(17) Die Zeremonie

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(20.11.2019)

Die Tage, die Noah und ich mit der Planung der Zeremonie verbrachten, vergingen wie im Flug. Alles war wie in einem Nebel und gleichzeitig war mir alles glasklar bewusst. Jedes Detail der Zeremonie wurde besprochen und geplant. Alles sollte perfekt werden.

Und nun stand ich in Noahs Zimmer und betrachtete mich im Spiegel. Das Kleid saß immer noch genauso perfekt wie an dem Tag an dem ich es gekauft hatte. Meine Haare hingen mir in einer wilden Mähne über den Rücken. Mein Gesicht und Körper waren frei von jeglichem Make-up und Parfum. Das hatte mir Darcy verboten, als sie ins Zimmer kam um mir beim ankleiden zu helfen. Sie war eine wirklich nette und fürsorgliche Person und anscheinend mochte sie mich auch, denn sie lächelte mich immer an. Ihr Lächeln war warm und ließ ihre Augen funkeln. Nicht so wie das verschlagene Lächeln manch anderer.

Clara wusste zwar sehr viel von solchen Traditionen, aber nicht alles. Immerhin war sie kein Werwolf und jedes Rudel hatte noch zusätzlich eigene Traditionen.
"Du bist wunderschön.", sagte sie jetzt und betrachtete mich von den Zehen bis zu den Haarspitzen. Sie streichelte mir über die Haare und lächelte mich aufmunternd im Spiegel an.
"Danke." Mit zitternden Fingern strich ich das Kleid glatt und versuchte meine Nervosität zu verscheuchen. Vor der Vereinigungszeremonie würde noch meine Prüfung stattfinden und sollte ich sie nicht bestehen, dürfte ich auch nicht mit Noah zusammen bleiben. Von Darcy hatte ich erfahren, dass der einzige Weg, wie wir dann zusammen bleiben könnten wäre, wenn er seinen Alphastatus ablegen würde. Aber würde er das wirklich tun? Würde er sein Rudel, dass er über Jahrzehnte aufgebaut hatte für mich opfern? Allein die Möglichkeit ich könnte die Prüfung nicht bestehen versetzte mich in Panik. Ich wollte Noah nicht vor die Wahl stellen. Um ehrlich zu sein, hatte ich die Befürchtung er würde sich dann gegen mich entscheiden.

"Was soll ich machen wenn ich die Prüfung nicht bestehe?" Panisch drehte ich mich zu Darcy um und schaute sie mit riesigen Augen an. Meine Angst war mir deutlich ins Gesicht geschrieben.
"Das ist wirklich nichts worüber du dir Sorgen machen musst. Noah wird schon eine Aufgabe finden die zu deinen Stärken und deiner zukünftigen Position passt. Er wird dich nicht ins offene Messer laufen lassen." Beruhigend hatte sie während ihrer Ansprache die Hände auf meine nackten Schultern gelegt und drückte sie sanft. Ihre Haut war warm auf meiner und entspannte mich etwas. Es war schon merkwürdig wie sehr mich Körperkontakt beruhigte. Früher war das nicht so. Ich hatte es nicht gemocht von anderen Menschen berührt zu werden. Nur meine Familie und Clara durften das. Aber seit ich viel Zeit mit dem Rudel verbracht hatte, waren mir Berührungen und Nähe nicht mehr fremd. In einem Rudel gehörte Körperkontakt einfach dazu, dass hatte ich in den letzten Wochen gelernt. Und damit meinte ich nicht Berührungen im sinnlichen Sinne. Sondern ganz einfache, unschuldige. Und ehrlich gesagt freute ich mich jedes Mal wenn ein Junges auf mich zugelaufen kam und sich an meine Beine klammerte. Die kleinen Augen weit aufgerissen schauten dann bittend zu mir herauf und der kleine, schockoladenverschmierte Mund fragte nach meinen Keksen, die anscheinend alle Wölfe liebten. Die Köchin hatte mir zwar deswegen einige Böse blicke zugeworfen, aber sie hatte nicht lange gegrollt. Sie freute sich einfach nur dass das Rudel immer satt und zufrieden war.
"Ich möchte aber das Noah mich genauso behandelt wie den Rest des Rudels. Ich möchte schließlich ein vollwertiges Mitglied sein und nicht eine Sonderbehandlung bekommen, die mich von den anderen unterscheiden würde." Die Arme vor der Brust verschränkend schüttelte ich den Kopf. Ich hatte nie eine Sonderbehandlung gewollt, egal in welcher Situation. Ich war immer der Ansicht gewesen, dass alle Menschen gleich waren und dieselbe Behandlung verdienten.

"Besondere Menschen verdienen eine besondere Behandlung." Wieder schüttelte ich den Kopf. Ich sah es nicht so. Ich behandelte immer alle gleich. Über meine Reaktion lächelnd, legte Darcy den Arm um meine Schultern und umarmte mich. Verwirrt drückte ich sie ebenfalls an mich. Gerade als sie sich von mir löste, ging die Tür auf und Noahs Mutter steckte den Kopf ins Zimmer.
"Es ist nun alles bereit." Nun würde es also passieren. Mein Herz raste mit jedem Schritt den ich in Noahs Richtung und unserer gemeinsamen Zukunft machte.
"Es wird schon alles gut gehen. mach dich bloß nicht verrückt." Noahs Mutter legte ihre Hand auf meinen unteren Rücken und schob mich sanft aber bestimmt nach draußen. Beide Zeremonien würden im Freien stattfinden, so wie es sich gehörte. Es gab nur wenige Ausnahmen in denen die Zeremonien im Inneren abgehalten wurden. Da die Wölfe eine höhere Körpertemperatur hatten als wir Menschen, fiel es ihnen nicht so schwer im Schnee zu stehen. Doch zum Glück hatten wir gutes Wetter und sogar spät am Abend wehte noch ein warmes Lüftchen.

captured by a wolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt