Kapitel 27

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Dustin holte Nele ausnahmsweise mal pünktlich bei mir ab, sodass ich noch in Ruhe zu Abend essen und aufräumen konnte und mich trotzdem noch zehn Minuten vor meiner Patrouille verwandelte. Kyle joggte mir entgegen und wartete noch bis Phillip dazu stieß, bevor er sich zu Danny verabschiedete. Wir hörten Pauls Schritte, aber mal abgesehen von seinem murrenden Gemurmel hin und wieder blieb es still. Auch die nächsten paar Stunden blieben ruhig und Phillip und ich verbrachten viel Zeit leise zu reden. Irgendwann verwandelte sich Paul und Oliver nahm seinen Platz ein und wir verfielen wieder in Schweigen. Eine Weile liefen wir still durch den Wald, schnupperten und lauschten, bis ein Reißen und ein lautes Knurren uns in den Ohren hallten.

Dustin war mit fletschenden Zähnen zu uns gestoßen. Sein Blickfeld offenbarte uns Paul in geduckter Haltung auf einer kleinen Lichtung, die sich als die herausstellte, auf der Austins Wohnwagen stand. Was zur Hölle wollte er da?

Das frage ich mich auch, knurrte Dustin und machte einen Satz auf Paul zu, der bei der plötzlichen Bewegung einen Schritt zurückmachte. Innerhalb weniger Sekunden platze auch er aus seinen Klamotten und das Knurrkonzert wurde lauter. Phillip hatte bereits Oliver den Weg abgeschnitten, der von seiner Route abgekommen war, um seinem Beta zur Hilfe zu kommen.

Unser Gebiet ist tabu, fauchte Dustin nun.

Ich hab' eurem Alpha etwas zu sagen, erwiderte Paul knurrend.

Das gibt dir noch lange nicht das Recht, unser Gebiet zu durchqueren.

Ich dachte wir arbeiten jetzt zusammen, fragte Paul spöttisch.

Dustin schnappte nach ihm. Da hast du falsch gedacht! Soll ich dir die Bedingungen der Verbündung einprügeln, oder was beabsichtigst du hier? Er klang so als würde er ihm den Kopf abreißen wollen. Ich hastete in Richtung von Austins Wohnwagen und stieß ein alarmierendes Heulen aus. Zehn Sekunden später war auch Mason in Wolfsgestalt. Er knurrte ausgiebig, als ihm die Situation bewusst wurde.

Paul. Wenn du wirklich zu mir wolltest, solltest du vielleicht deinen Geruchssinn in Frage stellen. Du bist geradewegs an mir vorbeigelaufen.

Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Unsere Hütte lag auf Pauls Route noch vor dem Wohnwagen und er hätte Masons frischen Geruch kaum verfehlen können, da er sich dort befunden und geschlafen hatte. Der Geruchssinn eines Wolfes ist selbst in Menschengestalt so ausgeprägt, dass ihm das nicht hätte entgehen dürfen.

Außerdem, fuhr Mason eiskalt fort, sagen die Regeln der Verbündung ausdrücklich, dass euch das Betreten unseres Gebietes nur im Notfall erlaubt ist. Dieses Waldstück hier ist mehr als nur tabu.

Vor allem für dich, fügte Dustin hinzu. Mason und ich trafen im selben Moment bei ihm ein. Er stand Paul bedrohlich gegenüber.

Uns allen wurde bewusst, das Xavier sich verwandelt hatte. Er rief Oliver zurück und der gehorchte ohne zu zögern.

Paul, Rückzug. Sofort. Er klang stinksauer. Paul jaulte auf, doch Xavier gab nicht nach. Wenn du was zu sagen hast, mach' es auf der vereinbarten Lichtung.

Paul knurrte ein letztes Mal in unsere Richtung und drehte dann mit einem Satz um. Mason folgte ihm auf den Fuß. Sal, Phillip, zieht euch zurück. Dustin und ich übernehmen hier. Sarah sollte auch bald dazu stoßen.

Mir war unwohl zu Mute, aber ich folgte seinem Befehl und zog mich hinter Austins Wohnwagen an. Drinnen suchte ich nach Nele, aber sie war nicht aufzufinden. Genauso wenig wie Austin selber. Was hatte Dustin hier gemacht? Und wo war Nele? Bei seiner Mutter? Ich beschloss nachzusehen. Nicht, dass die Kleine noch weggelaufen war oder sich bei Pauls Auftauchen irgendwo versteckt hatte. Aber wenn sie hier gewesen wäre, hätte Dustin sie nicht so einfach zurückgelassen. Er war nur wenige Sekunden nachdem ich mich verwandelt hatte Mason und Paul hinterher in den Wald gelaufen.

SheWolf || GERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt