Ein Unfall kommt selten allein

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P.o.V. Leonidas

Wieso nochmal musste sich der Neue neben mich setzen? Ach ja. Weil die Lehrerin meinte, es wäre der einzige noch freie Platz, was so nicht unbedingt stimmt. Einen anderen Platz hätte es noch gegeben. Den Flur. Da hätte er auch sitzen können und würde nicht mit seinem Odeur meine Beherrschung angreifen. Warum muss er bloß so lecker riechen? Es ist schwer mich davon abzuhalten nicht einmal ein bisschen zu probieren. Ich weiß, dass ich, wenn ich einmal probiere, nicht mehr aufhören kann, bis ich endgültig satt bin. Meist ist das dann, wenn der Körper blutleer ist. Vermutlich keine so schöne Aussicht für Ayuma. Ich musste ihn warnen. Er soll sich von mir fern halten.
"Halt dich bloß fern von mir.", flüsterte ich.
Ich gab mir alle Mühe um so abweisend wie möglich zu klingen. Mit einem Hauch Verbitterung bemerkte ich, wie Ayuma zusammenzuckte. Aber ich hatte es ja so gewollt. Immerhin habe ich ihn hoffentlich so verschreckt, dass er sich wirklich von mir fern hält.

Als dann endlich die Deutschstunde vorbei war, war ich schneller draußen, als die anderen einpacken konnten. Mein erster Halt war mein Schließfach. Dort deponierte ich erstmal mein Deutschbuch und tauschte es gegen mein Mathebuch. Als ich dann auch mein Matheheft gefunden hatte wollte ich gerade einen Schluck aus meiner Thermoskanne nehmen, als mich jemand anrempelte. Ich hatte ziemlich zu tun, nicht zu kleckern. Seufzend machte ich die Thermoskanne wieder zu, schlug heftig die Spindtür zu und sah auf den Übeltäter runter. Vor mir stand Ayuma und sah betreten auf seine Schuhe.
"Es tut mir Leid. Ich habe nicht aufgepasst.", entschuldigte er sich leise.
Ich knurrte ihn bloß an. Er hätte beinahe mein Blut verschüttet. Das ist ein epischer Fehler, den man nur schwer wieder gut machen konnte. Ohne ihn weiter zu beachten drehte ich mich um und verließ das Schulgebäude. Auf dem Schulhof sah ich der Sonne entgegen. Ich hatte Glück, da ich es geschafft hatte mir einen Sonnenstein zu fertigen, sodass ich auch in der Sonne wandeln konnte. Ich habe schon von anderen Vampiren gehört, die können nicht in der Sonne wandeln. Sie würden elendig verbrennen.
Abrupt wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als jemand von hinten ihn mich rein lief. Leider wurde ich in einem Moment totaler Unaufmerksamkeit erwischt, sodass ich mein Gleichgewicht verlor und hinfiel, nachdem ich vergeblich einige Ausfallschritte machte. Die Person, die in mich rein gelaufen war, hatte auch kein Glück mit dem Gleichgewicht, denn ich hörte ein lautes, schmerzvolles Stöhnen. Ich drehte mich auf den Rücken und sah Ayuma auf dem Boden liegen. Ich rappelte mich auf und half Ayuma auf.
"Was ist so schwer daran sich von mir fern zu halten?", frage ich ihn knurrend.
Ayuma zuckte hilflos mit den Schultern. Erst da bemerkte ich, dass er Nasenbluten hatte. Ich seufzte resignierend.
"Los komm. Ich bring dich zur Schulkrankenschwester.", forderte ich Ayuma auf und reichte ihm ein Taschentuch, damit er sich nicht vollblutet.
Es kostete mich all meine Beherrschung mich nicht auf ihn zu stürzen. Sein Blut roch einfach zu lecker. Gott seis gedankt und gepfiffen, wir erreichten bald die Schulkrankenschwester.
Ich lieferte Ayuma ab und meinte bloß:"Er ist hingefallen."
Die Krankenschwester nickte und ich flüchtete förmlich aus den Saniraum.

Als es nach zehn Minuten klingelte, war Ayuma noch immer nicht zurück. Vielleicht fand er den Raum ja nicht. Ich zuckte mit den Schultern und betrat den Raum, den uns unser Mathelehrer aufgeschlossen hatte. Jedes Mal fragte ich mich, ob er mit dem großen Mathematiker Gauss verwandt war. Sie teilten sich ja immerhin den Nachnamen.
Kopfschüttelnd setzte ich mich hin und sah nach vorne. Herr Gauss ging gerade die Anwesenheitsliste durch, hielt aber bei Ayuma an.
"Ayuma Nawasaki? Hat jemand eine Idee, wo er ist?", fragte er in die Klasse.
Alle schüttelten den Kopf und es wurde laut in der Klasse, weil die Schüler anfingen zu spekulieren, wo denn Ayuma geblieben ist.
" Er ist bei der Schulkrankenschwester, weil er Nasenbluten bekommen hat, nachdem er gestürzt ist.", antwortete ich leise von meinem Platz in der letzten Reihe aus.
Mit mal wurde es mucksmäuschenstill und alle sahen mich an. Die Stille hielt noch eine Weile an, genau genommen so lange, bis die Tür schwungvoll aufgerissen wurde und Ayuma in den Raum schlitterte.
"Entschuldigen Sie, dass ich zu spät bin.", nuschelte Ayuma.
"Keine Sorge. Leonidas hat dich bereits entschuldigt. Geht es dir wieder besser?", erwiderte Herr Gauss.
Ayuma nickte bloß und ließ sich neben mich fallen. Na dann auf in den Kampf. Nicht, dass mir Mathe nicht gefallen würde. Es ist ein Kampf um meine Beherrschung.

Greetings From PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt