Kate blickte aus dem Fenster heraus, beobachtete, wie die Feuerwerkskörper zum Himmel flogen und dann mit einem mehr oder wenig lautem Knall in der Luft zu grellen Bildern explodieren. Es waren viele Gedanken, die ihr bei diesem Bild, das sich vor ihr auf den Straßen Atlantas bot, durch den Kopf gingen. Da waren Dinge, die sie gleich wieder verdrängte, Dinge, über die sie noch ewig nachdenken hätte können und Dinge, die nur wenig bedeutend waren und nur kurz in ihrem Gedankenstrudel auftauchten um dann wieder in der Versenkung zu verschwinden. Da waren Dinge, die ihr das Herz brachen. Aber auch welche, auf die sie sich freute. Dinge, bei denen sie nicht wusste, wie sie darüber fühlen sollte. Kate wusste nicht, ob dies ein guter Start ins neue Jahr war. Aber gibt es so etwas überhaupt, den perfekten Start in ein neues Jahr? Ist das überhaupt wichtig? Letzen Endes bleibt doch alles gleich. Die guten Jahresvorsätze, die man sich jedes Jahr auf ein Neues schwört und sich selbst verspricht, sie in diesem Jahr endlich einzufallen, geraten meist schon nach wenigen Wochen in Vergessenheit. Und wenn sich jeder daran gewohnt hatte, das Datum anders zu schreiben, ist alles wieder wie vorher. Nur das Datum verändert sich. Mehr nicht. Man bekommt keine Auszeit von allen Problemen, man kriegt keinen Neuanfang. Man sitzt einfach nur da, und beobachtet missgünstig, wie die anderen das neue Jahr feiern, schmunzelnd darüber, weil die anderen es tatsächlich noch für etwas Besonderes empfinden. So ging es Kate zumindest. Sie wusste, dass sie ziemlich alleine mit ihrer ansichtsweise dastand. Selbst Chris hatte sich auf das neue Jahr gefreut. Das erste Jahr, dass wir gemeinsam beginnen, hatte er gesagt. Kate schüttelte den Kopf und versuchte, so vor den Bildern in ihrem Kopf zu flüchten. Doch wie immer gelang es nicht. Sie kamen, ungewollt und ohne vorher anzuklopfen. Vor ihrem geistigen Augen tauchten Bilder auf, die sie so sehr versucht hatte, in den 3 ½ Wochen zu vergessen. Bilder, die sie ohne Zweifel immer begleiten würde. Bilder, die sie vermutlich immer und immer wieder verdrängen würde. Einfach, weil es nicht anders funktionierte, so redete sie es sich zumindest ein, immer und immer wieder. Jeden Tag. In jeder Stunde, egal, ob sie nun in der Universität saß, oder ob sie mit Caro shoppen war, oder ob sie, so wie in diesem Moment, an dem riesigen Fenster in Caros Fenster saß und in ihre Gedanken versunken war. Sie versuchte es zu vermeiden und tatsächlich, mit jedem Tag, in dem sie Abstand zu Chris hielt, wurden die Gedanken, das Verlangen nach ihm immer weniger. In den ersten Tagen war es am schlimmsten gewesen. Vielleicht auch, weil sie bei ihrem Vater gelebt hatte und Chris nicht weit von ihr entfernt war. Vielleicht lag es auch daran, dass er sie fast stündlich anrief oder eine SMS schrieb. Vielleicht lag es daran, dass sie immer wieder sein Sturmklingeln an der Tür an ihrer Wohnung ertragen musste, während sie sich weinend in ihr Bett ein gekullert hatte und mit das Kissen gegen ihre Ohren drückte, in der Hoffnung, Chris’ Rufe zu dämmen. Aber sie hatte ihn trotzdem gehört, jedes Mal. Und jedes Mal hatte ihr Herz sich zusammengezogen und sie hatte dieses unerträgliche Stechen in ihrer Brust gespürt, diesen Leeren platzt, den Chris‘ hinterlassen hatte. Den Platz, den sie selber leer geräumt hatte, als sie aus seiner Wohnung gegangen war. Er war einfach dort gestanden, m Fenster, hatte sie nicht einmal zu ihr umgedreht. Sie hatten kein Wort mehr gesprochen seit sie aus dem Aufzug gegangen waren. Fast mechanisch hatte Kate ihre Klamotten z7usammengepackt und sich dann auf das Bett gesetzt. Auf das Bett, auf dem sie sich am Abend zuvor noch geliebt hatten. Und nun sollte alles vorbei sein? Einfach so? Dann war sie gegangen, hatte ihre Tasche über die Schulter geworfen, wie so oft in letzter Zeit. Zu oft, wie sie fand. Matt hatte sie von der Küche aus beobachtet, aber auch er hatte kein Wort gesagt. Vielleicht hatte Chris ihm irgendetwas gesagt, vielleicht aber hatte er es sich auch denken können. Noch nie war Kate der Weg so lange vorgekommen wie in diesem Moment. Fuß für Fuß kam sie zwar einen Schritt voran, doch fühlte es sich so an, als würde sie den Weg mit jedem Schritt nur vergrößern. Und als sie dann an der Türe stand, wusste sie nicht, ob sie etwas sagen sollte. Irgendetwas. Sie entschloss sich dagegen. Anders wie Chris. Er sagte etwas, dass sie nie vergessen würde. Sie hatte seine Stimme noch so oft gehört, nach dem sie nachts ihre Augen geschlossen hatte. Und immer wieder hörte sie den selben Satz, als wäre er irgendwo in ihrem Kopf eingebrannt worden.
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Telling the whole Story
Romance(Fortsetzung von 'Just the half of the story') „Du hast was?!“, schrie Nic und einige Gäste in dem Restaurant drehten sich zu ihnen um. „ich habe es nicht geplant“, fuhr Kate fort, viel leiser, als zuvor, „wir hatten uns gestritten, heftig gestritt...