Nächtliche Gespräche

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Ich saß auf der kleinen Wiese vor dem Teich im Liliengarten. Über mir funkelten die Sterne und der Mond spendete sein silbernes Licht. Gegenüber von mir saß Robin, der mir irgendetwas über Dämonen und böse Wesen erzählte, welches aber totaler Unsinn wäre. Ich hörte ihm gar nicht richtig zu, nickte gelegentlich mal oder sagte: >>Aha.<< oder >>Ist ja interessant.<<. Ich achtete dafür umso stärker auf jede einzelne Bewegung von ihm, auf jeden einzelnen Wimpernschlag, auf jedes noch so kleines Zucken seiner Muskeln. Er redete und redete und ich hatte das Gefühl, dass er noch nicht mal stoppt, um kurz Luft zu holen.

Irgendwann legte ich – ohne zu überlegen – meine Hand auf seine Brust, genau auf die Stelle, wo sein Herz lag. Sofort verstummte er und guckte verwundert auf meine Hand. Ich spürte seinen Herzschlag, spürte wie er immer schneller und kräftiger wurde, bis er irgendwann so stark war, dass ich dachte, es würde gleich herausspringen.

Als mir bewusst wurde, was ich da gerade tat, zog ich meine Hand schnell wieder weg und guckte verlegen zu Boden. Wie gestört war das denn bitte? Der muss doch jetzt denken, du bist eine Psychopatin! Bei jedem anderen Jungen – außer Lucas – wäre mir das Egal gewesen, doch bei Robin war es anders. Ich wollte nicht, dass er irgendetwas schlechtes von mir dachte, ich wollte das er mich mag. Und mal ganz ehrlich, wer mag schon eine Psychopatin?

Niemand! Genau!

>>Warum so traurig?<< fragte Robin und hob mein Kinn, so dass ich ihm in die Augen schauen musste. Verlegen antwortete ich: >>Warum traurig? Ich bin doch nicht traurig.<<

>>Aber so siehst du aus.<<

>>Bin ich aber nicht.<<

>>Dann ist ja gut.<<

 Seine Augen funkelten mich vor Verlangen an und schrien förmlich danach, dass etwas passieren muss. Langsam näherte er sich meinem Gesicht, bis nur noch wenige Zentimeter zwischen uns lagen. Ich schloss meine Augen und wartete darauf, dass sich seine Lippen auf meine legten, doch es geschah nichts. Stattdessen hörte ich nur, wie eine aufgebrachte Stimme hinter mir schrie: >>Du hast versprochen, ihn nie wieder zu sehen!<<

Diese Stimme kannte ich. Ich kannte sie nur zu gut.

Ich öffnete meine Augen und drehte mich langsam um, nur um in das vor Wut und Entsetzen verzerrte Gesicht von Lucas zu starren. Wie war der denn hier her gekommen und warum ausgerechnet jetzt? Die ganze Zeit hatte er sich nicht einmal blicken lassen, derjenige, der mich überhaupt erst hierhin gebracht hatte, blieb die ganze Zeit weg. Und jetzt auf einmal, am ungünstigstem Moment den es geben konnte, tauchte er auf?

>>Was willst du Lucas?<< frage ich total genervt, da ich echt sauer auf ihn war. Der schnaubte nur einmal und gab in einem schnippischem Tonfall zurück: >>Dich erwischen, wie du dein Versprechen brichst!<< Ich vergaß Robin, der uns neugierig zusah, stand auf und ging auf Lucas zu. >>Vielleicht hätte ich mein Versprechen ja nicht gebrochen, wenn du ab und zu mal nach mir gesehen hättest. Aber das hast du nicht! Nein! Du hast nicht einmal nach mir gesehen! Weißt du wie ich mich gefühlt hatte? Weißt du wie schwierig das war, das alles zu begreifen? Und dann hatte ich schon einen, der mir das alles hätte erklären können, aber der war ja nicht da!<< ich wurde immer lauter und Tränen begannen über meine Wange zu kullern. >>Dann hatte ich versucht dich zu besuchen, doch dann hieß es immer nur >Ist verreist.< oder >Kann gerade keine Besucher empfangen.<! Und dann, als ich komplett alleine auf meinem Bett saß und kurz vorm heulen war, kam Robin! Er hat mich aufgeheitert, hat mich zum Lachen gebracht, hat mich getröstet, hat mir zugehört! Alles, was du hättest machen sollen! Aber nein! Der werte Herr war ja zu >beschäftigt<! Und jetzt frag ich mich, warum? Warum warst du nicht da?<<

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