☆Die Rückkehr der weißen Wölfin☆

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Erschöpft schmiss Ahkuna die Tür hinter sich zu und warf sich auf ihr Bett.
Einen Moment lang blieb sie still liegen und dachte nach,  bevor sie sich mit letzter Kraft vom Bett erhob und sich das Kleid auszog.
Gar eifrig schlüfte sie in ein anderes Kleid und ließ  sich später ein Bad herrichten.
Sie wollte nichts mehr sehen, nichts mehr spüren als das kalte Wasser an ihrer Haut...
Selbst die Zofen ließ sie nicht an sich  heran und kämmte sich selbst mit feinem Kamm...

Allein sein wollte sie... ganze Tage lang... und machte ihre Mutter bang...
Sorgsam  klopfte sie an ihrer Türe an und sprach sie mit ihrem Namen an:,,Amalia..Was ist geschehen?  Komm raus!" ,rief sie und ließ  das Essen vor die Zimmertüre bringen...
Doch Ahkuna rührte es nicht an...

Sie blieb dort sitzen... auf dem Kanapee und starrte aus dem Fenster.
Den ganzen Abend lang schrieb sie an ein paar Zeilen für ein Stück Papier und bat ein Vöglein zu sich her: ,,Kleiner Spatz', bring's ihm her...", und band's ihm gerollt  an einen Fuße.
Geschwind flog er ins Tal hinab geradeswegs zu seinem Schlosse  und verblich im fernen Walde....

Um die selbe Zeit war auch der Prinz in seinem  Turme und hockte stumm an seinem Fenster...
Starr , gar finster blickte er dem Schloss entgegen, und wollte nicht mehr an sie zu denken hegen...
Doch mit jedem Wald und jedem Tier, das er in seinem Hofe sah, kam die Erinnerung in ihm hoch....
So saß er da... den ganzen Tag lang...
Er aß nicht und trank nicht...Er seufzte und sprach nicht... Auch nicht zu  seinem Vater,  der es immer wieder wagte, in sein Gemach zu kommen und ihm zu raten: ,,Sprech mit ihr..."
Doch jener  blieb stur auf seinem Schemel sitzen...

Es verrann die Zeit und bald hörte er neben sich ein leises Zwitschern. Gefasst schaute er sich um und bemerkte neben  sich einen kleinen Spatzen,der eine Botschaft an sich trug.
Zahm sprang er auf seine Hand und ließ sich von ihm streicheln. So nahm der Prinz die Spule an und sah sie sich bang an. Sie trug das Siegel des Löwenreiches..., ein altes Wappen, das ihm aus Büchern  wohlbekannt.

Zögerlich brach er es auf und las die Zeilen...
,,Vergib mir... und  lass es mich erklären...
Beim nächsten Fest; wenn der Herbst zu Ende ist, werde ich auf dem Balle  auf dich warten."

Nachdenklich zerknüllte er den Zettel  und scheuchte den Vogel fort... ,,Ahkuna...,"stieß er hervor und trat erbost durch sein Gemach.
Sehen wollte sie ihn... an seinem Abend... an seinem Wiegenfeste, das ein jeder in seinem Reiche feierte...
Sein 18. Geburtstag stand bevor und schon bald würden die Leute die Dörfer schmücken und die Gaukler eifrig spielen, bis jeder am Tanzen war...
In Gedanken hörte er schon  die Musik spielen...und somancher würde ihm
Geschenke bringen, die er im Thronsaal enthüllte.
   Ein altes Ritual, das bis zum achtzehnten Geburtstag galt.
Er schluchzte...
Ab diesem Jahr an durfte er gekrönt werden und seinen Anspruch aufs Zepter erheben... Doch das war ihm gleich... Es gab Wichtigeres im Leben  als König sein... Das hatte er aus der Zeit mit Ahkuna gelernt.  
Denn was sollte er mit Macht und dem Glück, wenn er es mit keinem teilen konnte?

Mit Ahkuna hätte er es teilen können.... Ein Leben voller Zuversicht in einer Zeit des Friedens...
Doch trauen konnte er ihr nicht mehr...
Zweimal hatte sie ihre Gestalt verhüllt..., sich ihm nicht gezeigt... Weder als Mensch noch als Tier...
,Wovor hatte sie Angst?,'fragte er sich und beschloss an jenem Abend zu ihr zu gehen.

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Die Tage vergingen und Ahkuna traute sich nach und nach aus ihrem Zimmer raus.
Ihre Mutter staunte nicht schlecht, als sie sie am frühen Morgen bei Tische sah, und fragte sie,was an jenem Abend im Garten geschehen  war...
Unter vier Augen erzählte Ahkuna es ihr und aß begierig ihr Mahl.
Vier Tage lang hatte sie gefastet... unter all dem Frust und die Menschen vom Fenster aus betrachtet...
Nun wollte sie endlich wieder rausgehen und dem Volke mit Tat zur Seite stehen...

Ihre Mutter seufzte nur, als sie von ihrem Geständnis   hörte, und fuhr von ihrem Throne auf: ,,Er fühlt sich bestimmt hintergangen...,"sprach sie und schritt bedenklich durch den Saal,
,,Ein Bote des Königs sagte mir, er habe seit Tagen nicht seinen Turm verlassen, weder gespeist und getrunken,  noch sich auf dem Hofe blicken lassen...
Anscheinend tat er es dir gleich...
Aber seit die Vorbereitungen für seinen Geburtstag im Schlosse laufen, hat er sich im Hofe eingefunden."
,,Was wollte der Bote?,"fragte Ahkuna, als sie jenes über den Prinzen erhört hatte...

,,Ein Einladung überbringen,"meinte die Königin und ließ  sich eine Schriftrolle von einer Zofe bringen.
,,Der König läd uns herzlich  zum Bankett ein... Anschließend zu einem Ball, auf dem sich der Prinz eine Braut aussuchen wird...",sprach sie und linste heimlich zu Ahkuna, die nur betrübt das Gesicht verzog...
,,Eine Braut?,"fragte sie und wandte sich ab, ,,Dann hat er seine Entscheidung gefallen,"sprach sie und verließ flugsen Schrittes den Saal...

Sie wollte nur noch raus... in den Wald hinaus... und sattelte rasch ihr Pferd.

Im strammen Galopp ritt sie die Wege entlang und kam auf jener Lichtung an, an dessen Rande  ein Baume stand, auf dessen Wurzeln sie einst gespielt.
Unter ihnen erstreckte sich ein alter Dachsbau, in dessen Tunneln sie einst ein Bündel versteckt hatte...., in dem sich ihre alten Sachen befanden... Ihre Maske, ihr Lumpenkleid, ihr Umhang sowie eine lederne Rüstung und ihre Waffen.
Gebannt zog sie sich das Kleide an, schlang den Umhang um sich und verbarg unter der Maske ihr Gesicht...

Wie in alten Zeiten striff sie durch die Wälder und Dörfer und half den Menschen mit ihren Wunden... 

Als Heilerin schon wohlbekannt kamen Kinder vom Berge zu ihr angerannt und erzählten ihr  vom Stollenbruch.., unter dessen Trümmer ihre Väter lagen... Sie konnten nicht hinaus und versuchten, die Steine zu anzuheben, die Steine fortzutragen, aber sie waren viel zu schwer.  So hörte sie jene Kinder zagen, die mit Frauen und anderen Männern des Dorfes versuchten, in den Stollen einzudringen... Vergebens zerrten sie an den Felsen, doch sie ließen sich nicht bewegen...
So klagten sie:
,,Ach wär die Wölfin hier, sie könne die Steine tragen!"
Doch seit jenem Tag, an dem sie ins Schloss gebracht worden war, hatte man sie nicht mehr gesehen...
Besorgt sann Ahkuna nach, sagte ihnen, sie komme gleich nach und lief geschwind in den Wald hinein...

Sollte sie sich den Menschen wirklich nochmal  zeigen? Eigentlich wollte sie dem Volk als Wolf verborgen bleiben...
Aber es blieb ihr keine andere Wahl.. Die Menschen brauchten ihre Hilfe, sonst würden weitere sterben... So
lauschte sie und wartete, bis sie alleine war,und trat... zur Verwandlung gefeit  hinter einen Busche und  wandelte die Gestalt.

Gar hurtig preschte sie zum Berge zurück und trieb die Menschen vom Schacht zurück. ,,Macht Platz!",schrie sie verwegen und brachte die Felsen schon zum Regen. Gar vorsichtig bändigte sie sie aus dem Schachte und bewegte sie zu einer Felsenwand, an dessen Fuße sie sie ablegte.

Verwundert blieben die Leute am Rande stehen und taten ihr bei der Bergung zusehen.
Wie Magie schien ihre Kraft auf sie zu wirken und bannte ihre Blicke mit jedem Felsen.  Erst als ein paar Männer aus der Grube stiegen, lösten  sie ihre Blicke aus dem Befremden und  ereilten ihnen zu Hilfe...
Einige waren schwer verletzt und trugen tiefe Wunden an sich, weshalb Ahkuna sie gleich mit ihrer Heilung bescherte.
Geruhsam legte sie das Wasser auf ihre Wunden und brachte es zum Leuchten.
Die Wunden schwanden und mit ihnen die Schmerzen.
Dankbar und ehrbar verneigten sie sich  vor ihr , doch manche, jene, die sich ihrer scheuten und ihre Tat aus Verwunderung  der Hexerei bezichtigten, traten scheel zurück.  

Da schaute Ahkuna besonnen zu ihnen auf und sprach: ,,Fürchtet Euch nicht! Was ihr gesehen habt, ist eine Gabe, ein Geschenk, das  ein Geist mir einst vermachte... So ziehet hin eures Weges... Ich werde den Meinen ziehen und für jene beten,die den Einsturz nicht überlebten: Ruhet in Frieden..."

Mit diesen Worten zog sie von dannen und verschwand im Schatten der Wälder.

Verwundert schauten die Menschen ihr nach und verbreiteten die Nachricht im Lande, was sich an jenem Tage am Stollen des roten Berges zugetragen hatte.
,,Die Wölfin ist zurück!,"riefen sie in allen Dörfern umher und erfreuten sich ihrer Wiederkehr .
So erfuhr es auch jener im Wolfenreich.

Gebannt lauschte jener  dem Tratsch zweier Mägde, die sich an des Marktes Brunnen unterhielten, und fragte sich, warum sie damals verschwunden war...
Eisern entschloss er sich,sie an jenem Abend zu fragen und ritt fort...

Ahkuna I: {Die Wolfsprinzessin}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt