Ich blieb den restlichen Tag in meinem Zimmer und hörte Musik. Am Abend kamen Julia und Larissa von ihrem Shopping-Trip zurück und schleiften mich in die Kantine. Sie erzählten ununterbrochen von ihren ach so tollen Errungenschaften und merkten nicht, dass ich mein Essen nicht anrührte. Der Typ, der bald eine Party schmiss, war ebenfalls mal wieder ein wichtiges Gesprächsthema.
Ich dachte währenddessen über Mason nach – und zu allem Übel wurde mir auch noch grottenschlecht, wie er prophezeit hatte. Dazu kamen Schwindelgefühl und Kopfschmerzen und irgendwann wollte ich mir nur noch die Seele aus dem Leib kotzen. In der Nacht als meine beiden (unaufmerksamen) Freundinnen durch die Jungenzimmer zogen, war mir arschkalt, aber ich glühte. Nach einer quälenden halben Stunde unter mehreren Decken war mir dann so heiß, dass ich mich duschen musste und danach mit kurzer Shorts und Top auf dem Fensterbrett saß und die Nachtluft auskostete. Als ich nach fünfzehn Minuten immer noch am Schwitzen war, beschloss ich mich bei einem nächtlichen Spaziergang abzukühlen. Jedenfalls versuchte ich mir einzureden, dass ich raus ging, weil ich mich abkühlen wollte und nicht weil mir Mason's Worte im Kopf rumspukten.
Ich schlüpfte in meine Sneakers und schlich mich ohne Jacke nach draußen. Der kühle Wind half ein bisschen und ich setzte mich auf eine Bank vor dem Supermarkt in der Nähe der Jugendherberge. Ein paar Meter weiter fing der Wald an und ich konnte mich nicht beherrschen dem Wald Blicke zu zuwerfen. Mason hatte doch bestimmt nur Mist erzählt ... oder?
Nach ein paar Minuten wurde mir kalt und ich bereute, keine Jacke mitgenommen zu haben. Es wurde immer schlimmer. Meine Zähne klapperten aufeinander und ich stand mit schlotternden Knien auf.
Plötzlich packte jemand mich von hinten und riss mich herum. Es war Dustin.
„W-was w-willst du d-denn hi-hier?", fragte ich ihn zitternd. Er lachte nur abfällig, hob mich hoch und trug mich in den Wald.
„H-hey!", beschwerte ich mich, konnte mich vor Kälte aber nicht wehren. Und er war ziemlich stark, was ich an seinen Armen, die mich umschlossen spüren konnte. Er war total heiß! Also nicht die Art von heiß, sondern extrem warm, wie eine Heizung. Trotzdem schlotterte ich immer mehr.
„Kannst du mal stillhalten? Oder soll ich dich fallen lassen?", blaffte er mich an, woraufhin ich von links ein lautes Knurren vernahm. Er setzte mich ab und ich brach zusammen. Ich fühlte mich als würde ich innerhalb weniger Minuten erfroren sein. Aber es war April und nicht Dezember.
Trotz dem lauten Klappern meiner Zähne hörte ich schwere Schritt auf dem Waldboden. Mühsam hob ich den Blick. Vor mir stand ein riesiger Wolf mit leuchtenden blauen Augen. Mason's Augen. Ich wandte den Blick ab. Ich hatte dieselben Augen. Hatte er am Ende doch Recht? Und ich war seine – und Melly's – Schwester? Und ein Wolf?!
Nein, versuchte ich mir einzureden, wahrscheinlich sorgte mein hohes Fieber für Halluzinationen. Ich konnte es nicht verhindern, dass ich wieder aufsah. Der Wolf war immer noch da und bleckte die Zähne in Dustins Richtung, der mit vor der Brust verschränkten Armen über mir stand.
Schlagartig wurde mir heiß, als würde ich brennen. Ich kreischte auf vor Schmerz und schlug um mich. Woher kam das Feuer? Ich sah mich hastig um. Das Zittern hatte aufgehört und da war auch kein Feuer. Nur der riesige Wolf, dessen Augen mitleidig leuchteten, und Dustin, dessen Blick unergründlich auf mich gerichtet war. Aber ich fühlte mich als würden in meinen Adern Flammen lodern. Was zum Teufel war das? Und warum brannte das so heftig? Ich wimmerte.
„Hey, beruhige dich! Es ist gleich vorbei", sagte Dustin erstaunlich sanft und sehr nahe an meinem Ohr. Er kniete jetzt neben mir. Sein Blick glitt an mir herab und ich sah etwas, dass ich glatt als Besorgnis bezeichnen würde, in seinen Augen. Was? Nein, da musste ich mich getäuscht haben. Dieser ... Höhlenmensch mit Dreadlocks war zu sowas bestimmt nicht einmal fähig. Das Fieber täuschte sicherlich meine Sinne.
Der besagte Höhlenmensch packte grob meine Hand als würde sein Leben daran hängen. Bevor ich darüber genauer nachdenken oder gar etwas sagen konnte, fing ich wieder an heftig zu zittern, obwohl das Feuer in mir immer heftiger tobte. Ich kreischte erneut auf. Innerlich fühlte es sich an, als würde ich zerreißen. Meine Knochen barsten auseinander, meine Organe platzten fast.
Dann wurde mein Kreischen zu einem tierischen Heulen.
DU LIEST GERADE
SheWolf || GER
Werewolf// NICHT ÜBERARBEITET // Sally führt ein eher schlichtes Leben mit Adoptiveltern und einer nervigen kleinen Schwester. Zufällig findet sie auf einer Klassenfahrt heraus, dass sie eine Zwillingsschwester hat - beziehungsweise hatte! Sie starb kurz vo...