Kapitel 4

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Ist ja klar, das sowas wieder ausgerechnet mir passiert. Grummelnd quetsche ich mich durch die rotblaue Masse, die noch mit der Mannschaft feiert, obwohl ich nicht verstehe, wieso man ein Unentschieden feiern sollte, aber gut. Jedem das seine. Ich hole mir nochmal ein ekelhaftes Jever - mein fünftes mittlerweile, es schmeckt immer noch nicht - und stelle mich etwas abseits, um auf Ben zu warten.

Mit hochgezogenen Augenbrauen starre ich auf mein Display, das mir fünf Anrufe in Abwesenheit anzeigt. Hatte ich in dem Gekuschel gar nicht bemerkt, dass es vibriert hat. Alle sind von der mir bekannten, unbekannten Nummer. Oh Mann, meidet man sich nach so einem One-Night-Stand nicht eigentlich? Nach einigen Momenten der Überlegung, beschließe ich ranzugehen. Die Nacht mit meinem Ex im Hotel kommt mir nicht so verlockend vor, wie eine weitere mit Marcel - ich hatte mir immerhin vorgenommen nicht mehr mit Ben zu schlafen, das schließt ja andere Männer nicht aus.

„Jep?", melde ich mich und halte mir das Ohr zu, was nicht vom Handy bedeckt wird um ihn besser verstehen zu können.

„Hey. Wollte dich fragen, ob du noch Lust auf einen Absacker hast, wenn du sowieso im Stadion bist?", fragt er mit einem lässigen Unterton, der mich zum Grinsen bringt.

„Lust, ja. Muss das aber noch mit Ben abklären", erkläre ich ihm wahrheitsgemäß.

„Treffen wir uns irgendwo?", füge ich hinzu, da es wie eine Ausrede klingt und höre sein Lächeln, als er mir den Namen der Bar durchgibt und wir anschließen auflegen. Innerlich verprügele ich mich gerade. Nicht nur, dass ich mich mit einem wildfremden Mann verabrede, während ich mit einem anderen hier bin, nein - dieser Fremde ist auch noch ein Kumpel von Marco Reus, der ein blöder Arsch ist, ganz nebenbei bemerkt. Aber Marcel finde ich nett und es geht ja nun mal um ihn. Außerdem wollen wir was zu zweit machen, was das Argument seines arroganten Freundes entkräftet. Hah! Ich stempele die Rechtfertigung meiner Dummheit als akzeptiert ab und suche in Google Maps den Standort unseres Treffpunktes heraus.

„Duuu?" Grinsend lege ich meine Finger auf Bens Brust und sehe mit unwiderstehlichem Hundeblick zu ihm hinauf, woraufhin er die Augen rollt. „Was willst du?", stößt er genervt aus und ich klimpere mit den Wimpern. Ist scheiße von mir, ihn hier alleine stehen zu lassen, da wir diesen ‚Urlaub' zusammen machen, aber da muss er jetzt durch.

„Ich wollte mich noch mit ein paar Leuten treffen, die Bar ist gleich um die Ecke." Entschuldigend zucke ich mit den Schultern und lege den Kopf schief - klappt in der Regel immer.

„Klar, lass uns hingehen", erwidert er und wendet sich zum Gehen. Klasse. Ich schlage mir gegen die Stirn, stelle meine leere Bierflasche ab und laufe ihm hinterher. „Ähm, also ich meinte eigentlich ohne dich", nuschele ich, als ich ihn aufhalte und er zieht eine Augenbraue nach oben.

„Doch nicht wieder mit dem komischen Typen von gestern?" Entgeistert schaut er zu mir nach unten und verschränkt seine Arme unter der Brust. Wenn der wüsste. Da ich nichts dazu sage, stöhnt er genervt und fährt sich durchs Gesicht.

„Ich dachte wir machen zusammen Urlaub. Ich habe mich schon auf einen ruhigen Abend zu zweit gefreut." Seine braunen Augen funkeln vielsagend auf und ich beginne an meinen Fingernägeln rum zu kauen - noch so eine doofe Angewohnheit von mir, wenn ich nervös bin. Dachte ich mir schon, dass er mit Sex mit der Ex rechnet, aber da hat er sich diesmal geschnitten. Ich bleibe standhaft.

„Hey." Sanft nimmt er meine Hand vom Mund und zieht mich an sich. Sein Gesicht ist meinem gefährlich nahe und ich habe das Bedürfnis zu flüchten. Das ist ja mein Problem. Irgendwo in mir drin, habe ich immer noch Gefühle für diesen Typen und er schafft es jedes Mal mich einzulullen.

Regenbogen [Marco Reus]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt