☆Das Versprechen☆

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Schweigend geleitete sie Madame ins Schloss zurück und aß mit ihr und der Königin zu Abend.
Da sie das Essen bei Hofe nicht gewöhnt war, rührte sie kaum was an und aß lediglich was Obst und Fleisch.
Als Madame das merkte, sagte sie: ,,Esst Prinzessin, solch eine Kost kommt nicht jeden Tag gelegen"...
Zögernd blickte Ahkuna auf: ,,Verzeiht Madame... Ich bin nur das Essen der Menschen nicht gewöhnt... Im Walde hatte ich nur Obst und Kräuter, gelegentlich mal Fasan und Vieh. Da gab es keinen Kuchen, keine Kost aus Mehl und Sahn'."
- ,,Aber bei der Frau im Walde gab es doch zumindest Brot?"
,,Ja... Durchaus... Aber meistens Gemüse,"erwiderte sie leise und verstummte, als ihre Mutter das Wort erhob:
,,Nun denn... Versuch es... Bald kommt der König zu Besuch..." Ahkuna schluckte:,,Der König vom Wolfsberg?"
,,Ja... Und sein Sohn auch... Wir wollen einen Friedensvertrag schließen..."- ,,Und wann?"
,,Beim großen Fest am nächsten Vollmond.."
Entsetzt hielt Ahkuna inne... Ein mulmiges Gefühl überkam sie.. Der Vollmond... Sie konnte nicht zum Feste gehen... An Vollmond war sie dem Wolf verpflichtet und konnte sich dem Bann des Mondes nicht entziehen...
Blitzartig legte sie das Besteck auf den Teller und schob ihn beiseite: ,,Mutter, ich muss mit Euch reden...",wisperte sie und blickte kurz zu den Dienern, die sich rasch verneigten und den Raum verließen... Nur Madame saß noch zu Tisch und nahm einen große Happen von dem Fleische...
,,Unter vier Augen...",beharrte Ahkuna, als sie sie anstarrte,und wartete, bis sie sich erhoben und den Saal verlassen hatte...
,,Natürlich,"meinte die Königin und schickte die Zofen mit einem Wink hinaus.

Erst als alle Stille eingekehrt war, schaute die Königin sie gespannt an und erwartete ihre Worte... Doch jedes Mal, wenn sie anfing, kam sie ins Stottern und verstummte...
,,Nun sag schon, mein Kind... Was liegt dir auf dem Herzen?,"fragte ihre Mutter und bemerkte ihre Sorge...
,,Mutter... Ich kann nicht zum Fest gehen..." ,stammelte sie leise und blickte betrübt zu Boden...
,,Warum nicht?"
,,Weil der Vollmond eine Kraft auf mich auswirkt, der ich nicht entfliehen kann... Es ist der einzige Tag des Monats, an dem ich mich der Wolfsgestalt nicht entziehen kann...Sobald der Mond am Himmel steht und sein Lichte scheint, fange ich an mich zu verwandeln...",erklärte sie und stand konfus auf...
Die Königin, die ihr Anliegen aufmerksam gehört hatte,erhob sich mit ihr und trat zu ihr ans Fenster...
,,Kannst du es nicht versuchen? Dieses Fest ist sehr wichtig... Fürs gesamte Königreich...,"fragte sie und setzte sie unter Druck...
,,Das hab ich... Es geht nicht... Mein Geist ist zu schwach...",raunte Ahkuna und blickte auf die düsteren Wälder...
Ein seichter Dunst durchzog die Felder und vermachte ihnen einen blassen Schimmer zwischen den Hainen des Waldes.
,,Aber ich kann bis zum Mondaufgang bei dir sein,"versprach sie mit leiser Stimm' und schaute dem finsteren Mond entgegen.
Es war Neumond...
Die einzige Zeit, in der sie sich nicht verwandeln konnte... Warum wusste sie nicht... Sie nahm an, dass die Kraft des Mondes in dieser Nacht am meisten schwand und sich neu bündeln musste...
Von heute an blieben ihr noch fünfzehn Tage, in denen das Fest vorbereitet werden sollte...
Es war das Erste seit langer Zeit,das am Hofe ausgerichtet werden sollte...
All die Jahre zuvor hatte es keines gegeben.. aus Schweigsamkeit der Königin...
Ein dunkler Schleier hatte sich aufs Schloss gelegt, der nun gelüftet werden sollte...

Mit Stolz blickte die Königin diesem Tag entgegen...
Alle des Adels, aus dem ganzen Land, sollten kommen... Vom Major bis zum Kaiser ... Alle sollten ihre Nachricht hören, dass sie endlich ihre Tochter wiedergefunden hatte und somit eine Erbin hatte, die ihr Reich führen konnte,wenn sie des Lebens nicht mehr war... Sie sah ihr Reich gerettet... mit der Weisheit ihrer Tochter... Doch konnte diese ihre Wolfsgestalt nicht ewig geheimhalten... Die Königin ahnte, dass ihr Geheimnis irgendwann ans Licht kommen würde und man ihre ihre Tochter des Hexens bezichtigen würde.... Die Gestalt barg eine ewige Gefahr, der sich Ahkuna nicht entziehen konnte... Dennoch war die Königin stolz, dass ihre Tochter mit ihrer Gestalt dem Wolfenlande den Frieden beschert hatte...

,,Woran denkt Ihr?,"wurde sie aus ihren Gedanken gerissen und schrak zusammen... ,,Verzeiht Mutter... Ich wollte Euch nicht aus den Träumen reißen...,"sagte Ahkuna und sah in ihrer Still' eine große Sorge...
,,Mutter... Ich weiß, es ist schwer,die Bürd' zu tragen... Aber die Gestalt muss unser Geheimnis bleiben... Ich kann sie erst zeigen, wenn ich das Reich in Sicherheit weiß...",fuhr sie fort und ergriff ihre Hand...
Schweigend schaute die Königin sie an und betrachtete ihre Hände, die ihre fest umschlungen hielten...
Ihre Tochter schien es wirklich ernst zu meinen...Sie wollte sich eines Tages dem Volke offenbaren...
Bedenklich zog die Königin ihre Hand zurück und wandte sich ab: ,,Du erhälst meine Diskretion... Aber bedenke, dass das Volk die Wahrheit nicht leicht aufnehmen wird. Es wird welche geben, die zeihen dich eines Hexens Leben und werden fordern, dich mit dem Tode zu strafen..."
,,Ich weiß,"meinte Ahkuna und folgte ihr durch den Saal, ,,Ich kann das Geheimnis nicht länger halten... Irgendwann wird es sich selbst offenbaren... Aber so lange mir die Zeit noch bleibt, werde ich versuchen, mit ihr Gutes zu tun...",sprach sie mit weiser Stimm' und blieb im Raume stehen. Einen Moment lang drehte sich die Königin wieder zu ihr und umfasste ihre Schultern... Tränen stießen in ihre Augen und sie begann zu weinen... Gefasst nahm sie sie in den Arm: ,,Mach das!
Was immer auch passiert, was das Schicksal uns beschert, du musst wissen, dass ich immer für dich da sein werde... Meine Ahkuna!"
Dankbar strich Ahkuna ihr über den Rücken und schmiegte sich an sie:,,Danke Mama!" Auch ihr rannen Tränen aus den Augen, die sie zu versiegen wusste...
Lange Zeit standen sie so da, bis das Klopfen der Diener sie aus der Still' entriss.
Schnell ließen sie voneinander ab und empfingen die Worte eines Boten:,,Eure Majestät, Eure Hoheit,"grüßte er sie und verneigte sich vor jeder, ,,Der König von Wolfsberg nimmt Eure Einladung an. Er wird mit seinem Sohne kommen, in Begleitung von Königin Margarethe zu Katzenstein und ihrer Tochter Prinzessin Rosalinde..." Dankend hob die Königin die Hand und schickte ihn fort... Ahkuna blieb erstarrt im Raume stehen und starrte vor sich hin. Als die Königin ihre Trübsal merkte, wollte sie wieder zu ihr gehen, doch da betraten schon die Minister den Speisesaal und baten um eine Audienz. Ahkuna, die spürte, dass sie bei den Besprechungen störte, entschuldigte sich und verließ den Saal...
Emsigen Schrittes lief sie zum Stall und sprach sich bei Morgana aus...

Den Prinzen, den sie so sehr liebte, würde sich jemand anderes nehmen... Prinzessin Rosalinde, so hieß sie, die vermeintliche Verlobte des Prinzen... So erzählte man sich... Sie hatte es erst nicht glauben wollen, doch das Wort des Boten hatte das Gerücht' der Leute bestätigt...
Weinend warf sie sich an Morganas Schulter und fand ihren Trost in ihrem Geruch von Stroh und Leder... Ein zartes Schnauben wärmte ihren Hals und sie spürte, wie Morgana langsam wieder zu Kräften kam...

Ahkuna I: {Die Wolfsprinzessin}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt