(27.03.2019)
„Und wie läuft es mit deinem heißen Noah?", fragte Clara, als wir eine Straße überquerten, auf dem weg zu einer weiteren Wohnungsbesichtigung.
„Super. In den letzten zwei Wochen waren wir mehrmals Essen, im Kino aber auch einfach im Park spazieren." Die Dates waren einfach wunderbar gewesen. Ich hatte so viel Spaß mit ihm gehabt, dass ich selbst überrascht gewesen bin. Er war so zärtlich und liebevoll. Manchmal ließ er seine dominante Seite raushängen, was mich am Anfang etwas störte, doch mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt. Ich empfand es sogar als anziehend. Wie er schützend vor mir her ging, meine Hand hielt, mir die Tür öffnete und den Stuhl zurecht schob. Wie er andere Männer mit seinen Blicken durchbohrte, wenn sie mich länger als einige Sekunden ansahen.„Und wie läuft es mit der Jobsuche?" Entnervt stöhnend warf ich den Kopf in den Nacken.
„Katastrophal. Ich habe bisher immer nur Absagen erhalten oder überhaupt keine Rückmeldung. Das Studium beginnt in weniger als zwei Monaten und wir haben weder eine Wohnung, noch Jobs. Das ist zum verrückt werden." Vor einigen Tagen hatte ich endlich den heiß ersehnten Brief erhalten, der mir mitteilte, dass ich zum Studium angenommen wurde. Ich war wie eine Verrückte durch das Haus gelaufen und hatte vor Freude gekreischt. Noah hatte mich zur Feier des Tages in ein nobles Restaurant eingeladen, wo wir in einem romantisch eingerichteten Separee aßen. Dieser Abend war auch der erste gewesen, an dem ich Noah als erste geküsst hatte und dass nicht nur auf die Wange wie bei meiner Abschlussfeier. Ich war ganz nervös, mein Herz hatte gerast und ich hatte mir die ganze Zeit über Sorgen gemacht, dass ich etwas falsch machen würde. Doch Noahs Hände an meiner Taille, die mich immer näher zu ihm zogen, hatten mich beruhigt, bis das Räuspern des Kellners uns auseinander gerissen hatte. Noah fand die ganze Situation amüsant und ich wäre am liebsten im Erdboden versunken, doch nachdem Noah mich beruhigt hatte, war der Abend noch sehr schön geworden.
"Erde an Olivia." Claras Stimme riss mich aus meinen Tagträumen und entschuldigend schaute ich sie an.Wir waren auf vielen Wohnungsbesichtigungen in den letzten Wochen. Die bisherigen Besichtigungen waren der reinste Horror gewesen. Es waren so viele Menschen anwesend, dass man richtig Platzangst bekam. Es war schon richtig beängstigend. Die Wohnungen waren ziemlich teuer und klein, einige sogar so alt, dass bereits der Putz von den Wänden abfiel. Aber das aller schlimmste war, als sich der Makler vor aller Augen bestechen ließ.
„Langsam wird es knapp. Ich hoffe nur, dass es mit dieser Wohnung klappt." Als wir endlich die acht an der Hauswand entdeckten, öffneten wir die Tür und blieben entsetzt stehen. Der Flur war total verdreckt und ein unangenehmer Geruch hing in der Luft.
„Das ist schon mal kein gutes Zeichen."
„Wenn wir die Wohnung nicht bekommen, müssen wir wohl noch bei unseren Eltern wohnen bleiben."
„Hast du nicht erwähnt, dass Noah uns eine Wohnung zur Verfügung stellen würde?"
„Ja, aber ich kann so etwas doch nicht annehmen. Wir sind noch nicht mal ein richtiges Paar."
„Aber ich bin sicher, du würdest lieber einen Gefallen von Noah annehmen als bei deinen Eltern zu leben, die über alles Bescheid wissen wollen was du tust."
„Wir werden sehen." Ich wollte gerade meinen Fuß auf die nächste Stufe setzen, als etwas meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Was ist das?" Ich beugte mich etwas vor um es zu mustern und wich entsetzt zurück. „Oh mein Gott! Das ist ein gebrauchtes Kondom!" Meine Stimme hallte durch den Flur und das Quietschen, welches meinen Mund verließ, erschreckte selbst mich.
„Ich werde auf keinen Fall hier wohnen!" Ich drehte mich auf dem Absatz um und verließ fluchtartig den Flur. Vor Ekel schüttelte es mich.
„Das ist ja abartig." Clara kam hinter mir her und sie sah genauso angewidert aus wie ich mich fühlte.
„Tja, jetzt musst du wohl oder übel Noah anrufen und ihn um die Wohnung bitten."
Nervös stand ich vor der riesigen Glastür, die immer wieder auf und zuging, wenn Menschen ein und ausgingen.
Komm schon, geh endlich rein. Du kannst hier nicht ewig stehen, sprach ich mit mir selbst. Ich strafte meine Schultern, zupfte meinen Rock zurecht und betrat das Gebäude. Langsam ging ich durch den großen Eingangsbereich und blieb an dem Empfangstheke stehen.
Die Frau, die von einigen Unterlagen aufschaute, musterte mich mit einem abschätzenden Blick.
„Was kann ich für Sie tun?"
„Ich möchte bitte zu Noah."
„Noah wer?" Sie lehnte sich zurück und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
„Zu Noah Hamilton."
„Haben Sie einen Termin?"
„Nein. Ich bin seine Freundin. Ich brauche keinen Termin." Noah hatte mir gesagt, dass ich jederzeit zu ihm kommen könnte, wenn ich etwas brauchte oder ihn einfach nur sehen wollte.
„Sie wollen seine Freundin sein, dass ich nicht lache." Die unverschämte Frau drehte sich von mir weg und stieß ihrer Kollegin den Ellenbogen in die Seite. Mit einem Finger deutete sie auf mich.
„Die behauptete doch ernsthaft Mr. Hamiltons Freundin zu sein. Kannst du dir das vorstellen?" Beide lachten jetzt laut und zogen die Aufmerksamkeit anderer auf sich.
„Was würde er von so einem mickrigen Ding wie dir schon wollen?", fragte nun die zweite Frau höhnisch.
„Ich bin nicht nur seine Freundin, sondern auch seine Gefährtin. Und soweit ich weiß, müsst ihr mich mit Respekt behandeln." Das würden schon allein die höflichen Umgangsformen fordern, die die beiden anscheinend nicht hatten.
„Aber klar doch. Und ich bin der Weihnachtsmann." Langsam bildete sich ein Kreis aus Gaffern um uns herum und mir wurde die Situation mit jeder Sekunde unangenehmer. Mein Gesicht ähnelte sicher schon einer Tomate.
„Was ist hier eigentlich los!?" Noah Stimme brachte alle zum Verstummen. Das Lachen der beiden Frauen, das mich so demütigte, erstarb. Mit weit ausholenden Schritten überwand Noah die Distanz zwischen uns und schob dabei neugierige Menschen beiseite. Als er endlich neben mir stand, legte er seinen Arm um meine Taille und zog mich an seine Seite. Da ich flache Schuhe trug, ruhte mein Kopf genau auf seiner Brust. In seinen Armen fühlte ich mich gleich sicherer. Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust und hätte es am liebsten in seinem Anzug vergraben, da mir die Situation so unangenehm war.
„Nun?" Er schaute die Frauen hinter der Theke an. Die beiden starrten seinen Arm an der um meine Mitte lag und wechselten ängstliche Blicke. Anscheinend wurde ihnen langsam ihr Fehler bewusst.
„Wenn jetzt keiner den Mund aufmacht, lasse ich mir die Überwachungsvideos geben."
„Es war nichts. Ich habe nur gefragt ob ich zu dir kann.", versuchte ich ihn zu besänftigen.
„Ok. Und was hat man dir geantwortet?" Ich war nie nachtragend gewesen, weshalb ich jetzt schwieg, denn ich wollte die beiden Frauen nicht in Schwierigkeiten bringen, auch wenn sie nicht so nett zu mir waren.
„Ich warte!" Noahs Arm spannte sich an. Seine Augen wechselten die Farbe und die Frauen wichen ängstlich zurück.
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captured by a wolf
WerewolfTeil 1: In einer Welt, in der Mythen und Legenden real sind, versucht Olivia ihr Leben auf die Reihe zu kriegen. Sie wuchs sehr behütet und zurückgezogen auf. Doch jetzt ist sie 21 und nichts kann sie davon abhalten die Dinge zu erkunden die ihr imm...