Kapitel 28

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½ Stunde nach Neles Verschwinden

Wenige stressgeladene Minuten später trafen wir alle so ziemlich im selben Augenblick wieder im Eingangsbereich des Hauses ein.

„Und?", fragte Anne

Bernd schüttelte den Kopf. „Nichts."

Sie sah nun verzweifelt aus. Mir ging es nicht besser.

„Scheiße", murmelte ich. „Scheiße, scheiße, scheiße." Ohne weiter nachzudenken drehte ich mich auf dem Absatz um. „Ich sag' Dustin Bescheid!", rief ich im Rausgehen. Er musste davon erfahren. Vielleicht kannte er ja noch ein paar Orte, an denen sie sich versteckt haben konnte.

„Ruf ihn doch an!", rief mir Bernd noch hinterher und korrigierte sich dann selber. „Ach nee, der Junge nimmt sein Handy ja nie mit."

Ich machte mir nicht die Mühe, wieder bis zum Wohnwagen zu laufen, sondern zog mich hinterm Dickicht in der Nähe des Hauses aus und verwandelte mich. Sofort wurde mir die Gegenwart von Dustin, Mason, Sarah und Xavier bewusst. Keine Nele.

Dustin?

Was? Er klang schlecht gelaunt, aber das interessierte mich in diesem Moment herzlich wenig.

Nele ist verschwunden.

Bitte was?! Plötzlich hellwach und voll konzentriert machte er einen Satz. Mason heulte leise erschrocken auf.

Deine Mutter hat sie vor einer Stunde schlafen gelegt und vor 'ner halben Stunde nach der Aufruhe mit Paul nochmal nach ihr gesehen, aber als ich vor fünf Minuten dort angekommen bin, war sie weg. Wir haben das ganze Haus abgesucht.

Ich bin in zwei Minuten da. Er hatte sich schon in Bewegung gesetzt, noch bevor er die Worte zu Ende gedacht hatte.

Ich geh' nochmal zum Wohnwagen und guck' nach, ob sie da ist. Vorhin war sie es zwar nicht, aber ... Ich sprach nicht weiter sondern rannte einfach.

In aller Eile zog ich mir meine Shorts und das Top an und riss die Tür zu Austins Wohnwagen auf. Dort fand ich ihn halbnackt vor seinem Bett stehen.

„Hast du Nele gesehen?"

Draußen ertönte Masons Heulen. Austin sah erst mich überrumpelt an und ließ das T-Shirt sinken, das er gerade dabei gewesen war sich über den Kopf zu ziehen. Dann blickte er zum Fenster und wieder zu mir. „Ist sie nicht bei Anne?"

„Nein, nicht mehr. Innerhalb der letzten halben Stunde ist sie verschwunden."

Er ließ das T-Shirt komplett fallen und rannte nach mir raus. Ich lauschte auf die Umgebung, aber alles außer dem Rascheln der Blätter im Wind war still.

„Hast du Dustin Bescheid gesagt?"

„Ja, eben. Er ist auf dem Weg." Im selben Moment kam ein verzottelter Wolf auf die Lichtung geprescht und verwandelte sich in derselben Bewegung.

„Mason sucht die Hütte ab, Sarah die Umgebung. Kyle und Phillip können auch nicht weit sein." Er klang gestresst und besorgt und ich hatte das Bedürfnis ihn zu beruhigen. Ich selbst befand mich zwar auch in einem panischen Zustand, aber ihm schien es noch viel schlimmer zu gehen. Schnell erklärte ich ihm was passiert war während er sich etwas anzog. Er grunzte mich nicht mal an, sondern fragte – zwar mit überbesorgtem Gesichtsausdruck, aber dafür mit einem umso rationaleren Tonfall – nach Details.

„Gibt's noch irgendwo einen Ort an dem sie sich verstecken könnte, den wir noch nicht abgesucht haben?", hakte ich nach.

„Nein", schnaufte Dustin als wäre das selbstverständlich. „Sie geht normalerweise nicht alleine auf Wanderschaft. Erst recht nicht um diese Uhrzeit."

SheWolf || GERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt