im Berge

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Spinell legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und gab sich ganz dem Echo der in den Schatten wuselnen, kleinen Tieren hin. Er saß auf einer Art steinernen Thron in der Mitte der weiten Berghalle. Das war sein Lieblingsplatz. Hier war er bis jetzt ungestört. Hier konnte er arbeiten.
Die Ratte in seiner Hand quiekte, als er ihr die Finger ins Fell drückte: fester und noch fester. Das war was er am besten konnte.
Er war kein Alb, der sich sonderlich gut aufs kämpfen verstand, wie Reuben oder Obsian.
Er war fürs bemannen gemacht. Niemand war so gesegnet von der Natur wie er, selbst hier, tief unter der Erde folgte sie seinem Ruf und schickte ihm Wesen, schickte ihm Opfer. Er drückte noch fester zu und es knackte.
Langsam öffnete er die Hand und die Augen, um sein Werk zu sehen. Das kleine Tier saß nun völlig aufrecht in seiner Hand und starrte ihn an, als würde sie auf Befehle warten.
Die Vorstellung, dass er dieses Wesen kontrollieren könnte, gefiel ihm, auch wenn es nicht stimmte. Diese Ratte folgte allein der Natur, genau wie er.
Ein Rumpeln schallte durch die Halle. Die Angreifer waren der Tür zu ihm wohl schon sehr nahe.
Normalerweise wäre es keinem Menschen gelingen auch nur in die Nähe des Berges zu kommen, geschweige denn so tief in ihn hinein, aber im Moment war viel in Bewegung. Er setzte die Ratte auf den Boden und sie verschwand in die Schatten. Wieder ein Rumpeln. Nun musste es selbst den letzten Kobolt, der zu seiner Bewachung geblieben war, erwischt haben. Jetzt blieb nur noch die schwere, verbarrikadierte Tür. Spinell erhob sich, streckte seine Arme, lockerte seine Muskeln, dann waren sie da.
Sie machten sich nicht die Mühe, die Tür aufzubrechen. Direkt daneben öffnete sich einfach ein Loch in der Wand und sie schritten zu ihm in die Halle. Es waren nur zwei Männer, groß, kräftig, eindrucksvoll. Einer trug einen Turban und eine Rüstung, die aussah, als wäre sein Oberkörper mir einer Schicht rautenförmiger Metallschuppen bedeckt. Der andere war kahlköpfig und trug eine so enge Ledermontur, dass Spinell die unzähligen Narben darunter erkennen konnte. Der mit den Turban begann: "Du bist also der Alb, der diese Kobolde erschaffen hat?"
"Ja, das bin ich!" Spinell nickte grüßend. "Ich bin ehrlich überrascht wie schnell ihr wart. So, nur zu zweit. Ihr seid doch mindestens....dritte Brigarde, oder?"
Der Kahlkopf grinste: "Falsch! Ich bin Beben und das ist Sturm! Wir sind von der ersten Brigarde!"
"Dann werde ich euch nicht aufhalten können, aber..." Spinell streckte die Arme nach vorne und eine Art glänzender Film aus purem Zauber breitete sich auf seinen Handflächen aus. "...irgendetwas muss man ja tun!"
Sturm lächelte. "Das ist doch ein Wort!"
Dann streckte er ebenfalls die Arme aus. Seine Rüstung löste sich in ihre rautenförmigen Bestandteile aus, welche ihn erst, wie ein Schwarm wütender Bienen, umkreisten und dann mit ungeheurer Geschwindigkeit in Richtung den Albes flogen. Spinell schwang seine Arme und der dünne Film verteilte sich in der Luft, wie Öl das auf eine Wasseroberfläche trifft. Die metallischen Rauten trafen auf den Film und dehnten ihn nach hinten, konnten aber nicht hin durch. Beben presste einen Fuß auf den Boden und vollführte ein Drehung aus der Hüfte. Der stabile Sandstein zerfiel und bildete ein Loch, in dem verschwand.
Spinell riss die Augen weit auf und sprang grad noch rechtzeitig zu Seite, bevor Beben hinter ihm zum Vorschein kam und nach ihm schlug. Der Film verblasste und die Rauten umschwirrten ihn nun direkt.
"Hab dich!" Stellte Sturm fest und schlug die Hände in einander. Die Rauten schlossen um Spinells Schulterblätter. Der Alb schrie auf, seine Schultern knackten, und kugelten mit einem Ruck aus. Sturm öffnete die Hände und entließ seinen Gegner, welche schwankte, aber erstaunlicherweise stehen blieb.
"Das war der Hammer! Ihr habt es echt..." bevor er sein Satz beenden oder einen Angriff starten konnte, schossen Bebens Hände aus dem Boden und packten seine Waden. Im nächsten Moment war der halbe Alb im Boden verschwunden. Beben tauchte auf und grinste. Um seine Arme hatte sich eine dicke Schicht Sandstein gelegt und er holte aus.
Der erste Schlag zerriss Spinells rechte Schulter vollends. Der zweite zweite kam von unten und hob ihn wieder aus dem Stein. Der Alb wollte nach seinem Gegenüber treten, doch ein Band aus Metallrauten trennte sein Bein unterhalb des Knies ab. Spinell schrie erneut. Dann traf er auf den Boden auf und blieb liegen.
Der Stein um Bebens Arme zerfiel und Sturm lotste seine Schuppen zurück. Er trat vor und beugte sich zu dem schwer atmenden Alben runter.
"Das wäre entschieden. Aber hey, nimm's nicht so schwer! Du hast doch vermutet, dass wir dich besiegen. Also hast du auch gewonnen! Irgendwie....
Auf jeden Fall sind wir hier auch fertig, aber eine Frage hätte ich noch: Wieso war ein so wichtiger Alb, wie du, hier unten so schlecht bewacht?"

Spinell grinste gequält.
"Die Welt hat angefangen zu beben! Euer Erscheinen ist auch ein Beweis dafür! Wir wissen nicht ob es zum Krieg kommen wird, aber etwas wird geschehen. Und das wird etwas sein, was die Divisionen nicht aufhalten können! Reuben ist bereits unterwegs ins Nordreich. Und er hat so viele Bemannte dabei, das es an anderen Stellen wohl nicht gereicht hat. Aber um mich ist es nicht schade, mit mir habt ihr nur Zeit verschwendet!" Sturms Miene war ausdruckslos geworden. Ohne ein weiteres Wort stand er auf und verließ die Halle durch das Loch in der Wand. Beben folgte ihm. Kurz bevor er außer Hörweite kam, rief ihm Spinell noch nach:
"Mit Reuben könnt ihr es nicht aufnehmen!" Mitten in der Öffnung blieb Beben stehen, drehte sich um und lächelte. "Du glaubst gar nicht wozu die erste Division fähig ist!" Dann legte er eine Hand auf den Fels und drückte. Es bebte erneut, dann begann der Berg zu zerfallen.

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