Kapitel 20

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Am nächsten Tag nach der Schule, als ich in der Hütte angekommen war und etwas gegessen hatte, fiel mein Blick auf einen meiner Lieblingsgegenstände: meinen iPod. Normalerweise hörte ich fast ununterbrochen Musik, aber in letzter Zeit war das irgendwie zu kurz gekommen. Kurz entschlossen griff ich nach dem kleinen Gerät, klemmte es mir an die Hosentasche und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren. Radioactive von den Imagine Dragons ertönte und ich summte sofort mit.

Welt aus, Musik an; wie man immer so schön sagte. Für eine Weile konnte ich den Stress des Umzugs und des Starts an der neuen Schule sowie das Drama im Rudel vergessen. Gut gelaunt tanzte ich durch die Hütte, löste nebenbei ein paar Matheaufgaben und räumte die Küche auf. Als Mason nach Hause kam, sah er mir eine Weile grinsend zu, während er ein Sandwich aus dem Kühlschrank verschlang und haute sich dann aufs Ohr. Als Alpha schien er eine Menge zu tun zu haben und seine Müdigkeit war wahrscheinlich noch ausgeprägter als bei mir, trotz unserer wölfischen Ausdauer.

Als Diamonds von Rihanna ertönte, ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte, leise mitsingend, an die Decke. Michelle hatte mir heute Mittag von Mam's Handy ein paar Nachrichten geschickt, bis Mam ihr das Handy weggenommen und mir geschrieben hatte, dass ich mich an meine Hausaufgaben setzen solle. Ich vermisste sie. Aber gleichzeitig genoss ich auch meine Freiheit. Schon in den wenigen Tagen war mir aufgefallen, dass dies alles ein Lernprozess war und ich konnte fast sogar verstehen, warum meine Eltern mit der Aktion einverstanden gewesen waren. Das Rudel war jetzt auch meine Familie und ich lernte wie wichtig Vertrauen und Zusammenhalt hier war. Früher hatte ich dazu geneigt mich abzuschotten, meine Freundinnen wussten noch weniger über mich als meine Eltern und freiwillig ausgegangen bin ich nie. Schon in diesen wenigen Tagen war ein kleiner aber feiner Unterschied zu bemerken.

Ein Kissen, das in meinem Gesicht landete, riss mich aus meinen Gedanken. Phillip stand grinsend und mit hochgezogenen Augenbrauen im Türrahmen meines Zimmers. Ich entfernte einen der Kopfhörer.
„Ist es schon Zeit für die Patrouille?", fragte ich. Wir waren erst abends einplant.

Er schüttelte den Kopf. „Nein, aber Nele hat schlechte Laune."

„Und...?", hakte ich nach. „Das soll mir jetzt was sagen?"

„Dustin meinte, ich soll sie zu dir bringen."

Ich schnaubte und stand auf. „Wo ist denn der werte Herr?"

„Anderweitig unterwegs", kam als Antwort, gefolgt von einem Schulterzucken zurück.

„Wo?"

„Nicht hier."

Genervt hob ich die Augenbrauen. „Geht's noch genauer?"

„Nein."

„Na toll." Ich verdrehte die Augen und folgte ihm in die Küche, aus der mir Nele schon breit entgegen grinste. Schlechte Laune sah aber anders aus. Sie hämmerte mit ihren kleinen Fäusten auf den Tisch ihres Hochstuhls.

„Na du Monster? Wen hast du heute wieder gequält?"

„Mich", grummelte Phillip mit der Nase im Kühlschrank. „Kyle muss auf seine Halbschwestern aufpassen und Danny ist anderweitig eingespannt."

Den Rest konnte ich mir denken. „Und Mason hat Pause, Sarah und Austin sind auf Patrouille und Dustin hat schlicht und einfach keine Lust."

Ich seufzte, schaltete meinen iPod aus und nahm Phillip die Tüte mit Karotten und Äpfeln aus der Hand. Das war's dann mit der Entspannung. Ich griff nach einer Banane aus dem fast leeren Obstkorb und schnitt das Obst und Gemüse klein. Nele machte währenddessen Geräusche, die keiner entziffern konnte.

SheWolf || GERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt