er wieder gemeint, mich über meine Familienverhältnisse in Amerika auszuquetschen zu müssen und als er dann angefangen hat über Schicksal zu philosophieren, ist mir das dann echt zu bunt geworden. Ein Fußballer, der über die Tiefen und den Sinn des Lebens schwafelt. Nicht besonders geistreich, wie ich jetzt einfach mal behaupte. Man hätte meinen können, dass er schon wieder zu viel gesoffen hat. Erschreckender Weise ist er vollkommen nüchtern. Das macht die Sache nicht unbedingt besser.

Umso lauter ist mein Seufzen, als wir wieder vor Marios Wohnung aussteigen und ich steuere zielsicher auf Marcos Auto zu. Nur weg vom Möchtegern-Aristoteles.

„Also vielen, lieben Dank für den Tag, Gandalf.", bedanke ich mich ganz höflich und drücke ihn fest, ehe ich Johnny andeute sich zu verabschieden. Dieser fällt ihm überschwänglich um den Hals und ich verstaue ihn auf der Rücksitzbank, um mich anschließend wie selbstverständlich auf den Fahrersitz niederzulassen. Ich sitze gerade halb mit meinem Arsch auf dem Sitz, als von Marco ein unergründlicher Laut kommt.

„Kannst du vergessen.", meint der und zieht die Augenbrauen nach oben, woraufhin ich ihn unverständlich angucke und ihm den Vogel zeige. „Kannst DU vergessen.", erwidere ich und ignoriere gekonnt Johnnys Gegacker hinter mir. „Ne. Sonst schleif ich dich höchstpersönlich zum nächsten Bahnhof und dann kannst du schauen wie du heimkommst." Er blufft nicht. Da bin ich mir hundertprozentig sicher und dennoch zucke ich unbeeindruckt mit den Schultern und lasse mich ganz auf den Sitz gleiten.

Blondie rollt mit den Augen und wendet sich wieder Mario zu, der schon wieder so ein dümmliches Grinsen auf dem Gesicht kleben hat. Wie eigentlich schon den halben Abend und ich frage mich schon die ganze Zeit, ob der auch kifft. Das würde so einiges erklären.

Da ich mich in vollkommener Sicherheit wiege, stopfe ich mir einen Kaugummi in den Mund und schließe mein Handy am Radio an, während ich nach der passenden Musik suche. Erschrocken kreische ich auf, als mich zwei Hände unter meinen Achseln packen und aus dem Auto zerren. Das kann der doch nicht ernst meinen, oder?

Da liege ich auch schon über Marcos Schultern, der mich um den Wagen rumträgt und ich zapple wild mit den Beinen. So sehr mich das gerade auch aufregt, so gut ist auch mein Blick auf seinen perfekten Arsch, der meine Wut ziemlich verpuffen lässt. Zumindest innerlich. Äußerlich lasse ich mir das kein bisschen anmerken.

Poah. Das ist aber auch ein Apfelarsch. 

„Du bist so ein dummer Vollpfosten.", motze ich drauf los und quieke, als ich mit Schwung wieder auf meine Füße gestellt werde. Vollpfosten öffnet die Beifahrertür und macht eine einladende Geste mit seiner Hand, während er mich triumphierend anfunkelt. Der kann mich mal. Nur weil er körperlich überlegen ist, braucht der gar nicht so dumm grinsen. Ist nicht sonderlich beeindruckend, dass er ein armes, schwaches, Mädchen wie mich, einfach mal so durch die Gegend schleift. So schwer bin ich ja jetzt auch nicht.

Mit aufgesetztem Todesblick und ohne ihn aus den Augen zu lassen, setze ich mich auf den Sitz und verfolge, wie er die Tür zuschmeißt und wieder um den Wagen rumgeht. Einen Moment überlege ich, über die Mittelkonsole zu klettern, lasse es aber dann doch bleiben. Johnny feiert Marcos Aktion ohne Ende und lacht sich halb tot, woraufhin ich die Arme verschränke und ihn böse durch den Rückspiegel angucke. Mir schon klar, dass er das unheimlich toll findet, wenn die große Schwester mal nicht ihren Willen kriegt. Im Gegensatz zu mir. Ich finde das gar nicht toll.

Regenbogen [Marco Reus]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt