Kap. 15: Life could be that easy.

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Matt schenkte ihr ein trauriges Lächeln. Kate erwiderte es. Sie hatte ihm nichts mehr zu sagen, nun ja, zumindest nicht in diesem Moment. All die Informationen, mit denen Matt sie gerade gefüttert hatte, lasteten schwer auf ihr. Es waren nicht nur die Informationen. Nicht die Tatsache, dass ihre Mutter etwas mit Matt hatte, als sie noch mit ihrem Vater verheiratet war. Es war die Geschichte. Die Gefühle, die hinter dieser Geschichte lagen. Die Tatsache, dass sie nicht die einzige war. Die einzige mit einer Geschichte, mit Gefühlen in ihr, die so schwer waren, dass sie ihr manchmal die Luft zum Atmen nahmen. Und jahrelang hatte sie keine Ahnung gehabt von dem, was da neben ihr stattgefunden hatte. Dabei war es offensichtlich gewesen. Doch nicht in ihren Augen. Es war nicht so, als würde Kate nun Matt oder ihrer Mutter mehr Schuld an dem Verschwinden ihres Vaters geben. Nun ja, vermutlich waren sie in gewisser Form die Schuldigen. Durch sie war es vermutlich erst so weit gekommen. Aber ihr Vater hatte letztendlich alleine den Entschluss gefasst, zu gehen. Sich nicht zu melden. Kate fragte sich, ob er sie wirklich je so geliebt hatte, wie er immer gesagt hatte, als sie noch klein war. Wie er es ihr zugerufen hatte, während er sie in die Luft geworfen und sie vor lauter Staunen die Augen weit aufgerissen hatte, um dann wohlbehütet in seinen Armen zu landen und ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. Wenn er sie so geliebt hatte, wie er es gesagt hatte, warum war er dann gegangen? Diese Frage hatte sie sich schon früher gestellt. In den ersten Monaten, nachdem er sie verlassen hatte. Dann hatte sie die Fragen verdrängt, hatte sich auf andere Dinge konzentriert. Und jetzt waren sie wieder da. Und es war, als wären sie nie weg gewesen. Sie waren ja auch nie wirklich weggewesen. Sie hatte sie nur verdrängt, um sich selbst zu schützen. Fast automatisch lief Kate in ihr Zimmer und fing an, einige ihrer Klamotten in eine Tasche zu packen. Sie brauchte Abstand. Vielleicht sollte sie zurück nach Atlanta. Einfach, weil… weil es dort einfacher war, sagte eine Stimme in ihr, doch Kate wollte sie nicht haben. Sie wollte nicht so egoistisch sein. Die Türe zu ihrem Zimmer schwang auf und Kates Blick wanderte nach oben. Chris. Kate lächelte ihn an, doch er blickte nur grimmig drein, als er die Tasche auf dem Bett und die Klamotten in ihrer Hand realisierte.

„Was machst du?“, fragte er, wobei er alles andere als glücklich wirkte.

„Ich gehe zu Marie. Ich brauch ein wenig Abstand“, erklärte Kate und wollte gerade ein Paar Jeans in die Tasche legen, doch Chris hielt sie davon ab. Nahm ihr die Jeans aus der Hand und legte sie zurück in den Schrank. Dann griff er nach Kates Händen und setzte sich auf das Bett, wobei er sie auf seinen Schoss zog. Seine Hände umschlungen ihre Taille, während er sein Gesicht in ihrem Nacken vergrub. Kate zog alles auf, was seine Nähe im gab, als wäre er Wasser und sie ein Schwamm. Die Wärme, der halt, die Liebe, die Zuneigung. Alles, was sie gerade brauchte nur in einer simplen Umarmung. Das Leben konnte so verdammt einfach sein. So einfach. Einfach nur ihn seinen Armen. Einfach nur seine Lippen auf ihrer Haut spüren. Spüren, wie er ihren Nacken liebevoll küsste, immer, immer weiter nach oben. Sich voll und ganz in seinen Berührungen verlieren, sich einfach fallen lassen. Das Leben kann so einfach sein. Auch hier. Nicht nur in Atlanta. Überall, wo Chris ist, ist das Leben einfach.

„Geh nicht“, flüsterte Chris zwischen einem seiner Küsse.

„Wie denn?“, fragte Kate, wobei sie beinahe verzweifelt klang. „Wie bitteschön? Wie soll ich nicht gehen, wenn Matt hier lebt? Wenn ich weiß, dass Matt mit meiner Mutter geschlafen hat, während sie noch mit meiner Vater verheiratet war. Wenn ich weiß, dass meine Eltern sich lieben und wieder zusammen kommen werden, ich aber nicht weiß ob ich  noch Teil dieser Familie sein kann?“

Kate starrte ihn fragend an. Er nickte langsam, verstehend. Wissend. Er wusste es. Wusste, was Kate Matt gerade aus der Nase ziehen musste. Was sie ihrer Mutter aus der Nase ziehen hatte müssen.

„Du hast es gewusst?“, flüsterte Kate und wieder war da ein Nicken von Chris.

„Er hat es mir erzählt. Nachdem er bei deiner Mutter rausgeflogen ist.“

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