Zeitenwanderer

Vergangene Gegenwart

Nach einer gefühlten Ewigkeit, hatten wir endlich den Wald hinter uns gelassen. Die Sonne war schon aufgegangen und vor uns lag ein kleines Feld mit Getreide und einem kleinem Stall. Weiter hinten sah man ein schlichtes Haus mit Strohdach und wenig Fenstern. Auf dem Feld war ein Mann und eine Frau zu sehen, die gerade arbeiteten. Noch weiter hinten sah man ein Palast umringt von kleineren Häusern, so wie ich  es nur aus Märchenfilmen kannte.

>>Wo sind wir hier?<< fragte ich Lucas mit hochgezogenen Augenbrauen. Der lachte nur leise und zog mich weiter hinter sich her. Ich wusste partout nicht, wohin er wollte. Genervt starrte auf seine Haare und verspürte den heftigen Drang, durch sie zu wuscheln. Eigentlich mochte ich keine Jungs mit langen Haaren, aber bei ihm sah das einfach nur sexy aus. Als ich ihn näher betrachtete, sah ich seine Muskeln, die sich unter seinem grauen Pulli abzeichneten. Er war wirklich gutaussehend und total mein Typ, doch ich wusste nicht was sich dahinter verbag. Natürlich war er sehr nett  und hatte auch Anspielungen darauf gemacht, dass er mich nett findet aber ich wusste nicht ob das nur eine Fassade war. Plötzlich blieb er stehen und ich rannte voll in ihn rein. Wie als ob er meine Gedanken gelesen hätte, fragte er mit fester Stimme: >>Du vertraust mir doch, oder?<< Eigentlich hatte ich erwartet, dass er sich umdreht, doch er hielt einfach nur meine Hand fest und blickte geradeaus. >>Nunja, wenn ich dir nicht vertrauen würde, wäre ich doch jetzt nicht hier.<< antwortete ich etwas verunsicherd. Lucas nickte nur und ging dann weiter. Mittlerweile waren wir auf dem Feld und langsam konnte ich erahnen wohin Lucas wollte. Er ging geradewegs auf den Bauern zu und sagte mit freundlicher Stimme: >>Hallo Giovanni, wie geht es dir?<< Der Mann drehte sich mit großen Augen zu Lucas um und sagte mit seiner rauen Stimme: >>Mama mia! Lucas Redbeard! Was macht ein Adel wie du auf meinem Feld und wer ist diese wunderschöne Junge Frau?<< Der Mann nahm meine Hand und küsste sie.

 >>Das ist Lynn Havensbee.<< sagte Lucas und die Augen des alten Mannes wurden noch größer. >>Wir müssen uns unterhalten Giovanni. Aber nicht hier, hier ist es zu gefährlich. Gehen wir rein.<< Der Mann verstand sofort und bedeutete uns ihm zu folgen. Auch die Frau kam hinter uns hergelaufen, anscheinend hatte auch sie Lucas erkannt, denn ihre Augen wurden immer größer.

Ich betrachtete das Haus. Von außen sah es ja schon klein aus, doch von innen schien es noch kleiner zu sein: Ein Doppelbett war in einer Ecke untergebracht und direbt daneben war ein Kamin, indem ein Feuer flackerte. Über dem Feuer hing ein Kessel, worin eine wohlriechende Suppe vor sich hin köchelte. An der Wand, gegenüber dem kamin, stand eine kleine Komode und daneben ein großer Schrank mit Glastüren. Man erkannte in den oberen Fächern Gemüse und Obst und ich den unteren Fächern Geschirr, Tücher und sonst so nützliches Zeug. Alles war sehr schlicht gehalten, dass komplette Gegenteil zum Palast.

>>Bitte nehmt doch Platz.<< sagte Giovanni und zeigte auf einen ungefähr Quadratmeter großen Tisch inmitten des Raumes, um den vier Stühle verteilt waren. Wir setzen uns hin und Giovanni wollte nun endlich wissen was los war. >>Also, was ist los? Ach, entschuldigung, wo bleiben bloß meine Manieren? Ihr habt doch bestimmt Hunger, oder?<< Wie auf ein unsichtbares Zeichen fingen mein Magen und der von Lucas an zu grummeln. Giovanni lachte herzlich. >>Das dachte ich mir. Elvia, bring doch bitte zwei Portionen Kartoffelsuppe.<<

Mir stockte der Atem. Erst jetzt bemekte ich, dass Giovanni und auch Lucas perfektes Italienisch sprachen. Lucas bemerkte anscheinend, dass etwas nicht stimmte und guckte mich sorgenvoll an. >>Alles okay?<< >>Ja, alles okay.<<antwortete ich unbewusst ebenfalls in Italienisch. Auf dem Tisch lag eine Zeitung mit dem Datum >25.Oktober.1784.< Mehr Beweise brauchte ich nicht um zu wissen, dass ich in der Zeit gereist bin. Als Elvia mit zwei Tonschalen kam und sich zu uns setzte, versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen und es schien zu funktioneren, denn Lucas widmete sich voll und ganz dem Essen. Wir bedankten uns und schlangen die köstliche Suppe herunter.