Kapitel 33

1.6K 93 20
                                    

Ich liege seit Stunden wach im Bett und habe mir mittlerweile ein Kissen auf die Ohren gedrückt. Marco hat anscheinend seine dümmliche Blondine abgeschleppt und vögelt ihr seit mehr als dreiundfünfzig Minuten das Hirn aus dem Kopf. In ohrenbetäubender Lautstärke. Selbst durch die Daunen an meinen Ohren kann ich sie noch stöhnen hören und das passt mir ja mal so überhaupt gar nicht. Ganz im Gegenteil. Es frisst sich durch meinen Schädel hindurch, wandert meinen Nacken hinunter, nach vorne zur Brust und lässt mich innerlich verbrennen. Es macht mich rasend und ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte. Vor allem weil ich natürlich selbst keinen Sex abgekriegt habe. Gar nichts.

Frosty der Schneemann neben mir hat sich nämlich grummelnd ins Bett geschmissen und Sekunden später angefangen zu schnarchen. Auch wenn ich nicht behaupten möchte, dass mich ein Techtelmechtel mit Marcel in irgendeiner Form dazu gebracht hätte, dass ich das Gestöhne im Zimmer neben mir freudig über mich ergehen lassen würde.

Es ist spät geworden, bis wir die Party verlassen haben und man hätte theoretisch keine Eiswürfel mehr zum Kühlen gebraucht. Marcel macht das ganz gut mit dem frostig und so. Seitdem er mir diese drei Worte entgegengeknallt hat, gleicht seine Stimmung einem Eisklotz. Mir ist schon klar, dass es an seinem Ego kratzt, dass ich diese Worte nicht erwidern kann. Aber das geht mir alles zu schnell und außerdem bin ich der Überzeugung, dass sie unheimlich viel bedeuten. Das sollte man nicht einfach so sagen. Nicht nur, weil man sich dazu verpflichtet fühlt und eigentlich habe ich gedacht, dass Marcel das verstehen würde.

Deshalb habe ich ihn nur geküsst. Innig und mit ganz viel Gefühl, sodass er merkt dass er mir auch unheimlich viel bedeutet. Doch von Liebe kann ich nicht sprechen. Noch nicht. Das Tempo was er hier vorlegt, ist nichts für mich und damit muss er wohl oder übel klar kommen. Somit bete ich inständig, dass er sich bis morgen wieder eingekriegt hat.

Woah, mal ehrlich jetzt? Entweder meint die Olle sie muss hier einen Porno drehen oder ist Marco so gut? Also SO gut? Mein Kopfkino läuft auf Hochtouren und ich presse das Kissen noch fester gegen meine Ohren. Wälze mich unruhig hin und her und überlege, wie ich dieser Situation hier entfliehen kann. Es raubt mir das letzte bisschen von meinen klaren Gehirnzellen, die ich nach diesen Stunden noch übrig habe. Es macht mich fix und fertig und das macht mich noch fix und fertiger, dass mich das so fix und fertig macht. Denn so darf das nicht ablaufen!

Grummelnd stehe ich auf, stapfe ins Badezimmer, wo sich unter ihr Gestöhne auch noch sein Gekeuche mischt und ich trete einmal heftig mit dem Fuß gegen die Tür, die sein Zimmer mit dem Bad verbindet. Eine Sekunde lang ist es still und dann höre ich Marco irgendetwas flüstern, was sie zum Lachen bringt und dann geht es weiter wie zuvor. Wütend presse ich mir die Hände auf die Ohren und durchwühle meine Tasche nach Kopfhörern, die ich mir hastig reinstopfe und mich wieder zu Frosty ins Bett lege. Die Musik drehe ich so laut ich kann und zwicke die Augen zusammen, bis sich mein Trommelfell an die Lautstärke gewöhnt hat. Schlafen kann ich zwar immer noch nicht, aber wenigstens muss ich mir nicht mehr geben, wie Marco irgendwelche Weiber befriedigt. Dieser Urlaub hat schon beknackt angefangen und ich kann nur hoffen, dass sich das nicht wie ein roter Faden durch die Woche zieht.

Erst als die Sonne langsam aufgeht, traue ich mich die Musik auszuschalten und lausche vorsichtig. Glücklicherweise ist es vollkommen still und ich robbe mich seufzend vom Bett, um mich einem neuen Kampf mit der Kaffeemaschine auszusetzen. Nachdem ich diesen in völliger Langweile hinuntergegossen und Johnny geschrieben habe, beschließe ich meinen morgendlichen Übermut irgendwie abzubauen.

Skeptisch lade ich mir eine Yoga-App runter und bin mal gespannt, ob mich das so entspannt wie alle immer sagen. Schaden kann es auf keinen Fall und so habe ich zumindest was zu tun. Ich hole mir ein Handtuch, das ich auf dem Holz der Terrasse auslege und starte die App. Es dauert eine Weile bis ich mich auf die Übungen einlassen kann und nach ein paar oberlangweiligen Entspannungsübungen geht es an den hinabschauenden Hund. Zu meiner eigenen Verwunderung bin ich tatsächlich noch ziemlich gelenkig und klopfe mir selbst dafür auf die Schulter, dass ich gecheerleadet habe. „Na wenn das kein Begrüßungskommando ist.", höre ich eine Stimme hinter mir und spitze zwischen meinen Beinen hindurch, wo ich Marco entdecke der die Stufen zur Terrasse hochkommt. Es ist ein absolutes Déjà-Vu und ich kneife meine Schenkel wieder zusammen und tue so, als wäre er nicht da. Geht der tatsächlich nach einer durchgevögelten Nacht joggen? Was ist der für ein Unruhegeist? Ganz ehrlich - wir haben gerade sieben Uhr morgens und der ist schon wach. Der hat bestimmt keine Minuten geschlafen.

Regenbogen [Marco Reus]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt